Bundesminister Hattmannsdorfer (li.) zu Besuch bei der OMV AG. © BMAW/Holey
Die OMV und die Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) gründen einen über 60 Milliarden US-Dollar schweren globalen Polyolefin-Konzern mit weltweiter Zentrale und Sitz in Wien.
Die OMV und ADNOC haben eine verbindliche Vereinbarung über die Zusammenlegung ihrer Anteile an Borealis und Borouge in einem neuen Unternehmen, der Borouge Group International, unterzeichnet. ADNOC hat außerdem mit der Nova Chemicals Holdings GmbH, einer hundertprozentigen Tochter der Mubadala Investmentgesellschaft, einen Aktienkaufvertrag über 100 Prozent von Nova Chemicals für 13,4 Milliarden US-Dollar Unternehmenswert abgeschlossen.
Vereinbart wurde auch der Erwerb von Nova Chemicals nach Abschluss des Zusammenschlusses. Nova Chemicals ist ein in Nordamerika ansässiger Polyolefin-Produzent und führend bei hochwertigen Verpackungslösungen und proprietären Technologien. Durch die Übernahme von Nova Chemicals will der neue Konzern seine Präsenz auf dem amerikanischen Kontinent weiter stärken und die Position bei kostengünstigen Rohstoffen ausbauen. Durch den Zusammenschluss dieser drei Unternehmen entsteht der weltweit viertgrößte Polyolefin-Produzent, der zu gleichen Anteilen von OMV und ADNOC gehalten wird.
Dazu Alfred Stern, Vorstandsvorsitzender und CEO der OMV: „Diese wegweisenden Transaktionen stellen einen bedeutenden Schritt für die OMV dar. Sie beschleunigen die Wachstumsstrategie in unserem Chemicals-Segment und unterstützen die Entwicklung der OMV zu einem führenden integrierten Unternehmen für nachhaltige Chemikalien, Kraftstoffe und Energie. Mit ADNOC verbindet uns eine 25-jährige strategische Partnerschaft und gemeinsam schaffen wir einen weltweit führenden Polyolefin-Produzenten. Durch den Zugang zu den größten Märkten mit Kostenvorteilen ist Borouge Group International exzellent positioniert, um eine Wertsteigerung zu erreichen. Wir wollen die Absatzvolumina innovativer Polyolefin-Premiumprodukte substanziell steigern und eine führende Position bei nachhaltigen und kreislauforientierten Lösungen einnehmen. OMV und ADNOC bauen auf einem vielseitigen und zukunftssicheren Produktportfolio auf und werden bedeutende organische Wachstumschancen verfolgen. Vor allem aber sichern die heutigen Vereinbarungen erhebliche Synergien und eine langfristige nachhaltige Wertschöpfung für die Aktionär:innen der OMV. ADNOC und OMV haben bereits unter Beweis gestellt, dass sie gemeinsam stärker sind. Wir sind davon überzeugt, dass wir auf unserem gemeinsamen Weg einen überdurchschnittlichen Wert für unsere Aktionär:innen schaffen.“
Sultan Ahmed Al Jaber, Managing Director und Group CEO von ADNOC, erklärt: „Diese Transaktionen haben transformativen Charakter und markieren einen bedeutenden Meilenstein in der globalen Chemiestrategie von ADNOC, während wir unser internationales Wachstum voranbringen. Aufbauend auf unserer 25-jährigen strategischen Partnerschaft mit der OMV schaffen wir einen neuen Branchenriesen mit einem Portfolio hochwertiger Produkte, modernster Technologien und globaler Marktpräsenz. Die bahnbrechende Kombination von Borouge und Borealis sowie die Übernahme von Nova Chemicals verankert die Zukunftsfähigkeit von ADNOC und festigt den Führungsanspruch Abu Dhabis im globalen Chemiesektor. Unser Ziel ist es, die weltweit wachsende Nachfrage nach Chemikalien und verwandten Produkten zu bedienen und gleichzeitig Wertschöpfung und Wachstumschancen für unsere Aktionäre voranzutreiben.“
Transaktionen für Wachstum und Wertschöpfung
Gemäß den Transaktionsbedingungen werden Borealis und Borouge zusammengelegt, wobei OMV Barmittel in Höhe von 1,6 Milliarden Euro – abzüglich Dividendenzahlungen bis Transaktionsabschluss – in Borouge Group International einbringt, um die Anteile auszugleichen.
Die Transaktion von Nova Chemicals wird durch Akquisitionsverbindlichkeiten finanziert, die am Kapitalmarkt refinanziert werden sollen. Die Bewertung impliziert einen Unternehmenswert zu einem EBITDA-Vielfachen von rund 7,5. Dies basiert auf einem erwarteten EBITDA von 1,8 Milliarden US-Dollar über den durchschnittlichen Zyklus.
Borouge 4, das Ethylen- und Polyethylen-Erweiterungsprojekt der Borouge-Produktionsstätte in den Vereinigten Arabischen Emiraten, soll außerhalb der Borouge Group International weiterentwickelt werden. Der Plan ist, das Projekt Ende 2026 nach Inbetriebnahme für schätzungsweise 7,5 Milliarden US-Dollar von OMV (30 Prozent Anteil) und ADNOC (70 Prozent Anteil) an Borouge Group International zuzuführen.
