COVERTHEMA
Ö sterreich hat in den letzten zehn Jahren
16 NEW BUSINESS | SEPTEMBER 2017
kontinuierlich an Wettbewerbsfähigkeit
gegenüber aufstrebenden Volkswirtschaften
eingebüßt. Vor 2008 zählte der Standort
noch zu den erfolgreichsten Wirtschaftsnationen der
Welt. Seit mehreren Jahren liegt das Land in den relevanten
Rankings nur mehr auf Plätzen zwischen 18 und
24 und hat sich unter den Industrienationen somit im
Mittelfeld festgesetzt. Das führt unter den Wirtschaftstreibenden
in Österreich zu angeregten Diskussionen
und zahlreichen Forderungen. Seit Mitte des vergangenen
Jahres zeichnet sich laut Experten endlich ein
Ende des bisherigen Abwärtstrends ab. Nicht zuletzt
aufgrund einer dynamisierten Weltwirtschaft verbessern
sich die makroökonomischen Kennzahlen und die Zuversicht
vieler Unternehmer steigt wieder. Das drückt
sich auch in internationalen Rankings aus, die eine
positive Entwicklung zeigen. In seiner aktuellen Analyse
ortet das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte
ein Momentum für eine Trendumkehr und stellt
Konzepte zur nachhaltigen Verbesserung vor. NEW
BUSINESS hat mit führenden Persönlichkeiten aus der
Wirtschaft über die vorliegenden Ergebnisse gesprochen.
Standort Österreich mit positiver Tendenz
Bereits seit vier Jahren führt Deloitte eine Bewertung
internationaler Standortfaktoren durch, um den Wettbewerb
zu analysieren. Die Bewertung beruht auf internationalen
Indizes, fachspezi schen Studien und der
eigenen Expertise aus der Beratungspraxis. Im Gesamtranking
hat sich Österreich demnach im Jahresvergleich
leicht verbessert. Beim politischen und makroökonomischen
Umfeld gibt es mit drei von fünf Punkten eine
Steigerung um einen Punkt. Die Konjunktur zieht an,
die Investitionen der Unternehmen nehmen wieder zu
und zahlreiche Konzepte zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit
liegen auf dem Tisch, so die Grundaussagen.
„Der Standort verzeichnet erstmals seit Jahren
eine erfreuliche Entwicklung. Es kann nun entweder
ein wenig besser oder sogar viel besser werden, wenn
wir das vorhandene Potenzial heben“, fasst Bernhard
Gröhs, Managing Partner von Deloitte Österreich, die
Ergebnisse des Deloitte Radars 2017 zusammen. „Jetzt
heißt es dranbleiben und dieses Momentum nutzen.
Österreich braucht eine klare Vision: Top 3 in Europa
und Top 10 weltweit bis 2025 – das ist machbar und dort
gehören wir hin.“
Ohne Entlastung bei Lohnnebenkosten
kein Optimismus bei Unternehmern
„Die Vision, Top 3 in Europa zu werden,
ist gut, allein mir fehlt der Glaube“,
bremst AT&S-CEO Andreas Gerstenmayer
den Optimus. Vor allem im massiven
Reformstau sieht er einen nicht
enden wollenden Kampf, der dem hochgesteckten
Ziel im Weg stehen könnte.
„Bildung, Forschung, Wertschöpfung –
dieses Dreieck benötigt eine Stärkung.
Der Ausbau der internationalen Wettbewerbsfähigkeit
des Standorts Österreichs
unter Nutzung der Möglichkeiten des
europäischen Wirtschaftsraums ist ebenso
ein Thema, das dringend angegangen
werden muss. Damit einhergehend ist
es höchste Zeit für eine Senkung der
Lohn- und Lohnnebenkosten sowie Flexibilisierung
der Arbeitszeiten“, ist Gerstenmayer
überzeugt. Mit dieser Meinung
steht er nicht alleine da. „Aus Sicht eines
Unternehmers sehe ich diese positive
Entwicklung heute nicht, da gerade im
Bereich der Lohnnebenkosten die Unternehmen stark
belastet werden“, ndet auch Erich Steinreiber, CEO
von ISS Österreich. Eine Entlastung bei den Lohnnebenkosten
wäre für ihn eine positive Veränderung, um
Innovationen zu fördern, bestehende Arbeitsplätze zu
sichern und neue Stellen zu schaffen. Axel Kühner,
Vorstandsvorsitzender der Greiner-Gruppe, begrüßt
wiederum die ambitionierten Ziele ausdrücklich und
spürt auch eine deutliche Belebung im Konsum sowie
ganz speziell in der Baukonjunktur. „Ein stabiler Aufschwung
braucht aber dringend die Rückführung von
Von links:
Barbara
Edelmann,
Gundi Wentner,
Bernhard Gröhs
(Deloitte
Österreich)