Zoe Hahn, Schülerin BG/BRG Groß-Enzersdorf © Zoe Hahn
Transformations- und Digitalexperte Nahed Hatahet spricht mit der Maturantin Zoe Hahn über Ethik im digitalen Wandel.
Nach meinem Vortrag zum Thema Mensch und Digitalisierung in Kooperation mit dem BG/BRG Groß-Enzersdorf konnte ich mich mit der Maturantin Zoe Hahn über Ethik im digitalen Wandel austauschen. Nicht zuletzt durch die neuen Entwicklungen im Bereich generativer künstlicher Intelligenz, dazu zählt u. a. Chat-GPT, ist dieses wichtige Thema nun auch in der breiten Öffentlichkeit angekommen.
Erfahren Sie in diesem Interview, wie wichtig es jungen Menschen ist, dass Technologie entsprechenden ethischen Regeln folgt.
Nahed Hatahet: Liebe Zoe Hahn, wir haben uns vor einem Monat bei meinem Vortrag zum Thema „Mensch und Digitalisierung“ für die Maturaklassen deiner Schule, des BG Groß-Enzersdorf, kennengelernt. Wir haben uns über Ethik und Digitalisierung unterhalten. Wer bist du und warum fasziniert gerade dich die Welt der Digitalisierung?
Zoe Hahn: Ich besuche die Maturaklasse des BG/BRG Groß-Enzersdorf. Ich habe recht weit gefächerte Interessen, was es mir schwer gemacht hat zu entscheiden, was ich nach Abschluss der Schule machen möchte. Aufgrund meiner Faszination für Mathematik sowie für Technologie habe ich mich dann für den Studiengang „Technische Mathematik“ entschieden. Das hat sich jedoch erst innerhalb der letzten zwei Jahre herauskristallisiert.
Den ersten richtigen Kontakt mit derart weit entwickelten Technologien, mit deren Ethik ich mich zurzeit befasse, hatte ich eher spät, im Alter von ungefähr 13 Jahren. Damals habe ich mir einen Anime namens „Sword Art Online“ angesehen, dessen Konzept mich sehr fasziniert hat. Mittels einer Full-Dive-VR sind die Charaktere der Serie in der Lage, in das MMORPG von „Sword Art Online“ einzutauchen, als würden sie sich in diese Welt hineinteleportieren. Die Fähigkeit, eine Fantasiewelt zu erstellen, in dieser zu leben und sie für andere zu öffnen, könnte die Welt, wie wir sie heute kennen, grundlegend verändern. Es wäre mein größter Traum, Teil dieses Wandels zu sein.
Wie passt für dich das Thema Ethik mit der digitalen Transformation zusammen? Wie kam es dazu, dass dich – als jungen Menschen – gerade dieses Thema beschäftigt?
Meiner Meinung nach ist Ethik die Voraussetzung für einen gesunden Umgang mit der digitalen Transformation. Schon in der erwähnten Serie wird gezeigt, was passiert, wenn neuartige Technologien nicht transparent und kontrollierbar sind: Die Charaktere werden in der virtuellen Welt eingesperrt und müssen dort um ihr Überleben kämpfen. Zahlreiche weitere Filme und Serien warnen vor katastrophalen Auswirkungen neuartiger Technologien. Als jemand, der selbst gerne Videospiele spielt, haben mich solche Filme schon länger interessiert.
Den endgültigen Anstoß gab mir eine Lehrerin meiner Schule, die mich bei meiner vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) betreut hat. Sie hatte sich schon länger mit digitaler Ethik auseinandergesetzt und mir das Thema vorgeschlagen. Im Zuge meiner VWA habe ich mich dann genauer damit beschäftigt und dadurch immer mehr realisiert, wie wichtig eine ethische Regulierung heutiger und zukünftiger Technologien ist.
Ein Phänomen unserer Zeit ist, dass viele Menschen über Trendthemen sprechen und oft gar nicht genau wissen, was sie bedeuten. So auch beim Thema Ethik in Zusammenhang mit dem digitalen Wandel. Was verstehst du unter digitaler Ethik und warum brauchen wir sie überhaupt?
