In den vergangenen Monaten vermeldeten zahlreiche österreichische Unternehmen den Einsatz elektrifizierter Fahrzeuge. © Adobe Stock/Emongrapic
Die Elektrotransformation der Transportbranche nimmt Fahrt auf. Schon im Jahr 2030 könnte jeder fünfte Bus und Lkw weltweit Strom statt Diesel tanken.
Doch auf dem Weg dorthin gibt es noch Stolpersteine und Hürden zu überwinden.
Die Transportbranche, insbesondere auch der Schwerverkehr auf der Straße, hat erheblichen Anteil an der Gesamtmenge der global ausgestoßenen Schadstoffe. Gleichzeitig lässt sich hier aber auch ein Hebel ansetzen, der große Resultate verspricht. Das wurde erkannt und hat sogar bereits Wirkung gezeigt. Laut Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, nimmt die Elektrotransformation der Transportbranche Fahrt auf und steuert auf einen Kipppunkt vor 2030 zu. Wie die Studie „Battery-electric trucks on the rise“ prognostiziert, wird im Jahr 2030 jeder fünfte Bus und Lkw weltweit batterieelektrisch angetrieben werden. Zehn Jahre später werden demnach voraussichtlich bereits 90 Prozent des Transports elektrifiziert sein.
Während das Produktionsvolumen der drei größten Märkte Nordamerika, Europa und Großchina (Anm.: ein Raum, der die Volksrepublik China – Festlandchina, Hongkong, Macau – und die Republik China – Taiwan – umfasst.) im Jahr 2030 bei etwa 600.000 E-Lkws (Battery Electric Trucks, BETs) liegen wird, schießt es im Jahr 2040 auf mehr als 2,7 Millionen BETs in die Höhe. Diese Beschleunigung wirkt sich auch auf den globalen Batteriemarkt aus. Im Jahr 2030 werden laut diesen Vorhersagen bereits 13 Prozent der gesamten Batteriekapazität von Fahrzeugen in BETs verbaut (circa 450 Gigawattstunden, GWh), 2035 liegt der Anteil bereits doppelt so hoch. Angetrieben wird die Elektrotransformation des Transportsektors vor allem von technologischen Fortschritten, sinkenden Gesamtbetriebskosten (Total Cost of Ownership, TCO) sowie strikterer Regulatorik.
Treiber regulatorische Vorschriften
Die regulatorischen Vorschriften ziehen dabei in Europa besonders stark an. Bis 2030 müssen europäische OEMs ihre Truck-Emissionen um etwa 45 Prozent im Vergleich zum Referenzzeitraum 2019/20 reduzieren, bis 2040 sogar um 90 Prozent. Zugleich greifen in Europa bis 2030 punktuelle urbane Fahrverbote für konventionelle Lkws. Auch in den USA und China verschärft sich die Regulatorik ab 2030 merklich, um einen stärkeren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Zwar sind im Straßenverkehr insgesamt weniger Lkws als Pkws unterwegs, dafür spart ein elektrifizierter Lkw im Schnitt mehr als 20-mal so viel CO₂ wie ein elektrisch angetriebener Pkw ein.
Die neue E-Lkw-Generation ist bereit
In den kommenden Jahren erweitern technologische Innovationen zugleich die Einsatzmöglichkeiten von BETs. Bis 2030 prognostiziert die Studie einen Reichweitensprung um rund 50 Prozent von 600 auf 900 Kilometer, die durchschnittliche Ladegeschwindigkeit erhöht sich um 200 Prozent auf bis zu 1.200 Kilowatt (kW), die Kosten für BET-Antriebsstränge gehen um etwa zehn Prozent zurück. Das Ergebnis: BETs können wirtschaftlich sinnvoll im Fernverkehr und auf Linienverbindungen zwischen Logistik-Hubs eingesetzt werden.
