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Woran BGF-Maßnahmen scheitern.

NEW BUSINESS - NR. 4, MAI 2018
Für die Gesundheit der Mitarbeiter ergreifen immer mehr österreichische Unternehmen die Initiative. © Fotolia/zorandim75

Das Bewusstsein für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) in Österreich wächst, allerdings führen die Maßnahmen nicht immer zum gewünschten Erfolg. Dafür gibt es Gründe.

Drei von vier österreichischen Unternehmen haben sich schon mit Gesundheitsförderung im Betrieb beschäftigt. Vor allem die Gestaltung der Arbeitsplätze und der Arbeitsabläufe, aber auch Teambuilding-Maßnahmen stehen dabei im Fokus. Wenn BGF-Maßnahmen jedoch am Ziel vorbeigehen, bleiben auf Seiten der Verantwortlichen Unverständnis, Enttäuschung und das Gefühl einer Fehlinvestition zurück. Für das Betriebsklima ist das eine alles andere als förderliche Situation. „Viele Unternehmen kommen zu uns, weil sie nicht verstehen, warum die Mitarbeiter so wenig Interesse an ihren BGF-Programmen haben, in die sie viel Geld investieren“, so Harald Pachner, Leiter des GESU Instituts in Graz. Der Mensch ist kritisch geworden und hinterfragt Angebote genau. Das gilt beim alltäglichen Einkauf ebenso, wie bei BGF-Maßnahmen. „Meist liegt das geringe Interesse daran, dass man vorab gar nicht mit den Mitarbeitern gesprochen hat und das Angebot daher am Bedarf vorbeigeht.“ Bei der Wahl des BGF-Angebots gilt es, die Mitarbeiter zu inspirieren, einen gesunden Arbeits- und Lebensstil von Seiten der Führungsebene authentisch vorzuleben und die Angebote individuell an den einzelnen Mitarbeiter anzupassen.

BGF muss nicht teuer sein
Zu wenig Wissen, fehlende personelle Ressourcen und hoher zeitlicher Aufwand sind die häufigsten Barrieren für Unternehmen, sich auf die Thematik einzulassen, wie eine Umfrage der WKÖ und des Netzwerks Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) zeigt. Jedem Mitarbeiter die individuell richtige Gesundheitsmaßnahme zu finanzieren, wäre schlichtweg zu teuer. So lautet eines der häufigsten Argumente, warum sich Unternehmen – sehr oft ist es der Mittelstand – gegen BGF entscheiden. Dem hält Pachner mit einem Beispiel entgegen: „Es können genauso Kommunikationsprobleme oder Arbeitsüberlastung sein, die die Gesundheit des Mitarbeiters belasten. Da fördert dann ein offenes – und kostenloses – Gespräch mit dem Vorgesetzten die Gesundheit weitaus mehr als ein teurer Sportkurs.“
BGF verursacht jedenfalls nicht nur Aufwand, sondern bringt auch großen Nutzen für Beschäftige und das Unternehmen: Motivation (68 %) und Arbeitszufriedenheit (65 %) werden verbessert, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie steigt (32 %) und Krankenstände (29 %) sowie Fluktuation (20 %) werden reduziert, berichten die Unternehmen, über ihre die Erfahrungen mit BGF.

Mentale Komponente berücksichtigen
Wichtig ist laut Pachner, dass Unternehmen den Bedarf gemeinsam mit den Mitarbeitern und Gesundheitsexperten erarbeiten. Und man dürfe dabei keineswegs nur Sport und Ernährung beachten. „Wirklich gesund und fit ist man nur dann, wenn man sich am Arbeitsplatz wohlfühlt und wertgeschätzt wird“, so Pachner. Wer sich im Augenblick wohlfühlt, also achtsam ist, fokussiert seine gesamte Energie auf den Augenblick und ist leistungsfähiger. Von Achtsamkeit profitieren also sowohl der Mitarbeiter als auch das Unternehmen.

Der Augenblick zählt
Versprechungen für die Zukunft motivieren immer weniger Menschen, was zählt, ist das Wohlbefinden im Augenblick. Soll BGF den gewünschten Erfolg bringen, ist es ratsam, umgehend Maßnahmen zu setzen, zu denen der Mitarbeiter möglichst einfach Zugang hat. „Dabei möglichst wenig Erwartungen haben, in erster Linie an sich selbst. Voller Fokus aufs Tun, denn darin liegt die volle Power“, rät Pachner.

Individualität ist wichtig
Wichtig ist es, für die Mitarbeiter das individuell richtige Angebot schaffen und sie dafür zu begeistern, dann gibt es auch kein Motivationsproblem. „Eine Zwangsverpflichtung bringt gar nichts“, sagt Pachner. „Jeder Mensch hat andere Bedürfnisse. Auf den einen wirkt ein schweißtreibendes Fitnesstraining entspannend, beim anderen ist es eine Yoga-Einheit. Das muss man einfach ausprobieren.“ (MW)

INFO-BOX I

BGF rechnet sich
Pro Euro, der in BGF eingesetzt wird, ergeben sich drei Euro an messbarem Nutzen, so das Ergebnis einer groß angelegten Studie in Holland, bei der 52 Prozent aller Arbeitnehmer evaluiert wurden. Der Nutzen ergibt sich einerseits aus verringerten Krankheitskosten, andererseits aber auch aus besserer wirtschaftlicher Entwicklung aufgrund der besseren Gesundheit der Mitarbeiter. 

INFO-BOX II
Wichtige Adressen
• Das Österreichische Netzwerk BGF bietet interessierten Unternehmen konkrete Unterstützung und Beratungsleistungen im Bereich Betriebliche Gesundheitsförderung an. Die Mitarbeit der vier Sozialpartner unterstreicht den Nutzen Betrieblicher Gesundheitsförderung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber und erleichtert somit den Transfer des Gesundheitsförderungsgedankens in die Arbeitswelt.
www.netzwerk-bgf.at
• Das GESU Institut unterstützt das Wohlbefinden der Menschen und geht dabei weit über die „Klassiker“ Bewegung und Ernährung hinaus. Teil des Angebots sind BGF-Maßnahmen für Unternehmen, Ausbildungen im Bereich Body und Mind und Fitnessprogramme. www.gesu.at