COVERTHEMA
liche Einzelverschuldung spürbar
gestiegen ist. „Die im November in Kraft
getretene Gesetzesnovelle sieht Erleichterungen,
aber auch neue P ichten für
Schuldner vor. Die neuen Regelungen
und die Diskussion im Vorfeld haben
dazu geführt, dass Schuldner mit der
Konkursanmeldung gewartet haben.
Wie von uns prognostiziert, hat sich
dieser Rückstau nach Inkrafttreten jedoch
nicht schwunghaft aufgelöst. Ich
gehe davon aus, dass er in den nächsten
Monaten stetig abgetragen werden wird“,
so Hans-Georg Kantner, Leiter Insolvenz
beim KSV1870. Auch 1998 hatte es aufgrund
einer Insolvenzrechtsreform
(IRÄG 1997) bereits ein Rekordtief von
nur 4.816 Fällen gegeben. Grund war
damals eine wesentlich längere und
aufwendigere Prüfung durch die Gerichte.
Bereits im Folgejahr stiegen die
Insolvenzen wieder aufgrund eines
40 NEW BUSINESS | MÄRZ 2018
Nachzieheffekts. Hier handelte es sich
jedoch um Unternehmensinsolvenzen.
Nicht zurücklehnen, sondern
vorsorgen!
Der Österreichischer Verband Creditreform
sieht die Hauptursachen der Insolvenzen
überwiegend in kaufmännischen
Fehlern der Geschäftsführer, im Preisdruck
und in sinkenden Margen aufgrund
des Wettbewerbs und in Forderungsverlusten.
Betroffen sind demnach
vor allem Klein- und Kleinstunternehmen
mit weniger als zehn Mitarbeitern.
15Prozent aller Insolvenzen wurden laut
Creditreform als Sanierungsverfahren
eröffnet. Knapp drei von zehn Konkursen
mündeten in einen Sanierungs-/
Zahlungsplan. Somit zeigt sich das österreichische
Insolvenzrecht sehr sanierungsfreudig
und gibt den Unternehmen
in rund 40 Prozent aller Insolvenzen oft
eine zweite Chance, das aber unter Berücksichtigung
der Interessen der Gläubiger.
„Die österreichische Wirtschaft
hat im vergangenen Jahr an Fahrt aufgenommen
und verzeichnete ein reales
BIP-Wachstum von ca. drei Prozent. Das
volkswirtschaftliche Umfeld ist gekennzeichnet
durch eine starke Exportindustrie,
eine gute Binnennachfrage und eine
wiederbelebte Gründerszene, eingebettet
in ein Niedrigzinsumfeld der EZB.
Daher verwundert es kaum, dass die
Firmeninsolvenzen auf einen Tiefststand
seit 15 Jahren gesunken sind“ analysiert
Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer
der Creditreform, die Entwicklung. Kann
man sich also zurücklehnen? „Vorsicht
ist geboten, das unternehmerische Risiko
ist keinesfalls in die Geschichte eingegangen.
Die Zeiten bleiben volatil, die
digitale Transformation schreitet unaufhaltsam
voran, Neues kommt schneller,
Altes vergeht schneller. Der Wettbewerb
schläft nicht.“ Er rät Unternehmen, sich
mehr denn je um ihr Risikomanagement
zu kümmern. Dazu zähle insbesondere,
in guten Zeiten mit viel Neugeschäft die
Bonitätsprüfung der neuen Kunden, die
schnelle Rechnungslegung, ein ef zientes
Mahnservice und damit das Hintanhalten
von Forderungsausfällen. „Ein
Geschäft ist erst dann gemacht, wenn
das Geld am eigenen Konto ist. Diese
Binsenweisheit des Kaufmannes gilt auch
2018“, so Weinhofer. Ein erstes Warnzeichen,
dass sich die Zeiten auch ändern
können, gibt es bereits: Im Jänner 2018
stiegen die Firmeninsolvenzen um
15,6Prozent. VM
Fotos: Petra Spiola, Pixabay
Nur vorübergehendes Tief
»Die im November in Kraft getretene Gesetzesnovelle
sieht Erleichterungen, aber auch neue Pflichten für
Schuldner vor. Die neuen Regelungen und die Diskussion
im Vorfeld haben dazu geführt, dass Schuldner mit
der Konkursanmeldung gewartet haben.«
Dr. Hans-Georg Kantner, Leiter Insolvenz beim KSV1870