„Nachdem der Transportsektor lange mit der Umstellung auf Elektro-Lkw gehadert hat, beobachten wir nun einen tiefgreifenden Wandel in der Branche. Die dritte E-Lkw-Generation bringt neue Plattformen für unterschiedliche Kundenanforderungen und den breiten Einsatz in verschiedensten Anwendungsszenarien mit sich“, sagt Jörn Neuhausen, Senior Director und Leiter Elektromobilität bei Strategy& Deutschland. „Grundvoraussetzung dafür ist allerdings, dass private und öffentliche Akteure von Regulatorik über die Automobil- und Energiebranche hin zur Logistik und der Finanzindustrie kooperieren. Das Jahr 2030 markiert in dieser Entwicklung einen Meilenstein, ab dem sich die Transformation der Branche regulatorisch bedingt deutlich beschleunigen wird.“
Depot-Ladepunkte Schlüssel für Transformation
Für den Elektrodurchbruch ist die Ladeinfrastruktur vor allem deswegen entscheidend, weil Energiekosten in der Logistik traditionell einen Löwenanteil der Gesamtbetriebskosten ausmachen. Da Strom im Normalfall günstiger ist als Diesel, fahren E-Lkws ihren TCO-Vorsprung vor allem durch die geringeren Energiekosten ein. Dieser Vorteil schlägt sich allerdings nur dann nieder, wenn es ausreichend schnelle und günstige Ladepunkte gibt.
Dafür sind laut Studie erhebliche Investitionen notwendig – sowohl von öffentlicher Hand, vor allem aber von der Logistikbranche selbst. Bis 2035 liegt der öffentliche Investitionsbedarf in Europa demnach bei 6,1 Milliarden Euro, um 720 Ladeparks zu errichten und damit eine flächendeckende Ladeinfrastruktur zu gewährleisten. Hinzu kommen 28,6 Milliarden Euro, die der private Sektor für etwa 28.500 Depot-Ladepunkte aufbringen müsste.
„Beim Thema Laden lag der Fokus bislang stark auf öffentlichen Schnellladeparks, die zwar für die breite Abdeckung der Fläche notwendig sind, allerdings in der Auslastung großer Volatilität unterliegen können. Die Logistikbranche sollte daher in Zukunft zusätzlich selbst die Initiative ergreifen und verstärkt in Depot-Ladepunkte investieren. Dies ermöglicht eine deutlich verbesserte Planungssicherheit bezüglich der Infrastrukturauslastung und hilft somit, die Ladekosten im Griff zu behalten“, sagt Philipp Rose, Director bei Strategy& Deutschland und Leiter Elektromobilität bei PwC Deutschland.
„Neben der Optimierung der Ladekosten für Nutzer geht es bei der Umstellung auf E-Lkw natürlich auch um den Einsatz einer geeigneten Batterietechnologie seitens der Hersteller. Die Auswahl der passenden Zellchemie ist entscheidend für den entsprechenden Einsatzzweck – so ist die Natrium-Ionen-Technologie zukünftig eher für den Einsatz in der Distribution mit kleinen Lkw zweckmäßig. LFP, LMFP und NMC decken dagegen Langstreckenszenarien ab und sind je nach Region und Reichweite in vielen Use-Cases rentabel einsetzbar.“
Wie viele Schnellladestationen?
Mit dem Thema der Ladepunkte hat sich auch eine gemeinsame Studie des deutschen Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) und Amazon beschäftigt. Gesucht wurde die Antwort auf die Frage, wie viele Schnellladestationen für den Langstrecken-Lkw-Verkehr in Europa wirklich benötigt werden. Mithilfe des Open-Source-Tools CHALET von Amazon wurden 20.000 potenzielle Standorte für Lkw-Ladestationen entlang europäischer Autobahnen analysiert.
Eine EU-Verordnung legt bereits konkrete Mindestziele für die öffentliche Lkw-Ladeinfrastruktur für alle EU-Mitgliedsstaaten fest: So soll es in Deutschland bis 2030 zum Beispiel insgesamt rund 300 Lkw-Ladestationen geben, europaweit mehr als 2.000. Bislang gibt es allerdings erst wenig Erkenntnisse über optimale Ladestandorte für den Lkw-Fernverkehr in Europa. Die Studie hat daher auf Basis von Berechnungen des europäischen Lkw-Verkehrsaufkommens im Jahr 2030, öffentlich zugänglicher Standorte in Europa und existierender Lkw-Haltestellen ein optimiertes Lkw-Ladenetz entwickelt, das den erwarteten Ladebedarf mit einer Mindestanzahl an Ladestationen deckt. Die Studie berücksichtigt auch Kapazitätsbeschränkungen im Hinblick auf Platzverfügbarkeit sowie Netzanschluss und berechnet einen optimierten, schrittweisen Netzausbau entlang der Strecken mit der höchsten Nachfrage in Europa.
