Detailansicht Amazon-Stanodrt in Großebersdorf © APA - Austria Presse Agentur

Die EU-Kommission muss im seit Jahren andauernden Streit mit dem Online-Handelsriesen Amazon um dessen Besteuerung in Luxemburg mit einer weiteren Niederlage vor Gericht rechnen. Die EU-Generalanwältin Juliane Kokott empfahl dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag, die Forderungen der Brüsseler Behörde nach Steuernachzahlungen für unzulässig zu erklären. Die Kommission habe bei ihrer Entscheidung im Jahr 2017 das falsche Rechtssystem zugrunde gelegt.

Damals hatte die Behörde sogenannte Steuervorbescheide, die Luxemburg Amazon ausgestellt hatte, als unzulässige Beihilfe gewertet und Steuernachzahlungen für die Jahre 2006 bis 2014 in Höhe von 250 Millionen Euro gefordert. Das erstinstanzliche Gericht der Europäischen Union (EuG) erklärte diese Entscheidung im Mai 2021 für nichtig: Die Kommission habe die Vorwürfe nicht nachweisen können.

Brüssel legte dagegen Berufung ein - und dürfte damit zumindest nach Auffassung der Generalanwältin erneut scheitern. Kokott kritisierte in ihren Schlussanträgen, dass die Kommission sich bei der Feststellung des steuerlichen Vorteils auf Leitlinien der OECD berufen hatte. Richtig wäre gewesen, das luxemburgische nationale Recht zugrunde zu legen. Das EuG habe den Beschluss daher zu Recht für nichtig erklärt, wenn auch aus anderen Gründen.

Die Schlussanträge der Generalanwältin sind kein Urteil. Erfahrungsgemäß orientieren sich die Richterinnen und Richter in Luxemburg aber oft daran. Ein Termin für die Urteilsverkündung wurde noch nicht veröffentlicht.

Luxemburg wird seit Jahren vorgeworfen, internationale Konzerne durch begünstigende Steuervereinbarungen an sich zu binden. In sogenannten Steuervorbescheiden gibt das Land den Konzernen Zusagen über die steuerliche Bewertung bestimmter Sachverhalte, etwa ins Ausland abfließender Lizenzgebühren. Im sogenannten LuxLeaks-Skandal hatten Whistleblower Ende 2014 zahlreiche solcher Steuervorbescheide veröffentlicht.

Die EU-Kommission hatte daraufhin angekündigt, sich stärker mit dem Thema zu befassen, um einen fairen Steuerwettbewerb der Mitgliedstaaten sicherzustellen. Luxemburg wies die Vorwürfe stets zurück und betonte, andere Staaten - darunter Deutschland - gingen ähnlich vor.