Experimentierfreudige WSP

NEW BUSINESS Innovations - NR. 03, MÄRZ 2023
Mit Neodo bietet Iscar doppelseitige, quadratische Wendeschneidplatten mit Wiper-Schneide für verbesserte Oberflächengüten beim ­Schruppen, Vorschlichten und Schlichten. © Iscar

Mit neuen Werkzeuggenerationen eröffnen sich innovative Anwendungsmöglichkeiten in der Hartmetallbearbeitung – und insbesondere beim Planfräsen mit ­Wendeschneidplatten ...

... Iscar hat speziell dafür clevere Lösungen im Portfolio.

Besonders der Trend zur konturnahen Rohteilauslegung, beispielsweise durch 3D-Druck oder andere präzise Fertigungstechnologien, erhöht die Nachfrage nach Fräsern, die immer hochwertigere Oberflächen erzielen. Nicht nur deshalb optimieren Werkzeughersteller ihre Produkte im Hinblick auf eine möglichst hohe Oberflächengüte. Bei der Entwicklung von Wendeschneidplatten(WSP)-Fräsern achten sie stets auf zwei Faktoren: Geometrie und Präzision. Zusammen mit einem passgenauen Plattensitz nehmen diese großen Einfluss auf die Oberflächenqualität beim Fräsen.

Hier sind noch nicht alle Optionen ausgereizt. Zwei Innovationen brachten große Fortschritte bei der Entwicklung von Fräswerkzeugen für hochwertige Oberflächengüten: Den ersten Qualitätssprung gab es durch gesinterte Wendeschneidplatten. Dank dieses pulvermetallurgischen Herstellungsverfahrens lassen sich WSP mit zunehmend komplexen Formen, optimale Schneidengeometrien und höherer Genauigkeit produzieren.

Der zweite wichtige Schritt kam, als Zerspaner den Einsatz von WSP-Fräsern als Alternative zum Schleifen hochfester Werkstoffe entdeckten. Dementsprechend stieg der Bedarf an passenden Werkzeugen, die möglichst glatte Oberflächen erzeugen. Anwender setzten hier in der Regel einen mit WSP bestückten Planfräser ein. Dieser gehört zu den sogenannten Mehrzahnwerkzeugen.

Es gilt: je mehr Zähne, desto höher die Produktivität. Eine hohe Zähnezahl kann sich jedoch negativ auf die Oberflächenbeschaffenheit auswirken. Schon minimale Unterschiede im Planlauf des Werkzeugs belasten die Zähne ungleichmäßig. Das führt zu Schwingungen, wodurch die Oberflächengüte leidet.

Schleifen führt zu Präzision
Viele Werkzeughersteller schleifen deshalb die Schneidkanten ihrer WSP, bis sie besonders scharf und homogen sind. Dieser Prozess erhöht nicht nur die Standzeit des Werkzeugs, er verbessert auch dessen Präzision. Doch selbst das genaueste Schneidwerkzeug bringt keine Vorteile, wenn der Plattensitz am Fräser dieses nicht stabil hält. Maß- und Formtoleranzen sind am Plattensitz oft zu großzügig bemessen. Die WSP stehen dann potenziell mit variabler Länge über, was zu Vibrationen führt. Um diesem Problem zu begegnen, greifen Anwender auf einen Einzahn-Schlichtfräser zurück – einen Fräskopf mit nur einer WSP. Dieser erlaubt einen glatten, sauberen Schnitt und ermöglicht eine sehr gute Oberflächenqualität. 

Balance ist gefragt
Verschiedene Lösungen helfen Herstellern von Schneidwerkzeugen dabei, in diesem Spannungsverhältnis zwischen Oberflächengüte und Produktivität ein Gleichgewicht zu finden. Der Klassiker ist die sogenannte Wiper-Geometrie. Mit der speziell geformten Nebenschneide verbessert sich die Oberflächenqualität deutlich. Sie verbreitert die Kontaktfläche am Werkstück über den Vorschub pro Umdrehung hinaus. Manche Nebenschneiden-Geometrien minimieren zudem den Verschleiß. Iscar bestückt seinen Planfräser der Dove-IQ-Mill-Serie mit doppelseitigen Wiper-Wendeschneidplatten.

Diese erzeugen bereits beim Schruppen und Vorschruppen Oberflächengüten, die Anwender mit anderen Werkzeugen erst beim Vorschlichten oder Schlichten erreichen. Stahl und Gusseisen fräsen die Dove-IQ Mill-Fräser bei einen Mittenrauwert Ra bis 0,4 µm. Bei diesen Werten ist in verschiedenen Einsatzgebieten keine Nachbearbeitung mehr notwendig.

Mehr Platz für große Schneiden 
Wenn Werkzeughersteller die Anzahl der Zähne an Planfräsern erhöhen wollen, um deren Produktivität zu steigern, müssen sie zugleich die Wiper-Schneide verbreitern. Durch den limitierten Platz ist dies jedoch nicht unbegrenzt möglich. Um dennoch mehr Zähne unterzubringen und dabei die erzeugte Oberflächenqualität nicht zu beeinträchtigen, hat Iscar spezielle WSP im Portfolio. Sie sind größer als die Standardplatten, können aber in den vorhandenen Plattensitz am Fräser montiert werden. 

Die Exoten
Fräser, bei denen der Anwender mittels verschiedener Einstellmöglichkeiten den Planlauf feinjustieren kann, schaffen den Spagat zwischen Qualität und Produktivität. Allerdings sorgen sie auch für lange Rüstzeiten. Deshalb verzichten Werkzeuganbieter meist auf diesen Weiterentwicklungsansatz und konzentrieren sich eher auf Präzision und Geometrie ihrer WSP.

Iscar ist da experimentierfreudiger. Bei der Tangfin-Familie sind die Wendeschneidplatten beispielsweise radial und axial um 0,05 Millimeter versetzt montiert. Dadurch schneidet jede WSP nur einen kleinen Ausschnitt – ruhig und vibrationsfrei. Ihr einzigartiges Design sorgt für eine optimale Spanabfuhr sowie einen leichten Schnitt, und das bei einer fünfmal höheren Vorschubgeschwindigkeit.

Für die Arbeit an kleinen, durch Schultern begrenzte Flächen oder auf Drehmaschinen mit angetriebenen Einheiten, entwickelte Iscar spezielle Vollhartmetallfräsköpfe für seine Multi-Master- und T-Face-Serien. Diese sind mit Durchmessern von 12 bis 50 Millimetern erhältlich und vollständig geschliffen. Mit ihrer scharfen Schneide bieten sie eine hohe Präzision bei der Bearbeitung. Außerdem haben sie mehr Zähne als vergleichbare Fräser mit demselben Durchmesser. Diese leistungsstarke Kombination eignet sich unter anderem hervorragend zum Schlichtfräsen. (BS)