Seit 1. Jänner ist Michael Baminger neuer Vorstandssprecher der Salzburg AG. Der 40-Jährige will dabei den Wandel vom reinen Energieversorger hin zum digitalen Technologiekonzern mit Fokus auf "Green Tech" weiter vorantreiben. Angesichts der dramatischen Änderungen am Energiemarkt dürfe es aber keine Tabus in der Diskussion über die zukünftige Positionierung des Unternehmens geben, sagte er am Mittwoch in seinem Einstandsinterview zur APA.

"Das bedeutet aber keinen U-Turn und kompletten Bruch", betonte Baminger. "Die Richtung ist richtig." Bei der Dekarbonisierung der Energiegewinnung - also dem Weg zu weniger CO2-Ausstoß - könne es etwa nur eine Richtung geben: "Volle Kraft voraus", betonte Baminger. Die Salzburg AG sei in einer guten Ausgangsposition mit vielen, klugen Projekten in der Fernwärmeerzeugung und Stromgewinnung. Der Bedarf an Erneuerbaren Energien werde aber weiter steigen - nicht nur, weil die jetzige Erzeugung CO2-neutral gemacht werden soll. "Es geht auch um Energie, die wir für grünen Wasserstoff brauchen und um die Substitution von Gas - insbesondere aus Russland."

Darum müsse man alles realisieren, was realisierbar sei. "Wegen Eingriffen in die Natur und Landschaft gibt es natürlich Interessensabwägungen, das können wir nicht negieren. Aber ich glaube schon, dass sich hier die öffentliche Meinung ändert und das überwiegende Interesse von Erneuerbaren Energien erkannt wird." Baminger wollte dabei keine Technologie im Vorhinein ausschließen - egal ob Wasserkraft, Biomasse, Windkraft, Photovoltaik oder Geothermie. Neue Projekte kündigte er heute noch nicht an, zumal hier seine Vorstandskollegin Brigitte Bach wichtige Vorarbeit leistet.

Als Betreiber der Obus-Flotte in der Landeshauptstadt habe man auch bei der Dekarbonisierung von Mobilität und Verkehr eine gute Ausgangslage. Man müsse aber offen für technologische Weiterentwicklung sein - etwa Wasserstoff-Fahrzeuge oder klassische E-Mobilität. Apropos Verkehr: Angesichts der Personalengpässe und ausgedünnten Takte beim Obus sei es zunächst wichtig, den Verkehr so zu gestalten, dass er für Mitarbeiter und Fahrgäste gut funktioniere, so Baminger.

Neben der Energiewende ortete der neue CEO die größte strategische Aufgabe darin, Menschen für die Organisation zu begeistern und sie ans Unternehmen zu binden. "Wir sehen schon rein demografisch, dass wir als Wirtschaftsstandort vor großen Herausforderungen stehen." Zudem will der Neo-Vorstand die regionale Verankerung der Salzburg AG stärken. "Das heißt nicht, dass man überregional keine Ambitionen haben kann, aber in Zeiten, wo die Menschen von Teuerung betroffen sind und es Probleme im Verkehr gibt, muss die regionale Verantwortung stärker in den Blick des Managements rücken."

Parallel zur Stromkostenbremse des Bundes unterstützt die Salzburg AG Haushalte mit Wärmepumpen und Menschen mit Stromheizungen mit einem eigenen Preisdeckel. KMUs erhalten als Hilfeleistung bis zu 100 Freistromtage. "Die Salzburg AG hat ihre Spielräume sehr kundenfreundlich ausgenützt." Die gesetzten Maßnahmen würden für einen großen Teil der Kunden gut wirken. Und die dürften das Unternehmen einen "satten zweistelligen Millionenbetrag" kosten, sagte Baminger heute - und sich damit auf das Jahresergebnis auswirken.

Das Unternehmen habe ein hohes Eigeninteresse an einer stabilen und langfristigen Kundenbeziehung. "Sobald wir Spielraum haben, werden wir sinkende Preise an Kundinnen und Kunden weitergeben. Weil das Preisniveau, auf dem wir uns derzeit in Summe bewegen - egal ob es Haushalte, Gewerbebetriebe oder Industrie betrifft - ist für die Volkswirtschaft und den Standort Salzburg nicht gesund - auch für die Energieversorgungsunternehmen nicht", betonte Baminger.

Der Stromeinkauf für das Jahr 2023 sei abgeschlossen, für 2024 halte man an der Strategie fest, kleine Portionen über einen langen Zeitraum einzukaufen. "So schließt man das Risiko aus, extrem hochpreisige Tage zu erwischen. Die Preiskurve hat sich langsam aufgebaut und genauso wird sie sich wieder langsam abflachen - wenn die Preise so bleiben, wie sie sich heute zeigen." Nachsatz: "Das ist natürlich die große Frage."

Die Preisbildungsmechanik an den Energiemärkten in Europa sieht Baminger nicht für "Schockmomente" wie den Ukrainekrieg ausgelegt. "Das System braucht Änderungen, das ist evident." Auch die Salzburg AG müsse sich dabei aktiv in die Diskussion einbringen. Am Merit-Order-Prinzip will Baminger zwar nicht rütteln - diese habe immerhin über viele Jahre für günstigere Preise für die Kunden gesorgt - es brauche aber eine Absicherung gegen exorbitante Preisausschläge, forderte er heute.

(APA)