BEST OF INNOVATIONS
102 NEW BUSINESS • INNOVATIONS | JÄNNER 2022
Fotos: Michael Weinig AG (1), WITTENSTEIN SE (2)
DIE ZERSPANUNGSMASCHINE, DIE SICH SELBST
KONFIGURIERT
Lohnfertiger und Zulieferbetriebe mit metallischer Bearbeitung
stehen im internationalen Wettbewerb unter massivem Preisdruck.
Ihre Zerspanungsmaschinen müssen sie deshalb effektiv
nutzen, also möglichst rund um die Uhr, mit durchgängig hoher
Prozess- und Fertigungsqualität und auch bei Kleinserien und
Einzelstücken zu niedrigen Kosten. Möglich werden soll das
auch hier durch ein nutzungsbasiertes Geschäftsmodell: Künftig
sollen Lohnfertiger und Zulieferer keine teuren Maschinen
mehr anschaffen müssen. Stattdessen bezahlen sie ein Paket aus
Werkzeugmaschine, Zerspanungswerkzeug und IT-Diensten.
Letztere sollen neben automatisiert ausgelösten Bezahl- und
Wartungsvorgängen auch aus intelligenten Algorithmen bestehen,
die selbstständig in den Zerspanprozess eingreifen und
die Prozessparameter im laufenden Betrieb verbessern. Übermäßiger
Verschleiß und Schäden an Bauteilen sollen so vermieden
werden. „Zerspanungsmechaniker müssen sich dann
1
Oben: In Zukunft müssen Schreinereien und Möbelfabrikanten keine
Kehlmaschinen mehr kaufen. Stattdessen bleibt die Maschine Eigentum
des Herstellers und sie bezahlen monatlich für die Nutzung.
Links: Das Antriebssystem in der Produktionsanlage ist in Zukunft
nicht mehr nur als funktionsrelevante Komponente, sondern auch
als „Zustandsdetektor“ zu defi nieren.
nicht mehr mit Einstellungen an der Maschine herumschlagen
und auch keine externen Dienstleister mehr beauftragen, die
ihnen ihre Produktionsprozesse optimieren“, sagt Wissenschaftler
Schöllhammer vom Fraunhofer IPA. Schaffen wollen
Schöllhammer und sein Team das, indem sie die Prozess- und
Produktionsdaten, die bisher noch getrennt vorliegen, vereinen
und einem selbstlernenden Algorithmus zugänglich machen.
An dem Konsortialprojekt „Productivity as a Service“ (PROD aaS)
sind neben dem Fraunhofer IPA auch die Karl Walter Formen-
und Kokillenbau GmbH & Co. KG aus Göppingen, der Sensorhersteller
Blum-Novotest GmbH aus Grünkraut im Kreis Ravensburg,
der Maschinenbauer F. Zimmermann GmbH aus
Neuhausen auf den Fildern, der Werkzeughersteller MAPAL
Dr. Kress KG (Konsortialführer) und der Plattformanbieter
c-Com GmbH (beide aus Aalen) beteiligt. Das Ministerium für
Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg fördert
PRODaaS mit rund drei Millionen Euro aus dem Förderprogramm
InvestBW.
2