Die Ergebnisse zeigen, dass bei einem Anteil von 15 Prozent batteriebetriebener Lkws im Fernverkehrsbestand 1.000 optimal ausgewählte Ladestationen verteilt über Europa 91 Prozent des E-Lkw-Fernverkehrs abdecken könnten, 500 Stationen etwa die Hälfte des Verkehrs. Das ist insofern überraschend, als die Anzahl der in der Studie vorgeschlagenen Standorte geringer ausfällt als die EU-Mindestinfrastrukturziele. Bei ihren Berechnungen gingen die Autoren konservativ vor: Sie nahmen kein Depotladen an und legten eine Praxisreichweite von nur 400 Kilometern zugrunde, die einige neue Batterie-Lkw-Modelle bereits heute überschreiten.
Was die optimalen Standorte für Lkw-Ladestationen in Europa anbelangt, empfiehlt die Studie, den Fokus auf stark befahrene Strecken an wichtigen Verkehrsknotenpunkten zu legen. Wenn das Ladenetz später ausgebaut wird, können sukzessive Standorte auf weniger stark befahrenen Strecken hinzukommen.
Ausreichende Netzleistung
Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft am Fraunhofer ISI und Studienautor, betont: „Die Ergebnisse zeigen, dass sogar weniger Ladestandorte als von der Europäischen Union gefordert fast den gesamten europäischen E-Lkw-Verkehr abdecken würden. Diese neuen Standorte müssen aber eine ausreichende Netzleistung haben, wobei einige eine Kapazität von bis zu zwölf Megawatt benötigen werden, um bis zu 20 MCS-Anschlüsse (Anm.: Megawatt Charging System) versorgen zu können. Dies verdeutlicht die Herausforderungen beim Energiebedarf und der Netzinfrastruktur, den die Elektrifizierung des europäischen Lkw-Güterfernverkehrs mit sich bringt. Mehrere europäische Regierungen arbeiten aber bereits aktiv an genau diesen Herausforderungen.“
Plötz kommt zu dem Schluss, dass ein strategisch geplantes Netz auf der Grundlage von Megawatt-Ladestationen die Verbreitung batteriebetriebener Lkws in Europa stark fördern könnte: „Unsere Untersuchung legt nahe, dass Industrie und Politik die weitere Entwicklung und Einführung von Megawatt-Ladesystemen wie MCS beschleunigen müssen. Denn dies ermöglicht etwa Logistikunternehmen, die keine Möglichkeit zum Depotladen haben, ihre Flotten zu elektrifizieren. Durch öffentliche MCS-Stationen könnten Herausforderungen etwa bei der Stromversorgung oder durch den Erwerb entsprechender Immobilien vermieden werden, die oft eine große Hürde für die Anschaffung von batteriebetriebenen Lkws sind.“
Wie sieht es in Österreich aus?
Gerade in den vergangenen Monaten vermeldeten zahlreiche österreichische Unternehmen den Einsatz elektrifizierter Fahrzeuge, von kleineren Vehikeln, etwa für den Transport auf der letzten Meile, bis hin zu großen Lkws. Beispielsweise haben die Brau Union Österreich und das Güterverkehrstechnologie-Unternehmen Einride ihre Partnerschaft bekannt gegeben. Seit Jänner 2025 sind acht E-Lkws in der Steiermark unterwegs. Bis Ende 2026 sollen weitere 20 E-Lkws, die auch in Wien, Ober- und Niederösterreich eingesetzt werden sollen, folgen.
Mit der Inbetriebnahme der ersten vier vollelektrischen Lkws bei Eurogast Grissemann in Zams und Bludenz startete auch Eurogast Österreich eine E-Mobilitäts-Offensive – im alpinen Raum Tirols und Vorarlbergs, wo die Anforderungen besonders hoch sind. „Dieser Moment ist ein Meilenstein für Eurogast Österreich“, freute sich aus diesem Anlass Peter Krug, Geschäftsführer von Eurogast Österreich. „Wir zeigen, dass nachhaltige Logistik auch in den Bergen funktioniert – leise, emissionsfrei und zuverlässig.“
Eine Spur kleiner, aber nur, was die Dimension der Fahrzeuge betrifft, ist die Österreichische Post AG unterwegs: Sie hat Anfang des Jahres ihr 5.000. E-Fahrzeug – einen Mercedes-Benz eSprinter – in Betrieb genommen. Damit verfügt bereits jedes zweite Zustellfahrzeug der insgesamt 10.000 Fahrzeuge umfassenden Flotte über einen E-Antrieb. Ihre Lkw-Flotte hat die Post seit vergangenem Jahr komplett von Diesel auf Hydrotreated Vegetable Oils (HVO) umgestellt, einen erneuerbaren Treibstoff, der aus Abfällen, Fetten, pflanzlichen Reststoffen und Pflanzenölen hergestellt wird. Auch die Lkws des Handelsunternehmens Spar fahren in Wien, Niederösterreich und dem nördlichen Burgenland mit HVO-Diesel.
