Energie aus dem Sonnenlicht

NEW BUSINESS Innovations - NR. 04, MAI 2018
„MobilHybrid“ ist eine Art mobile Batterie, die abseits der Netze Strom in der nachgefragten Menge liefern und automatisch den sinnvollsten Strommix wählen soll. © 2018 MobilHybrid by PV4Life GmbH

Mittels einer neuen Mehrfachsolarzelle auf Siliciumbasis wurde der Wirkungsgrad enorm erhöht, nun lässt sich genau ein Drittel der im Sonnenlicht enthaltenen Energie in elektrische Energie umwandeln.

Solarzellen aus Silicium dominieren heute den globalen Photovoltaikmarkt mit einem Anteil von rund 90 Prozent. Forschung und Industrie arbeiten sich mit neuen technologischen Entwicklungsschritten an die theoretische Wirkungsgradgrenze des Halbleitermaterials Silicium heran. Gleichzeitig gehen sie neue Wege, um eine neue Generation von noch effizienteren Solarzellen zu entwickeln. So haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE unlängst gemeinsam mit der Firma EVG eine neue Mehrfachsolarzelle auf Siliciumbasis entwickelt, mit der genau ein Drittel der im Sonnenlicht enthaltenen Energie in elektrische Energie gewandelt werden kann. Das Ergebnis wurde in der Fachzeitschrift „Nature Energy“ veröffentlicht.
Die jetzt erzielte hohe Umwandlungseffizienz einer Mehrfachsolarzelle aus Silicium erreichten die Forscher durch 0,002 mm dünne Halbleiterschichten – weniger als ein Zwanzigstel der Dicke eines Haares – aus III-V-Verbindungshalbleitern, die auf eine Siliciumsolarzelle aufgebracht werden. Das sichtbare Licht werde effizient in einer ersten Solarzelle aus Gallium-Indium-Phosphid absorbiert, das nahe Infrarotlicht in Galliumarsenid und längerwelliges Licht schließlich in Silicium. So könnten die Wirkungsgrade heutiger Siliciumsolarzellen signifikant gesteigert werden.

Wichtige Säule der Energiewende
„Die Photovoltaik ist eine der wichtigsten Säulen für die Energiewende“, erklärt Andreas Bett, seines Zeichens Institutsleiter des Fraunhofer ISE. „Die Kosten sind inzwischen so weit gesunken, dass die Photovoltaik eine wirtschaftliche Alternative zu konventionellen Energien darstellt. Aber diese Entwicklung ist noch lange nicht am Ende, und das neue Ergebnis zeigt, wie wir durch höhere Wirkungsgrade den Materialverbrauch reduzieren und damit nicht nur die Kosten noch weiter optimieren, sondern Solarstrom auch ressourcenschonend herstellen können.“
Bereits im November 2016 hatten die Freiburger Solarforscher mit ihrem Industriepartner EVG einen Wirkungsgrad von 30,2 Prozent demonstriert und diesen im März 2017 auf 31,3 Prozent erhöht. Nun konnten sie die Lichtabsorption und die Ladungstrennung im Silicium noch einmal deutlich verbessern und damit einen neuen Rekordwert von 33,3 Prozent erzielen. Die Rekordzelle mit dem neuen Ansatz gleicht von außen einer herkömmlichen Solarzelle mit zwei Kontakten und kann somit leicht in Photovoltaikmodule integriert werden.
Beim Konzept der Mehrfachsolarzellen übertrugen die Forscher 1,9 Mikrometer dünne III-V-Halbleiterschichten auf Silicium. Die Verbindung gelang ihnen mittels eines aus der Mikroelektronik bekannten Verfahrens, dem direkten Waferbonden. Die Oberflächen wurden in einer „EVG580 ComBond“-Kammer im Hochvakuum mithilfe eines Ionenstrahls deoxidiert und anschließend unter Druck miteinander verpresst. Dabei entsteht eine Einheit, indem die Atome der III-V-Oberfläche Bindungen mit dem Silicium eingehen. Der Solarzelle könne die komplexe innere Struktur nicht angesehen werden, sie besitze wie herkömmliche Siliciumsolarzellen einen einfachen Vorder- und Rückseitenkontakt und könne wie diese in PV-Module integriert werden.

