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GAMED-CEO Martin Stimpfl (li.) mit seinem Vater, dem Unternehmensgründer Johannes Stimpfl © GAMED/pixelmaker.at

Seit den 1980er-Jahren beschäftigt sich die Firma GAMED im Sinne ihrer Kunden mit Lösungen zur Digitalisierung in der Produktion. Das macht das erfolgreiche Familienunternehmen zu einem Pionier...

... der industriellen Digitalisierung – und das bereits in zweiter Generation.

Das Unternehmen GAMED – in vollem Firmenwortlaut Gesellschaft für Angewandte Mathematik und EDV m.b.H. – wurde 1985 gegründet. Von Anfang an lieferte es seinen Kunden Lösungen zur Digitalisierung in der Produktion. „Dabei geht es um die digitale Erfassung und Abbildung von Produktionsprozessen zur Schaffung von Transparenz und Automatisierung. Unseren Kunden geht es um Themen wie Kostenreduktion, Beherrschung von Komplexität und die Optimierung von Produktionsprozessen“, beschreibt CEO Martin Stimpfl, der das Familienunternehmen nunmehr in zweiter Generation führt. Unzählige namhafte Unternehmen mit weltweit mehr als 20.000 Usern vertrauen auf die Lösungen von GAMED. Im Interview liefert Stimpfl einen Über-, Rück- sowie Ausblick und geht auch auf die Übergabe der Firmenleitung von seinem Vater Johannes Stimpfl an ihn ein.

Herr Stimpfl, was waren die wichtigsten Innovationen bzw. Meilen­steine Ihres Unternehmens? Was ist diesbezüglich für nächstes Jahr zu erwarten?
Um 2000 wurden unsere ersten Produkte gelauncht: IPC und OEE-Analyser. Es ist uns damals schon gelungen, Out-of-the-box-Lösungen auf MES-Ebene anzubieten, die eine große Anzahl an Produktionsprozessen abbilden. Der große Vorteil zu Konkurrenz­produkten am Markt war seit jeher die rasche Inbetriebsetzung: Die Kundin oder der Kunde hat innerhalb weniger Tage eine funktionieren Lösung, die sofort für Transparenz sorgt und Optimierungspotenziale im Prozess offenlegt. Unsere Lösungen sind daher sehr skalierbar. Die Kund:innen starten mit einer kompakten, überschaubaren Implementierung und weiten diese zum richtigen Zeitpunkt aus. Mit der richtigen Strategie gelangt die Digitalisierung in der Produktion zur Selbstfinanzierung: Verbesserungen und ­Einsparungen in der aktuellen Implementierungsstufe sollen mir meine nächste Ausbaustufe finanzieren.

Auf diesen skalierbaren Ansatz setzen wir seit jeher und bauen diesen mit neuen und frischen Ideen aus. Im nächsten Jahr launchen wir unser flexibles Auswertungsmodul, das unter anderem KI-unterstützt Hinweise an den Produktionsverantwortlichen geben soll. Ebenso launchen wir noch heuer unser Monitoring- und ­Optimierungssystem für Energieströme in der Produktion.

Welche speziellen Dienstleistungen und Lösungen halten Sie für bestehende und zukünftige Kunden parat? 
Wie Sie sich vorstellen können, ist das Produktionsumfeld komplex: Produktionsprozesse sind oft über Jahrzehnte entstanden und verlangen großes Know-how der Mitarbeiter am Shop­-Floor. Dieses Know-how sehen wir als entscheidend, damit sich der mitteleuropäische Produktionsstandort gegenüber Konkurrenzmärkten wie Asien rechtfertigt. Unsere digitalen Lösungen sollen dabei unterstützen, kritisches Know-how zu konservieren und allen Mitarbeitern zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung zu stellen. Wir sehen, dass heute noch viel zu viel Wissen in den Köpfen einzelner Personen steckt. Das birgt natürlich ein großes Risiko für Unternehmen und ist hinderlich bei Skalierung sowie wachsender Komplexität der Produkt- und Prozesspalette. Insofern entwickeln wir unsere Lösungen mit unseren Kunden beständig weiter.

Aktuell ist natürlich die Energiekrise in aller Munde. Wir wollen hier einen entscheidenden Beitrag leisten, um unseren Kunden zu helfen, Energieverschwendung möglichst zu vermeiden.
 