Ideale Positionierung bei weltweitem Nachfragewachstum
Experten zufolge wird die globale Nachfrage nach Polyolefinen zwischen 2024 und 2035 mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 3,7 Prozent steigen. Dies ist bedingt durch steigende Nachfrage in Wachstumsregionen und Megatrends wie Bevölkerungswachstum, steigende Nachfrage nach Gesundheits- und Hygieneprodukten sowie Materialien für die Energiewende, Lebensmittelverschwendung und -knappheit sowie Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen.
Auf Proforma-Basis hätte der Konzern zwischen 2020 und 2024 ein durchschnittliches EBITDA von 4,5 Milliarden US-Dollar und eine EBITDA-Marge von 26 Prozent erzielt. Über den durchschnittlichen Zyklus hinweg wird das EBITA voraussichtlich auf mehr als 7 Milliarden US-Dollar pro Jahr steigen, mit bedeutenden Beiträgen aus bestehenden Wachstumsprojekten und der Nutzung von Synergien.
Das Unternehmen vereint drei höchst komplementäre regionale Marktführer mit mehr als 11.000 Mitarbeitern, einer Pro-forma-Polyolefin-Kapazität von 12,2 Millionen Tonnen jährlich und einer Olefinkapazität von 11,4 Millionen Tonnen pro Jahr. Die Borouge Group International soll geografisch ausgewogen aufgestellt sein, mit etablierten Führungspositionen in wichtigen Märkten und Zugang zu attraktiven und wachstumsstarken Regionen, darunter Amerika, Europa, Asien und der Nahe Osten.
Rot-weiß-roter Sensationsdeal: Starkes Signal für den Wirtschaftsstandort
Nach der Verkündung des historischen Deals tauschten sich Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer, ÖBAG-Chefin Edith Hlawati und OMV-CEO Alfred Stern über den weiteren Fahrplan aus. „Der neue rot-weiß-rote Sensationsdeal ist ein starkes Signal für den Wirtschaftsstandort. Durch eine der größten Transaktionen in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte entsteht ein Weltmarktführer im Bereich Chemie mit Hauptsitz in Wien.
„Dieser Zusammenschluss bringt Vertrauen in den Standort zurück, sichert Arbeitsplätze und stärkt unsere Wettbewerbsfähigkeit. Sie beweist: Die OMV, das größte heimische Industrieunternehmen, und somit Österreich kann international mithalten, wenn wir konsequent auf wirtschaftliche Stärke und globale Vernetzung setzen. Ich gratuliere dem OMV-Vorstandsteam zu dieser großartigen Transaktion. Ein großer Verhandlungserfolg für unser Land“, so Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer.
„Die wirtschaftliche Lage in Österreich ist herausfordernd. Wir befinden uns das dritte Jahr in Folge in einer Rezession, Betriebe kämpfen mit hohen Kosten, und die Wettbewerbsfähigkeit ist unter Druck. Wir brauchen Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Österreich – diese sind Garant für Wohlstand und Beschäftigung. Gerade in Zeiten wie diesen müssen wir daher umso klüger agieren. Unsere Staatsbeteiligungen sind nicht nur Vermögenswerte, sondern ein entscheidendes Werkzeug zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts. Die ÖBAG soll weiterhin gezielt eingesetzt werden, um Österreich als starken Wirtschaftsstandort zu positionieren. Wir müssen die schleichende De-Industrialisierung stoppen und die Re-Industrialisierung starten, dafür müssen wir auch unsere Staatsbeteiligungen als Visitenkarten für den Standort nutzen.“
Vorbehaltlich der noch ausstehenden behördlichen Genehmigungen wird eine wesentliche Visitenkarte für diesen Standort die neue Borouge Group International sein. Durch eine der größten Transaktionen in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte entsteht ein Weltmarktführer im Bereich Polyolefine/Chemie. Damit entsteht ein Weltkonzern mit Marktpräsenz in Nordamerika, Kanada, Europa, Asien und Afrika. Der Hauptsitz der neuen Gesellschaft wird in Wien sein, und der Vorstand wird im Einvernehmen von OMV und ADNOC bestellt. Damit ist klar, der Standort Österreich bleibt auch weiter attraktiv. Dies wird auch mit dem angestrebten Doppellisting des Unternehmens an der Wiener Börse unterstrichen.
„Für uns als ÖBAG waren in den Verhandlungen nicht nur die von Minister Hattmannsdorfer angesprochenen Punkte, die wir als ‚Österreich-Paket‘ bezeichnen, wichtig, sondern auch die langfristige Perspektive“, so Edith Hlawati, Vorständin der ÖBAG. „Dies ist wahrscheinlich die wichtigste unternehmenspolitische Entscheidung in der Geschichte der OMV sowie für die Umsetzung ihrer Strategie.“
OMV-CEO Alfred Stern kommentiert: „Wir bringen nicht nur ein beispielloses, 60 Milliarden Dollar großes Unternehmen von Weltrang nach Österreich, sondern setzen einen wichtigen Impuls für den heimischen Wirtschaftsstandort. Borouge Group International wird das weltweit viertgrößte Unternehmen für Polyolefine sein. Es zeichnet sich durch die komplementären Stärken der beteiligten Unternehmen aus. Dabei sind insbesondere die Innovationskompetenz und das bewährte technologische Know-how von Borealis und der OMV-Gruppe von ausschlaggebender Bedeutung. Das ist ein Grund zur Freude für unsere Belegschaft, Kunden und Aktionäre. All dies zeigt, dass OMV nun ein Unternehmen in der Weltliga ist, weil wir es können.“ (BO)