Gestapelte Schichten aus Zellen
Die Mehrfachsolarzelle auf Siliciumbasis weist eine Abfolge von übereinander gestapelten Teilzellen aus Gallium-Indium-Phosphid (GaInP), Gallium-Arsenid (GaAs) und Silicium (Si) auf, die intern durch sogenannte Tunneldioden verschaltet seien. Die oberste Zelle aus GaInP absorbiere dabei Strahlung zwischen 300 und 670 nm, die GaAs-Zelle zwischen 500 und 890 nm und die Si-Zelle zwischen 650 und 1180 nm. Die III-V-Schichten seien zunächst auf einem GaAs-Substrat epitaktisch abgeschieden und dann auf eine speziell angepasste Silicium-Solarzellenstruktur gebondet worden. Hierbei wurden auf der Vorder- und Rückseite des Siliciums Tunneloxid-passivierte Kontakte (TOPCon) aufgebracht. Anschließend wurde das GaAs-Substrat entfernt, ein nanostrukturierter Rückseitenkontakt zur Weglängenverlängerung des Lichts aufgebracht sowie ein Vorderseiten-Kontaktgitter und eine Antireflexbeschichtung.
Auf dem Weg zu einer industriellen Fertigung der III-V/Si-Mehrfachsolarzelle müssten die Kosten der III-V-Epitaxie und der Verbindungstechnologie mit Silicium weiter gesenkt werden. Hier lägen große Herausforderungen, welche in zukünftigen Entwicklungsvorhaben gelöst werden sollen. Dabei sollen sowohl III-V- als auch Siliciumtechnologien der nächsten Generation entwickelt werden. Zielsetzung sei es, in Zukunft höchst effiziente Solarmodule mit mehr als 30 Prozent Wirkungsgrad zu ermöglichen.

Strom auch abseits der Netze
Mit dem „MobilHybrid“ bietet MobilHybrid by PV4Life GmbH indes eine Art mobile Batterie, welche abseits der Netze Strom exakt in der nachgefragten Menge liefern und automatisch den sinnvollsten Strommix wählen soll. Das Gerät sei abgas- und feinstaubfrei und kaum hörbar, wie der Hersteller betont. Überall, wo es keinen Netzanschluss gebe, kämen mobile Stromaggregate zum Einsatz, um Strom aus Diesel oder Benzin zu erzeugen. Die Stromaggregate hätten aber neben Lärm und Umweltbelastung den weiteren Nachteil, dass sie dabei sehr unflexibel Strom erzeugen. Gerade bei der Stromversorgung von Baustellen- und Sozialcontainern werde etwa sehr ungleichmäßig Strom benötigt, was dazu führe, dass die restliche Energie des Stromgenerators unnötig verbrannt werde.
Wirtschaftlicher und umweltfreundlicher gehe es mit dem neuen Stromspeicher. Mit einer Dauerleistung von bis zu 4 kW und einer nutzbaren Batteriekapazität von 4,5 kWh versorge der neue MobilHybrid mit seiner innovativen Technik alle elektrischen Verbraucher wie Beleuchtung, PC, Ladegeräte, Heizung, Alarmanlagen sicher und bedarfsgerecht. Dieser vermeide Emissionen, Feinstaub und Lärm durch das systemgesteuerte Abschalten des Aggregats im Teillastbetrieb. Neige sich die Akkuenergie dem Ende zu, starte die intelligente Elektronik des MobilHybrids den Generator. Zusätzlich würden sich bei hohen Lasten die Leistung von Generator und Stromspeicher addieren. Anstatt eines herkömmlichen Dieselaggregats könne der neue MobilHybrid MH4 auch mit Photovol­taik­modulen umweltfreundlich und regenerativ aufgeladen werden. Hierzu wurde dem mobilen Stromversorgungssystem ein PV-Wechselrichter mit max. 4,5 kW PV-Leistung spendiert. Die Photovoltaikmodule könnten dabei flexibel und unauffällig auf das Containerdach gelegt werden und direkt mit dem Stromspeicher verbunden werden. An einem sonnenreichen Tag erzeuge das System bis zu 50 kWh an umweltfreundlichem und kostenfreiem Strom. (TM)
www.mobilhybrid.de
www.ise.fraunhofer.de