Welches sind Sie Ihre wichtigsten Branchen?
Stahl, Lebensmittel und Pharma.

Wie Relevant sind die Schlagwörter QUALITÄT, SERVICE, UMWELT, INNOVATION, INDIVIDUELL und EFFIZIENT für Sie?
Qualität: Qualität ist aus meiner Sicht noch immer einer der Hauptgründe für die Stärke Mitteleuropas als Produktionsstandort, trotz unserer relativ hohen Personal- und mittlerweile auch Ressourcenkosten. Hohe Qualität zeichnet uns als Produktions- und Dienstleistungsstandort aus und ist unser Unterscheidungsmerkmal, das wir als Unternehmen sowie Gesellschaft pflegen, ausbauen und weiterentwickeln müssen.

Service: Die Anforderungen an die Produkt­paletten und Serviceleistungen, die wir als österreichische Unternehmen unseren Kunden anbieten, steigen immens. Wir müssen uns auf unsere Stärken fokussieren und diese mit Kreativität jedes einzelnen Mitarbeiters ausbauen. In Zukunft gilt es im Servicebereich für den Kunden die Möglichkeiten der Selbsthilfe auszubauen. Hierbei geht es darum, Wissen in Wissens­datenbanken laufend zu konservieren und in geeigneter Form zur Verfügung zu stellen. Das persönliche Gespräch rückt gerade im technischen Bereich in den Hintergrund. Der Kunde/die Kundin erwartet, dass Antworten gefunden werden können. Weiß der Kunde dann trotzdem einmal nicht weiter, werden wir immer die Möglichkeit eines persönlichen Gesprächs anbieten.

Umwelt: Wir gehen schon viel zu lange viel zu verschwenderisch mit Ressourcen um. Es ist mehr als offensichtlich, dass hier ein Umdenken stattfinden muss. Digitalisierung kann maßgeblich unterstützen – durch bessere Prozesssteuerungen, sinnvolle Automatisierung und höhere Transparenz.

Innovation: Innovation gilt es zielgerichtet und sinnvoll zu betreiben. Interessanterweise hat sich in Sachen Digitalisierung eine starke Dynamik entwickelt, und man muss gut achtgeben, die richtigen Impulse sowie Schritte zu setzen. Allgemeine Trends der Digitalisierung gilt es zu hinterfragen und sinnvoll auf die eigene Produktpalette umzulegen. Aber gerade in Bezug auf wachsende Anforderungen der Kunden an unsere Produkte gilt es stets innovativ zu bleiben. Generell kann man unserer Ansicht nach zwischen disruptiver und inkrementeller Innovation unterscheiden. Wir wählen derzeit eher Letzteres und transformieren unsere bestehenden Lösungen Schritt für Schritt. Dies bringt uns den Vorteil, dass jahrzehntelanges Know-how, das in unseren Lösungen steckt, nicht verworfen wird. Es ist relativ leicht zu sagen: „Hach, das ist alt, das geht mittlerweile viel leichter.“ Klar bieten neue Technologien und Herangehensweisen Vorteile, aber wir wollen auf keinen Fall das Know-how, das wir uns jahrzehntelang in Form unserer bestehenden Software hart erarbeitet haben, leichtsinnig verwerfen. Viel eher wollen wir neue Möglichkeiten auf sinnvolle Anwendbarkeit prüfen und in zielgerichteten, abgesteckten sogenannten Refactorings der Software integrieren.

Individuell: Softwarelösungen im B2B müssen sich immer mehr zu Baukastensystemen entwickeln, mit denen die Kundin IHRE Lösung gestalten kann. Das IT-Know-how ist mittlerweile flächendeckend da. War es früher wichtig, überschaubare und funktionierende Wege der Lösung vorzugeben, so gilt es heute immer mehr, unseren Kunden Werkzeuge in die Hand zu legen.

Effizient: Ressourcenschonung geht nur Hand in Hand mit Effizienz in unserem täglichen Tun. Effizienz zu erreichen, ist ein Prozess und beständiges Weiterentwickeln. Produktionsprozesse stellen diesbezüglich eine sehr interessante Herausforderung dar. Mit Lean Management haben auch viele Produktionsunternehmen diese Art der laufenden Effizienzsteigerung eingeschlagen. Da passen unsere Produkte natürlich gut dazu.
 
