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APRIL 2018 | NEW BUSINESS 17
Die Rolle des Konsumenten
Nie zuvor waren Konsumenten so kritisch wie heute.
Und nie zuvor konnten sie mehr Informationen einholen
wie heute. Nunu Kaller spricht von einer „Holschuld
des Konsumenten“, der seine Augen nicht verschließen
darf. Dass es vielen Menschen heute nicht
mehr gleichgültig ist, woher ihre Kleidung kommt,
wie ihre Lebensmittel angebaut werden oder unter
welchen Arbeitsbedingungen produziert wird, zeigt
die Fülle an Gütesiegeln am Markt. In Zeiten der Verunsicherung
durch Fleisch- und Pestizidskandale, der
Klimaerwärmung und des Bienensterbens, der Über-
schung der Meere und deren Verschmutzung durch
Plastikprodukte ist es verständlich, dass Konsumenten
nach Orientierung suchen. Die Idee, Menschen
durch ein Gütezeichen das Vertrauen zu geben, dass
ein Produkt das hält, was es verspricht, macht Sinn.
Bereits die Hälfte der Österreicher achtet beim Kauf
von Lebensmitteln auf Zerti kate. Jedoch ist nicht jedes
Gütesiegel tatsächlich ein Garant für nachhaltige
Produktion. „Es gibt leider Gütesiegel, die nicht das
halten, was sie vermitteln wollen, weil deren Standards
viel zu schwach sind. Wenn ein Gütesiegel für
nachhaltigen Fischfang steht, es dafür aber genügt,
dass der Aktionsplan der Fischerei besagt, erst in fünf
Jahren nicht mehr in einem über schten Fanggebiet
zu schen, kann man sie doch nicht schon heute mit
einem Gütesiegel auszeichnen“, kritisiert Nunu Kaller.
Greenpeace hat Gütezeichen für Lebensmittel, die von
den zehn größten österreichischen Supermarktketten
verwendet werden, auf ihre Vertrauenswürdigkeit
untersucht und erst im Februar die Ergebnisse veröffentlicht.
Das alarmierende Ergebnis: Ein Drittel der
im Handel verbreiteten Gütezeichen ist nicht vertrauenswürdig
oder sogar kontraproduktiv für die Erreichung
von Nachhaltigkeitszielen. Die besten Noten
vergab die unabhängige Umweltschutzorganisation
im Bio-Bereich, wo teilweise die nötigen Anforderungen
übertroffen wurden. „Die jeweiligen Bio-Eigenmarken
der einzelnen Supermärkte sind durchgehend
vertrauenswürdig. Der Griff nach Bio-Produkten, die
regional erzeugt wurden, ist in jedem Fall die ökologischste
Kaufentscheidung, die man im Supermarkt
treffen kann“, sagt Nunu Kaller.
BEGRIFFSKLÄRUNGEN
Nachhaltigkeit, engl. Sustainability
Der Begriff bezieht sich auf eine Form des Wirtschaftens, die möglichst
lange mit endlichen Ressourcen umgeht. Der Begriff wurde 1713 erstmals
von Freiherr Carl von Carlowitz verwendet, der damit dem bereits seit
dem 12. Jahrhundert bekannten Prinzip „Pfl anze einen Baum für jeden
Baum den du fällst“ einen Namen gab.
Unternehmensverantwortung,
engl. Corporate(Social)Responsibility, CSR oder CR
Bezeichnet die unternehmerische Verantwortung für jeden Einfl uss, ob
positiv oder negativ, den Entscheidungen oder Aktivitäten auf Gesellschaft
und Umwelt haben oder haben können. Die EU-Kommission defi -
nierte 2011 CSR als die „Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen
auf die Gesellschaft“ und stellte damit klar, dass CSR keine „freiwillige
Maßnahme“ ist, sondern das Kerngeschäft und seine Auswirkungen
betrifft. Dennoch kommt es durch das Wort „Social/Sozial“ immer
noch zu Missverständnissen, weshalb zur Verdeutlichung vielfach nur mehr
CR, Corporate Responsibility, oder international auch „Responsible Business
Conduct, RBC“ und „Corporate Sustainability, CS“ verwendet wird.