COACHING-ZONE
In die Breite gehen (nicht körperlich!) statt in die Tiefe.
Das Richtige erkennen. Und dafür sorgen, dass das
Richtige getan wird.
Führen heißt: Generalist sein statt Experte.
90 NEW BUSINESS | NOVEMBER 2017
Foto: Beigestellt • Illustration: Claudia Molitoris
W arren Bennis, der geniale Berater von vier
amerikanischen Präsidenten, bringt es so
treffend auf den Punkt: „Leaders do the
right things. Managers do things right.”
Und das ist in keiner Weise diskriminierend gemeint!
Es muss jemanden geben, der sagt, was das Richtige
ist, also richtungsweisend denkt und handelt. Und
ebenso werden diese Führungspersonen keinen Meter
vorankommen, wenn es nicht
großartige Menschen gibt, die
imstande sind, die richtige Entscheidung
richtig und gut umzusetzen.
Führung braucht Talent
Nach außen hin resolute Führungspersonen
lassen im vertraulichen
Gespräch ihren Emotionen
freien Lauf und beklagen
den Dauerstress, der ihnen durch
die Führung von Teams auferlegt
wird, obwohl sie – ebenfalls und
nur im verschwiegenen Setting
– dafür eingestandenermaßen
kein Talent und keine Lust haben.
Führen braucht aber ein
Minimum an Talent. Wer in sich
nicht die Lust auf den täglichen
Umgang mit Menschen verspürt
– so anstrengend dies auch immer
wieder sein mag – wer den multilateralen und bilateralen
Dialog scheut, wem das Menschliche fremd
ist, wer kon iktscheu ist und ohne Lust am Diskurs,
und: wer nicht mit anderen lachen kann und will, der
sollte sich nicht in eine Führungsrolle drängen lassen
und schon gar nicht um eine bemühen. Für all das braucht
man eine Mindestausstattung an Talent, an entsprechender
Sozialisation und an Gespür. Wenn man auch
die raf niertesten und banalsten Leadership-Tools in
den sophistiziertesten Seminaren lernen kann: Das
Talent für die virtuose Anwendung dieser Tools kann
man nicht lernen. Das wäre so, als wollte man einen
komplett unmusikalischen Menschen zum Konzertpianisten
ausbilden. Dieser arme
Tropf würde mit einigem Fleiß
das Notenlesen erlernen und
auch, welche Note mit welcher
Taste zum Klingen gebracht
werden muss. Und vielleicht
reicht es mit viel Übung auch
noch zum Flohwalzer. Aber
spätestens bei der Mondscheinsonate
ist unweigerlich Schluss.
Einmal fragte mich ein Vorgesetzter,
ob man dieses Feingefühl
auch lernen kann. Meine
ehrliche Antwort: Das Gespür
wahrscheinlich nicht. Wir können
re exartig bestimmte Standardsituationen
einstudieren.
Aber am Ende bleibt es doch
nur seelenlose Dressur. Es wäre
so, als würde ich dem Mitarbeiter
eine Pinzette in die Hand
drücken, damit er eine Uhr
reparieren kann. Und einen Hammer, damit er einem
Pferd neue Hufeisen schlagen kann. Und dann wird er
im schlimmsten Fall den Hammer nehmen und damit
auf die Uhr hauen.
www.drsonnberger.com
DR. HANNES SONNBERGER, DR. SONNBERGER BUSINESS COACHING
Hannes Sonnberger war viele Jahre in führenden Positionen in Werbeagenturen tätig. Seit 2005 arbeitet er als
zertifi zierter Business-Coach mit den Schwerpunkten Führung, Konfl iktmanagement, Burnout-Prophylaxe und
Teamarbeit. Aktuell erschienen: sein neues Sachbuch „Tool Box“.