Revolutionäre Konzepte

NEW BUSINESS Innovations - NR. 01, FEBRUAR 2019
Amazons Erfolg kommt nicht per Zufall, sondern ist unter anderem konsequent ­umgesetztem ­Innovationsmanagement ­geschuldet. © Freerangestock

Innovation in Unternehmen passiert in den wenigsten Fällen zufällig, vielmehr stecken normalerweise harte Arbeit, gute Vorbereitung und Marktkenntnis sowie effiziente Strukturen dahinter ...

... Innovationsmanagement hilft dabei, die eigenen Strukturen zu optimieren.

Wurde Amazon zum Start noch belächelt, sieht die Situation heute gänzlich anders aus. Der ursprüngliche Onlinehändler ist mittlerweile zum Konzern gewachsen, deckt verschiedenste Branchen und Bereiche ab und liegt im Wettlauf um das wertvollste Unternehmen der Welt knapp hinter Microsoft und Apple. Dieser Erfolg kam nicht per Zufall, sondern ist unter anderem konsequent umgesetztem Innovationsmanagement geschuldet. Denn wenn es beispielsweise um Innovationseffizienz geht, dann liegt Amazon weit voran. Amazons Strategiebuch ist mittlerweile der Standard geworden, an dem sich Unternehmen messen. Dies zeigt, wie wichtig das Management der Innovation ist. Gerade im Zuge der Digitalisierung gewinnt das Thema weiter an Bedeutung. So lebt etwa EVVA, ein Hersteller von smarten Zutrittssystemen, Digitalisierung laut eigenen Angaben „schon lange“, entwickelt Standards und sieht diese als Chance. Wer Heizung, Belüftung und Beleuchtung mit Tablet oder Handy steuert, kurz: sein Haus via Smartphone managt, könne damit auch „aufsperren“ oder, genauer gesagt, den Zutritt zu seinem Heim regeln, wie Michael Kiel, Konzernbereichsleiter bei EVVA, erläutert. Das Unternehmen habe den Prozess der Digitalisierung schon vor vielen Jahren eingeleitet, 2009 wurde dann entschieden, ein eigenes elektronisches Produkt zu entwickeln, welches schließlich 2014 auf den Markt kam.
„Stellen Sie sich vor, Sie versenden Ihre Schlüssel einfach online mit E-Banking-Standards an ein beliebiges Smartphone. Die berechtigte Person erhält eine SMS und hat einen digitalen Schlüsselmoment. Ob Servicetechniker oder Urlaubsgast, man kann einfach und sicher end-to-end-verschlüsselt eintreten“, erklärt Hanspeter Seiss, AirKey-Produktmanager bei EVVA.

In Innovation investieren
Der Grundstein für diese digitalen Anwendungen sei bereits vor mehr als 15 Jahren gelegt worden. „Man muss die Digitalisierung als Chance sehen, die man konzeptionell und strukturiert für sich nutzen kann“, betont Kiel. Er sieht dabei zwei Möglichkeiten: „Entweder man entwickelt alles selbst, oder man sucht sich einen Partner, etwa ein Start-up, das Hilfe braucht. Es ist auf jeden Fall wichtig, dass man investiert.“ Als Traditionsbetrieb habe man beides versucht und sich letztlich dafür entschieden, alles selbst in die Hand zu nehmen: „Bei komplexen Produkten braucht das aber Zeit, bis sich das rentiert.“ Unternehmen dürften sich durch die Digitalisierung keinesfalls verrückt machen, aber auch nicht einfach treiben lassen, erklärt Kiel. „Es gibt derzeit noch viel Digitalisierungspotenzial und es braucht klare Strukturen im Unternehmen, um dieses auszuschöpfen.“
Klar sei jedenfalls: Der Kundennutzen müsse dabei immer im Vordergrund stehen und die Kundenberührungspunkte seien bei der Digitalisierung wichtiger als Kosteneinsparungen. Ganz wesentlich sei bei einem Digitalisierungsprozess außerdem, dass alle Ebenen im Unternehmen an einem Strang ziehen. Digitalisierung müsse zudem nicht zwingend in allen Bereichen im gleichen Maß passieren, aber man sollte sich auf jeden Fall Geschäftsmodelle im Fall einer möglichen Disruption überlegen. „Mit der Elektronik ist EVVA auf sich verändernde Kundenbedürfnisse gut vorbereitet“, erklärt Kiel.

