„Faire Unternehmen sorgen für eine stabile Wirtschaft.“

NEW BUSINESS - NR. 3, APRIL 2018
Ziele die unsere Welt verändern © Vereinte Nationen

Die 17 Sustainable Development Goals sind die ersten weltweit gültigen und umfassenden Ziele für Nachhaltigkeit. Doch wie können Unternehmen sich dafür einsetzen und davon profitieren?

Die Transformation der Welt. Nichts Geringeres haben sich die 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen vor über zwei Jahren zum Ziel gesetzt, als sie die Agenda 2030 und die darin aufgezählten Sustainable Development Goals – kurz: SDGs –beschlossen haben. Der Countdown läuft, denn bereits 2030 wollen die 17 Ziele, die von der Armutsbekämpfung über Bildung bis zu Klimaschutz und Innovation reichen, umgesetzt sein und unsere Welt zu einem besseren Ort für alle gemacht werden.

Wirtschaft und Industrie als wichtige Partner
Wesentliche Akteure in der Umsetzung der SDGs sind die Wirtschaftsunternehmen als Teil der Gesellschaft. Bundesministerin Margarete Schramböck ist überzeugt, dass etwa nachhaltige Digitalisierung ein Zukunftsthema sei, mit dem sich Österreich auseinandersetzen muss, wenn es auch weiterhin ein starker Wirtschaftsstandort sein soll. „Aus meiner Erfahrung als Managerin weiß ich, dass verantwortungsvolle Unternehmen die Eckpfeiler einer stabilen Wirtschaft sind und gesellschaftliche wie auch technologische Innovationen verantwortungsvoll fördern.“ Diese Meinung teilt auch der ehemalige UNO-Diplomat Thomas Stelzer und warnt davor, Wirtschaft und Industrie als Gegner der SDGs zu sehen: „Die Erfahrung lehrt: Je fairer die Wirtschaft, desto gesünder ist sie. Je partizipatorischer und offener die Wirtschaft, desto produktiver ist sie. Davon profitieren natürlich auch die Unternehmen selbst.“
Wovon sie ebenfalls profitieren würden, wäre ein fairer Zugang der Menschen zu Ressourcen und vor allem zu fairem Einkommen, denn nur das ermöglicht ihnen, auch Konsumenten und in der Wirtschaft aktiv zu sein. „Wirtschaft und Industrie müssen nachhaltige Jobs kreieren – also ‚decent work‘ –, um aus Menschen Akteure und Konsumenten zu machen“, erklärt Stelzer. Weiters sei nicht jedes Unternehmen nur auf schnellen Profit aus, um seine Shareholder zu befriedigen. „Einen wichtigen Beitrag hinsichtlich der Entwicklungsziele leisten die sogenannten Social Entrepreneurs, die einen Teil des Gewinnes in nachhaltige Produkte und in Sicherheitsnetze reinvestieren und dabei dennoch gut verdienen“, so Stelzer. Im Sinne der SDGs zu wirtschaften, geht also nicht mit Verzicht oder Unwirtschaftlichkeit einher. Es gehe vielmehr auch um die Frage: Investiere ich in die Zukunft oder in die Vergangenheit? „Man kann auf gestern setzen – etwa mit Autounternehmen, die noch immer Fahrzeuge mit Dieselmotoren bauen. Oder man kann auf morgen setzen und etwa in Wasserstoffnachfüllstationen investieren, von denen es immer noch zu wenige gibt“, erklärt Stelzer. Was Unternehmen dabei aber immer brauchen, ist zum einen eine gewisse Aussicht auf Gewinn und zum anderen auch passende Rahmenbedingungen, die von der Politik geschaffen werden müssen. „Wenn die Politik zurückschraubt, wird die Wirtschaft sich schwer tun, in die Zukunft zu investieren. Wenn wir fossile Brennstoffe mit Förderungen künstlich am Leben halten auf Kosten der sauberen Energie, dann wird das Umdenken viel länger brauchen“, zeigt der österreichische Diplomat auf.

