New Work ist kein Privileg der Gen Z

NEW BUSINESS Guides - BILDUNGS- & KARRIERE-GUIDE 2023
Die heute unter 29-Jährigen sind weder arbeitsscheu noch desinteressiert. Aber die ­Rahmenbedingungen müssen passen, um sie zu motivieren. © Austin Distel/unsplash

Das Arbeiten von daheim ist nur ein kleiner Teil von New Work. Es geht unter anderem um eine generelle Flexibilität – und das betrifft nicht nur die viel zitierte Generation Z.

Homeoffice, agiles Arbeiten, Work-Life-Balance, Arbeitszeitverkürzung, Selbstverwirklichung, Loyalität – die Schlagworte, die den Arbeitsmarkt direkt oder indirekt betreffen, scheinen unendlich zu sein. Was vor wenigen Jahren noch Utopie war, ist heute zum Teil gelebte Praxis. Die Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen haben die Entwicklungen enorm beschleunigt.

Jahrelang haben wir beispielsweise über flexibles Arbeiten und die Möglichkeit von Homeoffice diskutiert – plötzlich waren wir in einem Lockdown und gezwungen, schnell zu handeln und Lösungen zu finden. In Windeseile wurden gesetzliche Rahmenbedingungen für das Arbeiten daheim geschaffen. Den Schritt zurück ins alte Normal gibt es nicht, wir sind in einer neuen Realität angekommen. Für viele Arbeitnehmer:innen ist das Büro in den eigenen vier Wänden mittler­weile nicht nur normal, sondern gehört zum Standard moderner Arbeitsanforderungen. 

„Arbeiten von daheim ist nicht für alle Branchen möglich und nur ein kleiner Teil von New Work“, erklärt Michaela Weiss, Leitung Human Resources bei Promedico. Häuser lassen sich nicht remote bauen, das Frühstückskipferl lässt sich auch schlecht per E-Mail zustellen, und Taxis fahren heute auch noch nicht von selbst. „New Work bedeutet für den Arbeitsmarkt, dass wir uns vor allem an eine neue Flexibilität gewöhnen müssen. Arbeitgeber müssen unterschiedliche Arbeitsmodelle für individuelle Anforderungen schaffen“, so Weiss. 

Das neue Normal der Arbeitswelt betrifft nicht nur die viel zitierte Generation Z (Gen Z: Menschen, die zwischen 1995 und 2010 geboren sind), und trotzdem kommt ihr eine besondere Bedeutung zu. Denn die Babyboomer gehen in Pension und verlassen nach und nach den Arbeitsmarkt. 

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm: so tickt die Gen Z
Faul, aufmüpfig, anspruchsvoll und illoyal – so lauten die gängigen Klischees über die Gen Z. Zu Unrecht, wie eine Studie von karriere.at in Zusammenarbeit mit dem Motivforschungsinstitut comrecon brand navigation zeigt: Die heute unter 29-Jährigen sind weder arbeitsscheu noch desinteressiert. „Die Gen Z sucht nach Herausforderungen und Chancen, ist lernfreudig und leistungsbereit, solange die Rahmenbedingungen passen. Die Förderung der persönlichen und fachlichen Weiterentwicklung motiviert sie“, erklärt karriere.at-CEO Georg Konjovic. 

Besonders wichtig ist den Jungen laut karriere.at-Studie ein gutes Arbeitsklima, das von Fairness, Feedback und gegenseitigem Respekt geprägt ist. Falsche Versprechungen, ein un­faires Gehalt und Auf­gaben, die laut Stellenausschreibung nicht zum eigenen Tätigkeitsbereich gehören, akzeptieren die Jungen hingegen nicht.

Ehrlichkeit und Transparenz sind die Werte, von denen die Gen  Z getrieben wird. „Der Ar­beit­geber- hat sich zum Arbeitnehmer:innen­markt gewandelt. Arbeitgeber müssen sich daher anstrengen, ein authentisches, schlüssiges Bild vom Arbeitsalltag zu zeichnen, um junge Menschen für sich zu gewinnen und Unter­nehmenswerte glaubhaft wiederzugeben“, so Konjovic. 

Aber genauso wie ältere Arbeitnehmer:innen auch sehnen sich Junge nach einem sicheren Job. „Der Genera­tion Z geht es im Job schon lange nicht mehr nur ums Geld“, weiß auch Michaela Weiss von Promedico. „Studien ­zeigen, dass nicht einmal mehr die Hälfte von neun Uhr bis 17 Uhr im Büro durcharbeiten möchte. Neben Vernetzung und Digitalisierung bevorzugt die Mehrheit variable Arbeitszeiten und freiere Wahlmöglichkeiten in Sachen Arbeitsort durch Home- sowie Mobile Offices. Flexibilität ist deshalb die geforderte Normalität.“ Eine neue Flexibilität, die auch ältere Arbeitnehmer:innen betrifft.

Noch nicht bereit fürs Abstellgleis
Viele Unternehmen suchen händeringend nach neuen Arbeitskräften, während sich lang gediente Mitarbeiter:innen nach und nach in die Pension verabschieden. Dabei sind viele Menschen noch gar nicht bereit, sich aufs berufliche Abstellgleis zu begeben. Die Mehrheit der berufstätigen Babyboomer kann sich auch in der Pension eine regelmäßige Erwerbsarbeit vorstellen, wobei die Motivation von Selbstverwirklichung bis Zuverdienst reicht. 

Die Altersteilzeitmodelle vieler Unternehmen zielen allerdings lediglich auf eine Tätigkeit vor dem Pensionsantritt ab. „Eine flexiblere Gestaltung der Altersteilzeitmodelle, wie etwa eine Weiterführung der Tätigkeit in der Pension – in Teilzeit oder geringfügig –, wäre für beide Seiten von Vorteil“, empfiehlt Werner Paar, Geschäfts­führer von Quality Austria.

Neben dem Zuverdienst bleiben Wissen und Expertise länger erhalten, und das Unternehmen profitiert von Erfahrungswerten älterer Kolleg:innen. Inter­generative Teams steigern zudem oft die Motivation, da alle Arbeitnehmer:innen von unterschiedlichen Standpunkten, Perspektiven und Sichtweisen profitieren. 

Orientierung schafft den Rahmen
Die Babyboomer und die Gen Z scheinen in vielen Aspekten gar nicht so unterschiedlich zu sein. Was sie mit den dazwischenliegenden Generationen, Gen Y und Millennials, verbindet, ist der Wunsch nach Flexibilität, gepaart mit Sicherheit.

„Wie auch immer wir Arbeitsmodelle in Zukunft entwickeln oder gestalten – wenn der Rahmen Orientierung bietet, die Prozesse und Abläufe klar sind, kann die Qualität des Outputs gesichert werden“, sagt Paar. „Prozesse, Managementsysteme und Zertifizierungen bieten Klarheit und sind ausgezeichnete Wegweiser auf allen Ebenen.“ 

Und das gibt Arbeitgebern und Arbeit­nehmer:innen die Möglichkeit, sich auszuprobieren, neue Arbeitsmodelle zu entdecken und flexibel auf individuelle Bedürfnisse zu reagieren. „Innerhalb von klaren Regeln und Strukturen sind Individualität und Flexibilität lebbar“, sagt Paar.

Recruiting, Teambuilding, Mitarbei­ter:innenentwicklung etc. können innerhalb von Qualitätskriterien flexibel und individuell gestaltet werden. Und das führt schlussendlich dazu, dass New Work kein Schlagwort bleibt, sondern gelebte Realität in innovativen Unternehmen ist. (RNF)