Klimaschädliche Steuerzuckerl im Ausmaß von mehr als 5 Mrd. Euro werden in Österreich alljährlich verteilt, vornehmlich im Verkehrsbereich. Von den "fehlgeleiteten Milliarden" in Form von Förderungen und Subventionen berichtet "Der Standard" (Montagsausgabe) unter Berufung auf eine als "vorläufiger Endbericht" gekennzeichnete Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo. Die tatsächliche Summe dürfte höher sein, denn vielerorts fehlten die Daten, heißt es in dem Bericht.
Mit "Milliarden für das Falsche" gefördert würden vor allem Autofahrer, Bauern und Konzerne - vieles davon sei schlecht für Klima und Umwelt. Die genaue Summe gilt als "gut gehütetes Geheimnis". Entsprechende Erhebungen hätten die Regierungen bereits wiederholt in Aussicht gestellt - zuerst Türkis-Blau, dann Türkis-Grün. Zuletzt war das Wifo 2016 mit einer solchen Datenerhebung beauftragt worden. Damals war von einer Summe von 3,8 bis 4,7 Mrd. Euro die Rede. In der aktuellen Erhebung werde kein Gesamtvolumen genannt, es würden nur Teilsummen erwähnt. Für eine exakte Quantifizierung sei die Datenlage zu dünn, so "Der Standard".
Besonders hoch seien die Subventionen und Förderungen im Verkehrssektor - ein Löwenanteil entfalle dabei auf das Dieselprivileg. Je nach Berechnungsvariante mache die steuerliche Begünstigung von Diesel gegenüber Benzin ein Subventionsvolumen zwischen 540 Mio. und 1,1 Mrd. Euro pro Jahr aus. Eine signifikante Anhebung des Steuersatzes auf Diesel hätte aus Sicht der Wirtschaftsforscher das Potenzial, die Verkehrsemission "substanziell zu senken", schreibt die Zeitung.
Ein ebenfalls großer Brocken sei die Pendlerförderung. Der daraus entstehende Steuerentgang belaufe sich auf knapp 480 Mio. Euro pro Jahr.
Als klimaschädlichen Anreiz orten die Autoren weiters Steuerbefreiungen für bestimmte Fahrzeuge - wie zum Beispiel von der Kfz- oder der motorbezogenen Versicherungssteuer, so "Der Standard". In den Genuss kommen beispielsweise Taxis, Mietwagen oder landwirtschaftliche Fahrzeuge. Die Mindereinnahmen für den Staat beliefen sich hier jährlich auf bis zu 130 Mio. Euro.
Als Förderzuckerln im Energiebereich, die "kontraproduktiv für die Umwelt" gelten, wird das Herstellerprivileg genannt - die Steuerbefreiung von fossilen Energieträgern und Elektrizität, die Unternehmen zur Erzeugung und Bereitstellung von Energie für Endverbraucher benötigen. Das Gesamtvolumen wird hier mit rund 720 Mio. Euro beziffert, mit einem Steuerentgang von schätzungsweise 31 Mio. Euro bei Erdöl und 114 Mio. Euro bei Kohle.
Im Bereich der Landwirtschaft ist die Studie der Zeitung zufolge weniger konkret: Allgemeine Subventionen und Förderungen im Agrarsektor seien gelistet - bei einigen Punkten, wie etwa der Steuervergütung von Agrardiesel, fehlten aber schlichtweg die Daten. Der Sektor sei daher bei der eingehenden Berechnung zur Gesamtsumme ausgespart worden.
Zusammenfassend kritisiert das Wifo: "Solche Subventionen konterkarieren Klimaschutzbemühungen, widersprechen dem Verursacherprinzip und verstärken Marktverzerrungen und den Carbon-Lock-in." Die Studienautoren empfehlen eine Reform der Subventionen als wichtige klimapolitische Maßnahme. Denn: "Derartige Subventionen behindern eine klimakompatible Energiewende und Umstellung der Ressourcen." Subventionen fossiler Energieträger stellten "ein wesentliches Hindernis" zur notwendigen energiepolitischen Transformation dar.
Die aktuelle Krisensituation verlängerte die fragwürdige Förderliste: Angesichts der stark gestiegenen Energiepreise hat die Regierung eine Reihe an Entlastungsmaßnahmen implementiert - ein Teil davon ist aus Sicht der Wirtschaftsforscher klimakontraproduktiv, so etwa die Erhöhung der Pendlerpauschale und des Pendlereuro, die Senkung der Elektrizitäts- und Erdgasabgabe sowie die Treibstoffrückvergütung.
Der vorläufige Bericht wurde dem Zeitungsbericht zufolge an Finanz- und Landwirtschaftsministerium sowie an die Bundesländer zu Prüfung und Ergänzung übermittelt, hieß es unter Berufung auf Angaben des Klimaschutzministeriums, das das Wifo mit der Erhebung beauftragt hatte. Im Ministerium spricht man von einer "Teilstudie" - folglich werden möglicherweise noch weitere Bereiche analysiert. Sobald die Arbeit abgeschlossen ist, soll der Bericht dem Parlament vorgelegt werden.
Der Mobilitätsklub VCÖ forderte am Montag in Reaktion auf den Zeitungsartikel einmal mehr eine rasche Reform der Pendlerpauschale und der Dienstwagenbesteuerung sowie - auf EU-Ebene - die Abschaffung der Mineralölsteuerbefreiung des Flugtreibstoffs Kerosin. Bei der Pendlerpauschale fehle schlichtweg der Anreiz, klimaverträgliche Verkehrsmittel zu nutzen. VCÖ-Experte Michael Schwedinger verlangte "rasche Konsequenzen aus der aktuellen Wifo-Studie.
(APA)