Wie haben Sie persönlich und wirtschaftlich die Corona-Krise überstanden? Was hat sich dadurch für Sie bzw. Ihre Mitarbeiter verändert?
Wir sind zum Glück sehr gut durch die Krise gekommen und konnten unsere Mitarbeiter­anzahl in den letzten Jahren auf knapp 50 erweitern. Als IT-Unternehmen war es für uns keine große Herausforderung, ins Homeoffice zu wechseln. Geblieben ist, dass wir bis zu drei Homeoffice-Tage pro Woche einführen konnten – es aber weiterhin sehr schätzen, uns zumindest zwei Tage in der Woche persönlich zu sehen und auszutauschen.
 
Ihr Vater Johannes Stimpfl übergibt nun das Zepter des Unternehmens an Sie. Mussten Sie lange überlegen, um den Entschluss zu fassen, in seine Fußstapfen zu treten? Ist es leichter oder schwerer, als Familienbetrieb zu bestehen?
Die Entscheidung war durchaus ein Prozess, und die große Frage war für mich von Beginn an, inwiefern ich die Firma tatsächlich entsprechend meiner Ideen und Vorstellungen entwickeln kann. Ich rechne es meinem Vater hoch an, dass von Anfang an das Bemühen und schließlich auch die Umsetzung der Übergabe von Entscheidungsverantwortung sehr zeitnah da waren. Das hätte ich ganz ehrlich schwieriger erwartet. Und trotzdem steht er noch mit Rat und Tat zur Seite und hilft dort aus, wo es notwendig ist. Bis dato klappt die Übergabe aus meiner Sicht sehr gut.

Als stabiles, eigentümergeführtes Unternehmen mit überschaubarer Größe haben wir natürlich sehr viele Freiheiten und Möglichkeiten. Es gibt niemanden „von außen“, der uns seine oder ihre Ziele aufzwingt. Es gilt aktuell die letzten Wachstumsschritte sauber zu verarbeiten und in der Organisation zu strukturieren sowie unsere Produktinnovationen auf den Markt zu bringen. Auf der anderen Seite müssen wir unsere Innovation und Produktentwicklung rein aus unserem Tagesgeschäft finanzieren, da wir keine finanzkräftigen Investoren an Bord haben. Das legt uns natürlich gewisse Rahmenbedingungen für die Entwicklung unserer Lösungen sowie Organisation auf. Öffentliche Förderstellen wie FFG oder SFG bieten uns wertvolle Hilfe dabei. Gewisse Themen hätten wir trotzdem gerne schon schneller erledigt gehabt.
 
Was wollen Sie als neuer junger Geschäftsführer anders machen? 
Was sind Ihre Pläne und Ziele für die mittelfristige Zukunft?
Es gibt viele Themen in Sachen Mitarbeiterführung, Organisationsentwicklung sowie technischer Umsetzungen, die wir als junge Generation im Unternehmen bereits eingeführt haben. Ich sehe das auch als Schlüssel in Sachen Attraktivität für Mitarbeiter in der Zukunft. Wichtig ist, dass sich die Mitarbeiter mit unseren Lösungen und Dienstleistungen identifizieren können. Es ist wichtig, dass jede und jeder Mitarbeitende sieht und spürt, dass ihre bzw. seine Lösung einen positiven Einfluss auf unsere Kunden hat. Agile Herangehensweisen geben uns die Möglichkeit, Lösungen gemeinsam zu erarbeiten, und ich sehe es als entscheidend an, dass Mitarbeiter ihre Ideen auch umgesetzt sehen.
 
Was dürfen sich Ihre Kunden 2023 von Ihnen erwarten?
Mit unserem Ansatz der Selbstfinanzierung geben wir unseren Kunden die Möglichkeit, die Digitalisierung in der Produktion auch ohne immense Vorabinvestments zu betreiben und damit laufend kostenwirksame Ergebnisse einzufahren. Das schaffen wir dank unserer skalierbaren Softwarelösungen. Auf diese Strategie setzen wir auch stark in der Zukunft. (red.)

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