COACHING-ZONE
Komfortzonen sind bequem möblierte Gefängniszellen.
und die Perspektiven wechseln.
Die Werkbank des Lebens.
58 NEW BUSINESS | SEPTEMBER 2017
Foto: Beigestellt • Illustration: Claudia Molitoris
Empfohlene Alternative: Positionen ändern
M anchmal muss man aus seinen alten Mustern
aussteigen. Zum Beispiel, indem man die
Kolumne nicht mit „Neulich“ starten lässt
… Manchmal braucht man einen Schuss
vor den Bug, um sich alteingesessene Denk- und Verhaltensweisen
anzuschauen. Besser: um endlich hinzuschauen
und hinzuhören.
Dann stellt der Mensch eventuell fest, dass er schon
lange auf einem toten Gaul reitet, der einem unter
dem Hintern krepiert ist. Und
die Landschaft, die (trotzdem)
vorbeizieht, ist eine Kulisse, die
emsige Geister bewegen, um
damit ihre Eigeninteressen zu
verfolgen.
Das Festhalten an Sicht- und
Verhaltensweisen, die weder
für die Situation, noch für das
Lebenskonzept (mehr) passend
sind, ist eine Standard-Konstellation
im Coaching. Und dann
werden diese sehr bequemen
symbolischen Hauspatschen
zu Fußfesseln, die die Beweglichkeit
einschränken und den
Radius verkürzen. So bewegt
man sich in der vermeintlichen
Sicherheit einer Komfortzone,
in der alles am gewohnten Platz ist, alle Aktionen
zu Reaktionen auf die immer gleichen Reize werden
und dadurch ein Maß an Sicherheit fühlen lassen, das
mit den realen Verhältnissen nicht nur nichts zu tun
hat, sondern diese auch noch gröblich verzerrt. Von
dieser verzerrten Wahrnehmung können nicht nur
Klienten, sondern auch Coaches betroffen sein. Das
schnelle „Schubladieren“ von Standardsituationen,
das re exartige Typisieren von Verhaltensweisen und
das entsprechend blitzartige Antworten mit vorgefertigten
„Instant“-Interventionen kann zwar – wenn
die Interventionen gut erlernt und ordentlich durchgeführt
werden – keinen Schaden anrichten, aber immerhin
auch keinen Nutzen stiften, und insofern ist
dem hilfesuchenden Klienten bereits ein erheblicher
Nachteil entstanden. Die wichtigsten Gegengifte für
Klient und Coach gleichermaßen
sind Beweglichkeit in Gedanken,
Wahrnehmungen und
Perspektiven.
Wer es schafft, zumindest
prinzipiell auch das Gegenteil
der xen Vorstellung für „vorstellbar“
zu halten, gewinnt.
Wer den Verdacht zulassen
kann, der andere Mensch
könnte auch recht haben, gewinnt.
Wer sich aus seiner einbetonierten
Re ex-Artikulation
lösen kann und – vielleicht
auch physisch! – einen anderen
Standpunkt einnehmen kann,
gewinnt.
Gewinnt: neue Erkenntnisse,
neue Handlungsoptionen.
Neue Chancen, andere Reaktionen als die gewohnten
hervorzurufen, … In Summe: Selbstbestimmung statt
Fernsteuerung. Gestalter sein und nicht mehr Opfer.
Auf eine Reise gehen statt auf der Flucht sein. Das
Glück, an die Werkbank zu treten und das Handwerk
des Lebens auszuüben.
www.drsonnberger.com
DR. HANNES SONNBERGER, DR. SONNBERGER BUSINESS COACHING
Hannes Sonnberger war viele Jahre in führenden Positionen in Werbeagenturen tätig. Seit 2005 arbeitet er als
zertifi zierter Business-Coach mit den Schwerpunkten Führung, Konfl iktmanagement, Burnout-Prophylaxe und
Teamarbeit. Aktuell erschienen: sein neues Sachbuch „Tool Box“.