Ich denke, Ethik ist heutzutage ein Muss. Ethische Fragen werden zu fast jedem Thema gestellt und für Technologien sollte dies ebenfalls gelten. Viele Menschen, mit denen man sich über zukünftige Technologien unterhält, scheinen diesbezüglich eine grundlegende Sorge in sich zu tragen, so zuversichtlich sie auch die Zukunft erwarten.
Hier kommt digitale Ethik ins Spiel. Darunter fallen beispielsweise Richtlinien für die Regulierung von KI und ähnlichen Systemen. Durch diese kann man auch das Vertrauen in weit entwickelte Technologien (wie z.B. Chat-GPT) stärken und sie besser kontrollieren. Des Weiteren kann man dadurch deren Sicherheit eher gewährleisten. Situationen, wie beispielsweise in der Studie, die gezeigt hat, dass selbstfahrende Autos stärker pigmentierte Menschen schwieriger erkennen, weil sie auf unzureichenden Datensätzen trainiert wurden, sollten nach Möglichkeit verhindert werden.
Das Thema Digitalisierung soll ja vor allem auch im Bildungsbereich und somit auch an österreichischen Schulen verstärkt fokussiert werden. Wie sieht das in deiner Schule aus: Wird das Thema „digitale Ethik“ behandelt und findet diesbezüglich Aufklärung und Sensibilisierung statt?
Bis vor Kurzem wurde das Thema zwar in den Unterricht ab und an eingebunden, aber noch lange nicht ausreichend. Dies scheint sich jedoch im Moment zu ändern. Mit dem Auftauchen von Chat-GPT sind Schulen gezwungen, sich ebenfalls dem Thema digitale Ethik zu widmen, nicht zuletzt deshalb, weil Schüler:innen das Programm dazu benutzt haben, um Hausaufgaben nicht selbst erledigen zu müssen. Einige Lehrer:innen haben auch angefangen, das System in den Unterricht einzubauen.
Auch der Wechsel an der Spitze meiner Schule hat meiner Meinung nach Auswirkungen gezeigt. Die neue Direktorin scheint sehr fähig und interessiert darin zu sein, Schüler:innen in ihrer Schule möglichst gut zu fördern. Kombiniert mit engagierten Lehrer:innen entstehen hier großartige Möglichkeiten zur Weiterbildung, so auch dein Vortrag an unserer Schule.
Die aktuellen Möglichkeiten von generativer künstlicher Intelligenz bereiten vielen Menschen Angst. Wie siehst du als junger Mensch die Zukunft in einer stark digitalisierten Welt? Hast du beispielsweise auch Angst vor Chat-GPT?
Ich würde es nicht direkt als Angst bezeichnen, vor allem nicht als Angst vor den Technologien selbst. Vielmehr habe ich die Sorge, dass Menschen bei der Entwicklung und Nutzung von Technologien, vor allem jener mit Einsatz von künstlicher Intelligenz, Fehler machen. Das Beispiel Chat-GPT ist hier sehr passend. Dabei handelt es sich um eine Blackbox-KI, die mittels u.a. Daten aus dem Internet trainiert wurde.
In anderen Worten: Es ist ein System, das Informationen aus u.a. dem Internet aufnimmt, diese verarbeitet, daraus Schlüsse zieht und das Endprodukt den Nutzer:innen präsentiert – in diesen Prozess haben Menschen nur wenig Einblick. Zwar ist ein Filter eingebaut, um zu verhindern, dass falsche oder schädliche Inhalte zu den User:innen gelangen, dennoch ist es nicht ausgeschlossen, dass das Programm Fehler macht.
Vielen Dank für das interessante Gespräch und für deine Zeit. Alles Gute!
Ich danke dir, dass du dir Zeit nimmst, um solchen wichtigen Themen Platz zu geben. Diese Chance ist wirklich unglaublich! (NH)
DER AUTOR
Nahed Hatahet ist Keynote-Speaker, Transformations- und Digitalexperte, Berater und Mentor. Dieses Interview wurde ursprünglich in seinem Blog veröffentlicht. Nähere Informationen finden Sie unter www.nahedhatahet.eu.