Wissen unter Kontrolle halten
Gerade auch beim Informationsmanagement im Zuge von Innovationen gebe es massiven Nachholbedarf bei vielen Unternehmen. Denn allein die weltweit produzierte Menge an Daten soll laut einer aktuellen IDC-Studie bis 2025 insgesamt 163 Zettabyte erreichen. Unternehmen, die diese Entwicklung bestmöglich für ihren Geschäftserfolg nutzen wollen, müssten daher ihr Informationsmanagement überdenken, rät Hans-Jürgen Zinn, COO der godesys AG. Digitalisierungsstrategien müssten somit Datenverwaltung und -analyse dringend miteinschließen.
Datenmanagement helfe etwa dabei, Zeit zu sparen. Mithilfe einer Strategie zum Informationsmanagement, gepaart mit Data-Management-Systemen (DMS) könnten Bearbeitungszeiten reduziert und gesuchte Unterlagen wie Bestellungen, Aufträge, Rechnungen, Verträge, Listen, E-Mails, Notizen und mehr schnell und einfach wiedergefunden werden. Indem Firmen wiederkehrende Ablageprozesse automatisieren, könnten sich ihre Mitarbeiter auf das Kerngeschäft konzentrieren. Zudem reduziere IT-gestütztes Informationsmanagement Papierberge, betont Zinn. Auch teure Lagerplätze für Ordner und ähnliches seien dann nicht länger vonnöten. Zudem steigere digitale Dokumentenverwaltung die Produktivität. Unternehmen könnten die gesparten Ausgaben in neue Geschäftsmöglichkeiten investieren.
In Dokumentenmanagement-Tools enthaltene Funktionen zur Archivierung und Automatisierung würden überdies Prozesse nachvollziehbar und transparent machen. Unternehmen könnten so die Zusammenarbeit optimieren. Zugleich steige die Bearbeitungsqualität. Darüber hinaus würden professionelle DMS-Werkzeuge beste Rahmenbedingungen für revisionssichere Datenverwaltung schaffen. Vom Erfassen bis zur Vernichtung könnten Daten zuverlässig archiviert werden. Dies senke das Risiko eines Datenverlusts signifikant.
„Mithilfe eines Informationsmanagements verbessern Firmen den Überblick über ihre Dokumente und Prozesse. Sinnvoll sind hierbei Funktionen, die für ein nahtloses Zusammenspiel verschiedener Systeme und Mitarbeiter sorgen, sowie soziale Features, sodass sich alle Mitarbeiter auf dem gleichen Stand befinden“, betont Zinn. „Die Anforderungen an ein effizientes Informationsmanagement verändern sich zunehmend und steigen stetig. Zum einen werden Front-End-Funktionen immer spezialisierter, zum anderen sollen alle unternehmensinternen und teilweise auch unternehmensübergreifende Bereiche durchgängig verzahnt werden. Das ERP-System ist hier die Drehscheibe, die immer komplexere Aufgaben bewältigen muss. Außerdem wird die Menge an Informationen immer größer. Deshalb geht es heute nicht mehr nur darum, diese Informationen bedarfsgerecht zu verwalten und aufzubereiten, sondern auch zielführend zu verarbeiten.“

Konstanter Wandel
Der Druckluftspezialist BOGE ist indes 111 Jahre alt geworden. Und eine Sache sei über 111 Jahre immer genau gleich geblieben – und zwar, dass sich immer alles verändert habe. Bewährte Konzepte würden konstant neu hinterfragt, die eigenen Prinzipien auf den Prüfstand gestellt und eingespielte Muster aufgebrochen. Unrealistisch, zu gewagt, total verrückt? Bei BOGE sei dies kein Grund, einer visionären Idee nicht trotzdem eine Chance zu geben. Denn gerade daraus würden die revolutionären Konzepte und bahnbrechenden Technologien entstehen, für die BOGE stehe. „BOGE hat sich kontinuierlich selbst neu erfunden. Wir haben uns stets unerschrocken auf Neues eingelassen und sind so unserer Zeit immer ein Stück weit vorausgegangen“, unterstreicht dementsprechend BOGE Geschäftsführer Wolf D. Meier-Scheuven. Der Urenkel von Firmengründer Otto Boge leitet das Familienunternehmen heute in der vierten Generation.
Die ersten Kompressoren entwickelte der Bielefelder Pionier knapp 20 Jahre nach der Firmengründung 1907. Heute kämen Druckluftsysteme von BOGE auf der ganzen Welt zum Einsatz – dank intelligentem Engineering, Innovationsmanagement und Qualität. Mit einer Quote von knapp fünf Prozent investiere der Druckluftspezialist doppelt so viel in Forschung und Entwicklung wie der durchschnittliche Maschinenbauer. Da verwundere es nicht, dass mehr als die Hälfte aller BOGE-Projekte noch keine fünf Jahre alt sei. Über 111 Jahre Unternehmensgeschichte habe sich das Unternehmen immer eine Start-up-Mentalität bewahrt, verweist Meier-Scheuven.