Politik muss Rahmenbedingungen schaffen
In der Umsetzung der SDGs sieht auch Thomas Alge, Geschäftsführer von ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung und Mitbegründer der SDG Watch Austria, die Zukunftschance für Österreich: „Unsere Unternehmen exportieren seit Langem Hochtechnologieprodukte und Know-how zur Sicherung der Trinkwasser- und Luftqualität, aus dem Bereich Abfallwirtschaft und vielem mehr, weil Österreichs Umweltstandards schon vor den meisten anderen Ländern sehr gutes Niveau erreicht haben“, erklärt Alge bei einer ÖKOBÜRO-Diskussionsveranstaltung im Februar. Die SDGs eröffnen nun zahlreiche ähnliche Chancen, widmen sie sich doch den großen globalen Herausforderungen, wie der Klimaerhitzung oder der zunehmenden Ressourcenknappheit. Um diese Chancen zu nutzen, müsse die Politik jedoch den richtigen Rahmen setzen. Österreich könnte sich dabei die Strukturen europäischer Nachbarstaaten zum Vorbild nehmen. In Deutschland führt Kanzlerin Merkel selbst den SDG-Umsetzungsprozess, Staatssekretäre aus allen Ministerien unterstützen sie dabei und ein Sachverständigenrat aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft berät und beobachtet die Fortschritte. „Es ist auch für Österreich wesentlich, dass die Umsetzung der SDGs auch hier zur Chefsache wird, und dass Strategien und Strukturen zu deren Umsetzung entwickelt werden“, so Alge.

SDGs sind keine Bedrohung für Wirtschaft und Politik
Der Generalsekretär des Ministeriums für Nachhaltigkeit Josef Plank betrachtet die SDGs ebenfalls als große Chance: „Wir kommen nicht weiter, wenn wir sagen, wir müssen irgendwas tun, weil wir irgendwelche Ziele unterschrieben haben. Wir müssen zeigen, dass diese Herausforderungen auf einem verträglichen und nachhaltigen Weg nach vorne nicht als Bedrohung oder Pflichterfüllung gesehen werden, sondern als Chance für alle!“ Ermutigt wurde er dabei von Fred Luks, dem Leiter des Kompetenzzentrums für Nachhaltigkeit an der Wirtschaftsuniversität Wien. Österreich habe eine sehr engagierte Zivilgesellschaft und es gebe ausgezeichnete Hochschulen, die zu den Nachhaltigkeitszielen forschen. „Die Regierung braucht nur die Hand auszustrecken und hat gleich die richtigen Partner.“
Monika Langthaler, Geschäftsführerin der Unternehmensberatung brainbows, bestätigte, dass moderne Unternehmen die Chancen der SDGs erkennen würden, weil solche Prozesse immer einen enormen Innovationsschub brächten. Werner Kerschbaum, Generalsekretär des Roten Kreuzes, bezeichnete es als komplett unverständlich, weshalb in den Jahren seit Beschluss der SDGs die österreichische Zivilgesellschaft noch nicht zu einem Dialog eingeladen worden ist. Das Rote Kreuz „sehne sich“ nach so einer Einladung durch Bundeskanzler Kurz, der seinerseits bereits im September bestätigt hat, dass es für die SDG-Umsetzung die aktive Zusammenarbeit mit Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft benötige. (VM)

INFO-BOX
Über die Sustainable Development Goals

Am 25. September 2015 wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen von allen 193 Mitgliedstaaten die 2030 Agenda für Nachhaltige Entwicklung verabschiedet, die unter anderem die 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung enthalten, welche soziale, ökologische und ökonomische Aspekte beinhalten und nichts Geringeres als die „Transformation unserer Welt“ zum Ziel haben.
Die SDGs beinhalten ein (für die UN) neuartiges vernetztes Verständnis von Armut, Umweltzerstörung, Ungleichheit, Produktions- und Konsumweisen, Korruption, um nur einige Beispiele zu benennen. Es wurde erkannt, dass verschiedene Probleme überall gleichzeitig angegangen werden müssen, nicht regional oder thematisch beschränkt. Die Universalität der Agenda besagt, dass alle Ziele für alle Länder gelten. Die Verantwortung für die ­Umsetzung der Ziele liegt also sowohl im Inland als auch auf internationaler Ebene.