Es besteht Nachholbedarf
Es gibt hierzulande noch mehr solche positiven Beispiele. Aber generell hat Österreich bei schweren Fahrzeugen in dieser Hinsicht noch Nachholbedarf, wie der Verein VCÖ – Mobilität mit Zukunft (gegründet 1988 als Verkehrsclub Österreich) feststellt. Von den 1.165 im Vorjahr in Österreich neu zugelassenen Bussen waren nur 120 Elektrobusse. „Österreich ist bei der Elektrifizierung von Bussen von Europas Spitzenfeld weit entfernt“, so der VCÖ-Experte Michael Schwendinger im Februar. Eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten des Europäischen Automobilherstellerverbands (Acea) zeigt, dass Österreich beim Anteil von Elektrobussen bei den Neuanschaffungen nur an 18. Stelle in Europa liegt.
Mit 10,3 Prozent ist der Anteil deutlich niedriger als der EU-Schnitt von 18,5 Prozent. Spitzenreiter ist Luxemburg, wo im Vorjahr bereits 76,1 Prozent der neuen Busse Elektrobusse waren, vor Dänemark mit einem Anteil von 72,9 Prozent, Rumänien mit 68,7 Prozent, Finnland mit 56,9 Prozent, Niederlande mit 46,1 Prozent und dem E-Pkw-Spitzenreiter Norwegen mit 42,4 Prozent. In der Schweiz betrug der Anteil 26,9 Prozent, in Deutschland 16,3 Prozent.
Nochmals deutlich niedriger als bei Bussen ist der Elektro-Anteil bei den Lkws. Spitzenreiter bei Elektrolastwagen ist die Schweiz, wo im Vorjahr 11,6 Prozent der neu zugelassenen Lkws zu 100 Prozent mit Strom fahren. Norwegen folgt knapp dahinter mit einem Anteil von 11,4 Prozent, vor Dänemark mit 9,3 Prozent, Schweden mit 8,0 Prozent und Deutschland mit 3,9 Prozent. Der EU-Schnitt beträgt 2,3 Prozent, Österreich liegt mit einem Anteil von 2,1 Prozent an zehnter Stelle, berichtet der VCÖ.
„Die Elektrifizierung der Schwerfahrzeuge ist ein wichtiger Schritt, um die Energie- und Klimaziele im Verkehr erreichen zu können“, weist VCÖ-Experte Michael Schwendinger auf die hohen Treibhausgasemissionen des Lkw-Verkehrs hin. Allein die schweren Lkws verursachten zuletzt 6,3 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr. Busse waren für rund 0,3 Millionen Tonnen Treibhausgase verantwortlich.
Da Elektro-Lkws und Elektro-Busse aktuell noch deutlich mehr kosten als mit Diesel betriebene Nutzfahrzeuge, gab es in Österreich eine Ankaufsförderung für schwere Nutzfahrzeuge von 24.000 Euro (bis zwölf Tonnen) und 72.000 Euro (ab zwölf Tonnen) sowie abhängig von der Größe von 52.000 bis 130.000 Euro für Elektrobusse. Dieser Fördertopf ist dem VCÖ zufolge mittlerweile leer.
„Solange die klimaverträglichere Variante so viel mehr kostet als die klimaschädlichere, ist der Ankauf zu fördern. Erschwert wird die notwendige Energiewende bei Schwerfahrzeugen durch die bestehende Steuerbegünstigung von Diesel. Angesichts Österreichs Budgetsituation und im Sinne der Effizienz der Förderung ist diese Steuerbegünstigung endlich abzuschaffen“, betonte Schwendinger im Februar. (RNF)