Söder für höhere Lkw-Maut am Brenner © APA - Austria Presse Agentur

Um den Lkw-Verkehr über den Brenner einzudämmen und den Lkw-Dauerstreit mit Tirol zu befrieden, schlägt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) höhere Mautgebühren vor. Ein Problem auf der Brenner-Route seien die "relativ niedrigen Mautgebühren", heißt es in einem Brief Söders an den neuen deutschen Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sah auf APA-Anfrage einen "Schritt in die richtige Richtung".

Die relativ niedrigen Mautgebühren würden laut Söder dazu führen, "dass Lkw-Fahrer aus den Niederlanden und dem Westen Deutschlands statt der deutlich kürzeren Gotthard-Route einen langen Umweg über den Brenner wählen und damit nicht nur den Alpenpass selbst, sondern auch die ohnehin stark belasteten Autobahnen in Bayern zusätzlich beanspruchen." Das Schreiben liegt der dpa vor. Söder argumentiert, künftig seien auf stark belasteten Strecken bis zu 50 Prozent Maut-Aufschlag EU-rechtlich möglich. "Die vom Rat der EU kürzlich gebilligte Entwurfsfassung der neuen Eurovignetten-Richtlinie sieht die Möglichkeit vor, bei der Festsetzung von Mautgebühren auf stark belasteten Straßenabschnitten höhere Aufschläge von bis zu 50 Prozent sowie eine Differenzierung nach CO2-Emissionen vorzunehmen", schreibt Söder und verlangt: "Die Bundesregierung muss hier sowohl die eigenen Möglichkeiten ausschöpfen als auch Österreich dabei unterstützen, die Mautsätze in einem verhältnismäßigen Rahmen so anzupassen, dass der bisherige weiträumige Ausweichverkehr auf der Brenner-Route vermieden wird."

Söder stieß mit seinem Vorstoß jedenfalls erwartungsgemäß auf Wohlwollen bei Tirols Landeshauptmann Platter. Und für diesen kam der Vorschlag des Ministerpräsidenten offenbar auch nicht überraschend. Er befinde sich mit Söder "seit einigen Wochen" in einem vertraulichen Austausch, "den wir bewusst ohne mediale Begleitung geführt haben", ließ Platter wissen. "Söder hat sich in den vergangenen Wochen mir gegenüber bereits dahingehend geäußert, einen Schritt in Richtung einer höheren Lkw-Maut gehen zu wollen und hierzu mit der Bundesregierung in Deutschland Gespräche führen zu wollen", erklärte der Landeschef. Beide seien sich der Problematik der Situation bewusst. Nur durch eine höhere Maut am gesamten Korridor könne die Situation für Bayern, Tirol, Südtirol und das Trentino entschärft werden. "Wichtig ist, dass die neue deutsche Bundesregierung die Signale Bayerns erkennt und eine Trendumkehr für eine Verlagerung des Gütertransportes auf die Schiene umsetzt", hoffte Platter nun, dass Söder auch Gehör in Berlin findet.

Der bayerische Ministerpräsident hatt zudem argumentiert, dass "neben der Vermeidung führt auch die Verlagerung von Lkw-Verkehr auf die Schiene zu einer Verbesserung der Stausituation am Brenner." Voraussetzung sei "eine ausreichend leistungsfähige Kapazität der Schieneninfrastruktur".

Deshalb fordert Söder in dem Schreiben an Wissing auch mehr Tempo beim Planen des sogenannten Brenner-Nordzulaufs. Die Schienen-Trasse südlich von München müsse "weitgehend unterirdisch" verlaufen. Ziel sei "maximale Anwohnerfreundlichkeit, das heißt Lärm- und Landschaftsschutz". In den betreffenden Landkreisen gibt es erhebliche Widerstände gegen die bisherigen Trassenplanungen.

Zwischen Bayern und dem benachbarten Tirol gibt es seit langem Streit um die Tiroler Lkw-Blockabfertigung: Tirol lässt an bestimmten Tagen nur eine bestimmte Zahl von Lkw pro Stunde die Grenze bei Kufstein passieren, um die Belastung der verkehrsreichen Inntalautobahn zu verringern. Dies führt auf deutscher Seite regelmäßig zu langen Staus. An diesem Vorgehen gibt es bereits seit Jahren Kritik aus Deutschland, vor allem aus Bayern. Die Tiroler Blockabfertigung ist nach Auffassung Bayerns allenfalls in schweren Notfallsituationen zulässig, um einen Verkehrskollaps zu vermeiden. Die derzeitige Tiroler Praxis gehe allerdings weit darüber hinaus.

Bayern und die CSU halten deshalb notfalls eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für unvermeidbar - auch Söder dringt darauf. "Obwohl die EU-Generaldirektionen Binnenmarkt, Verkehr und Umwelt ernste Zweifel an der EU-Rechtmäßigkeit der Maßnahmen Tirols geäußert haben, wurde bislang kein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof eingeleitet", heißt es dazu in Söders Brief an Wissing. Er fordert: "Sowohl die EU-Kommission als auch die Bundesregierung sind hier gefordert, nunmehr endlich zu handeln."

Diese politische Absicht stieß bisher auf Unverständnis in Tirol - und das hat sich auch nicht geändert. "Klagen bringen uns nicht weiter", stellte Platter am Freitag klar.

Laut Söder besteht zwischen Tirol und Bayern gleichwohl "ein gemeinsames Verständnis, dass von allen Beteiligten Anstrengungen zu unternehmen sind, um die Situation am Brenner zu verbessern". In dem Zusammenhang steht auch seine Forderung in Sachen Maut: Es müsse "dem Ausweichen auf die Brenner-Route entgegengewirkt und mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert werden", betont der bayerische Ministerpräsident.