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v.l.n.r.: Christian Helmenstein, Industriellenvereinigung, Michael Zettel, Accenture, Michaela Zalesak, Economica Institut, Philipp Krabb, Accenture © Csaky

Sind Sie noch „digital blind“ oder schon „digital autonom“? Wer weiterhin erfolgreich sein und die „Digitale Dividende“ einstreichen will, sollte sich jedenfalls eher letzterer Gruppe zuordnen.

Digitale Champions haben ein größeres Umsatzplus und ein stärkeres Beschäftigungswachstum. Das lassen wir hier jetzt einmal einfach so stehen, die Begründung folgt aber sogleich. Denn Accenture und die Industriellenvereinigung haben in ihrer aktuellen Studie „Digitale Dividende 2022“ die Erfolgsfaktoren, Strategien und Maßnahmen der digitalen Champions – also jener Unternehmen mit dem höchsten Digitalisierungsgrad – analysiert. „Die Digitalisierung manifestiert sich als der entscheidende Erfolgsfaktor für Unternehmen. Digitale Technologien wirken als Turbo für die Organisationen“, sagt Michael Zettel, Country Managing Director Accenture Österreich. 

Christian Helmenstein, Chefökonom Industriellenvereinigung, prognostiziert anhand der Studienergebnisse sogar, dass die Digitalisierung „auf Jahrzehnte hinaus die treibende Kraft für eine neue wirtschaftliche Prosperität“ sein könne und, analog zur Globalisierung seit den 1990er-Jahren, die „Perspektive eines enormen Zuwachses an Welteinkommen“ eröffne.

Was braucht es aber, um ein digitaler Champion zu werden? Muss man dafür ein frisches, junges Start-up sein? Mitnichten! „Jedes Unternehmen kann digitaler Champion werden. Diese Positionierung ist unabhängig von der Branche, der Größe, der Struktur oder des Alters. Die Digitalisierung wirkt sich bei allen unterschiedlichen Unternehmen positiv auf den Geschäftserfolg und das Beschäftigtenwachstum aus“, betont Philipp Krabb, Research Lead Accenture Österreich. Das seien zugleich positive Aussichten für all jene Unternehmen, die in den nächsten Jahren die Digitalisierung angehen wollen, so Krabb weiter.

„Die Unterscheidung zwischen Old und New Economy ist eine künstliche. Wir sehen Unternehmen sozusagen aus der Oldest Economy – zum Beispiel der Holz- und der Steinindustrie –, die genauso Innovations- und Strukturwandeltreiber sind wie Unternehmen aus der Informationstechnologie“, unterstreicht IV-Chefökonom Helmenstein. Umgekehrt bedeute dies, dass es auch keine Entschuldigung gibt, sich nicht zu digitalisieren. „Es gibt keine Alternative zu einem überzeugenden Managementkonzept der Digitalisierung“, so Helmenstein. Anhand der Daten könne man laut dem IV-Chefökonomen auch die folgende  – wenn auch mit Vorsicht zu genießende – Behauptung extrapolieren: „Wenn ein Unternehmen in einer Branche, in der alle anderen digitalisieren, nicht digitalisiert ist, ist es nach drei bis vier Jahren nicht mehr am Markt.“

Digital = schnell
Die Studie zeigt, dass Unternehmen, die verstärkt digitale Technologien einsetzen, verkürzte Produktzyklen vorweisen. „Schnelle Unternehmen sind digital, digitale Unternehmen sind schnell“, fasst Michael Zettel zusammen. Die digitalen Champions erwirtschaften 24 Prozent ihres Umsatzes mit neuen Produkten.

Die Produktlebensdauer sinkt mit dem Digitalisierungsgrad. Die digitalen Produkte der digitalen Champions haben einen Lebenszyklus von 2,7 Jahren. Bei weniger digitalisierten Unternehmen sind es 3,5 Jahre. Das gleiche Ergebnis gilt für die nicht digitalen Produkte. Deren Lebensdauer beträgt bei den stark digitalisierten Unternehmen 13,1 Jahre und bei den weniger digitalisierten Unternehmen 15,6 Jahre. Die digitalen Champions investieren 60 Prozent ihrer IT-Ausgaben in innovative Technologien, zeigt die Studie. „Digitale Champions haben klar die Vorteile erkannt, setzen weit stärker auf die Cloud und bauen ihren Vorsprung damit aus“, sagt Zettel.

Aber Moment! Eine kürzere Lebensdauer von Produkten klingt heute, wo doch verstärkt auf Nachhaltigkeit gesetzt wird, erst einmal nicht sehr zeitgemäß. Zettel hat auf die Frage, ob sich das nicht gegenseitig ausschließe, allerdings eine Antwort parat: „Ein längerer Lebenszyklus bedeutet nicht automatisch mehr Nachhaltigkeit.“ Seine Hypothese lautet: Bei einem kürzeren Lebenszyklus können früher Produkte mit neuen Technologien hergestellt werden, die damit wiederum nachhaltiger sind. Vorausgesetzt natürlich, die alten Produkte, sofern sie physischer Natur sind, werden dem Recyclingprozess zugeführt.

Erfolgsfaktoren: digitale Skills und Prozesse
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren der Vorreiter sind Beschäftigte mit umfassenden digitalen Skills und abgestimmte digitale Prozesse. „Der Erfolg durch Digitalisierung hängt nicht nur stark von den Prozessen, sondern auch von den Beschäftigten ab. Gut ausgebildete Fachkräfte bilden das Rückgrat des wirtschaftlichen Erfolgs von Unternehmen“, erläutert Michaela Zalesak, Researcher Economica Institut für Wirtschaftsforschung. Ein bis zu 6,2 Prozentpunkte höheres Umsatzwachstum wird durch den verstärkten Einsatz der Erfolgsfaktoren wie digitalisierte Prozesse, gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder entsprechende Managementstrukturen erreicht. Bei der Beschäftigung wirken die Erfolgsfaktoren mit einem Plus von bis zu 5,7 Prozentpunkte, welche die digitalen Champions im Vergleich zu den gering digitalisierten Unternehmen realisieren konnten. (RNF)

 

Zur Studie:
Die Industriellenvereinigung und Accenture haben in ihren letzten beiden Studien 2021 und 2022 gezeigt, dass Digitalisierung den österreichischen Unternehmen kurzfristig als Instrument zur Bewältigung der Krise erfolgreich geholfen hat, sowie langfristig einen positiven Effekt auf die Unternehmensperformance hat. Darauf aufbauend wurde nun untersucht, was einen hohen Grad an Digitalisierung und den damit verbundenen Unternehmenserfolg determiniert. Für die Studie wurde der Digitalisierungsgrad in vier Stufen unterteilt: Stufe 0 ist „digital blind“. Ein Großteil der Datenspeicherung und der Informationsübermittlung passiert hier noch papierbasiert. Stufe 1 steht für „digital abbilden“ – IKT kommt im Bereich der Arbeits- und Hilfsmittel zum Einsatz. Die Stufe 2 heißt „digital agieren“. Diese Betriebe nutzen ihre Daten, verfügen über eine digitale Prozessoptimierung, aber die Entscheidungen liegen noch beim Menschen. Die Stufe 3, die letzte Stufe, bedeutet „digital autonom“. Es werden datenbasierte Produkte und Dienstleistungen verkauft, Prozesse sind automatisiert und datengestützt, Entscheidungen können auch automatisiert getroffen werden. Bei dieser Stufe stehen die digitalen Geschäftsmodelle im Fokus. Die 75 in der Studie befragten Unternehmen wurden den jeweiligen Stufen zugeordnet.
https://accenture.at/digitale-dividende2022