Den Wow-Effekt suchen
Den privaten Datenschatz zu heben, um geschäftlich erfolgreicher zu sein, hat sich indes Gerald Bauernfeind zur Aufgabe gemacht. Es ist das ungenutzte Potenzial von hunderten über die Jahre gesammelten Kontaktinformationen im persönlichen Smartphone, die der Vertriebsprofi im Visier hat. Mit der iOS-App GOAAM hat der Start-up-Unternehmer heuer ein Werkzeug geschaffen, welches diese Kontakte erfassen, kategorisieren, in Netzwerken organisieren, als dynamische Soziogramme darstellen und erstmals auch Kanäle visualisieren soll, über die etwa Vertriebsziele zu erreichen sind. Unterstützung bei der Entwicklung des virtuellen Assistenten für die reale Beziehungspflege bekommt Bauernfeind von TIM. Das von Land OÖ und WKOÖ finanzierte Technologie- und Innovationsmanagement stellte den Kontakt zum passenden Forschungs- und Entwicklungspartner her und ebnete den Weg zu Förderungen.
Bereits 2013 hatte Gerald Bauernfeind die Idee für eine App zur Beziehungspflege, 2015 sei der erste Prototyp fertig gewesen. Wichtige Weichenstellungen erfolgten durch den Kontakt mit TIM im Februar 2017. „Daniel Födinger hat uns nicht nur den Kontakt zum Studiengang Mobile Computing und zur Forschungsgruppe Mobile Interactive Systems an der FH OÖ Fakultät für Informatik, Kommunikation und Medien in Hagenberg gelegt, sondern auch den Weg zu Förderungen geebnet“, erklärt Gerald Bauernfeind. Für die Entwicklung des Algorithmus zur Visualisierung der privaten Kontakt-Netzwerke und die intuitive Menüführung war die Zusammenarbeit mit den IT-Experten aus Hagenberg unentbehrlich. Goal, Organize, Analyse, Act und Maintain – also die Zieldefinition, die Organisation und Analyse der Beziehungsnetzwerke, die darauf basierende Aktion und die Pflege des Netzwerks – verberge sich hinter der namensgebenden Abkürzung „GOAAM“. Um die App nutzen zu können, werde das Adressbuch in diese importiert. Dann würden die einzelnen Kontakte in Levels kategorisiert – von den besten persönlichen Freunden über langjährige Geschäftskontakte bis zu Personen, die über Internetplattformen Kontaktanfragen geschickt haben. Zusatzinformationen wie Hobbys, berufliche Laufbahn, kulinarische Vorlieben, Fremdsprachen, persönliche Begegnungen, gemeinsame Geschäftserfolge oder Kontakte zu potenziellen Kunden würden die Profile vervollständigen. Werde dann ein Vertriebsziel definiert, visualisiere die GOAAM-App verschiedene Strategien, dieses zu erreichen. „Dadurch sehe ich, wer von meinen Bekannten schon gute Kontakte hat, wer mir helfen kann, noch bessere zu knüpfen, welche Veranstaltungen ich besuchen sollte, wer Multiplikator ist oder mich möglicherweise blockiert“, konkretisiert Bauernfeind. Diese Beziehungspflege, eine der Kernkompetenzen von Vertriebsmitarbeitern alter Schule, sei Kern der GOAAM-Methode. „Es ist ausgeschlossen, dass die Nutzer keinen Wow-Effekt erleben“, verspricht GOAAM-Erfinder und -Geschäftsführer Gerald Bauernfeind. „Alle werden überrascht sein, welche privaten und beruflichen Verknüpfungen die App zwischen ihren Kontakten plötzlich sichtbar macht.“ Allerdings müsse für diese Soziometrie-Analyse – also die grafische Darstellung der Beziehungen zwischen den Namen im persönlichen Adressbuch – in analoge Vorleistung gegangen werden. „Die Pflege der persönlichen Kontakt- und Beziehungsinformationen in der App ist die Basis dafür. Je höher deren Qualität, desto höher ist die Qualität der Visualisierung“, unterstreicht Bauernfeind. Obwohl sich Vergleiche mit großen sozialen Netzwerken für Geschäftskontakte aufdrängen, funktioniere GOAAM auf persönlich verifizierten Beziehungen.
GOAAM-Erfinder Bauernfeind ist ein Vertriebsprofi alter Schule. Er war 20 Jahre lang für Unternehmen wie Siemens oder Xerox auf internationalen Märkten aktiv und ist seit acht Jahren als Business Consultant selbständig. „Das wichtigste Kapital waren immer meine persönlichen Geschäftskontakte“, erklärt der Gründer. Wie unentbehrlich diese für den wirtschaftlichen Erfolg seien, hätten viele Unternehmen aber erst erkannt, nachdem sie sich in Kostensenkungsprogrammen von langjährigen Vertriebsmitarbeitern getrennt hätten. „Jetzt versuchen viele händeringend, die damit verloren gegangenen Qualitätskontakte zurückzugewinnen“, sagt Bauernfeind. „Die GOAAM-App und -Methode liefern dafür die passende Lösung.“ (TM)
www.evva.com
www.godesys.at
www.boge.com
www.goaam.eu