Für niedrigere Preise sind laut BWB-Chefin mehrere Maßnahmen nötig © APA - Austria Presse Agentur

Die stark gestiegenen Lebensmittelpreise sorgen für Zündstoff. Das Sozialministerium hat die marktdominierenden Supermarktketten Spar, Billa, Hofer und Lidl dieser Tage wegen angeblich irreführender Rabattwerbung geklagt. Ziel ist eine klare Preisauszeichnung. Transparenzmaßnahmen könnten bis zu 4 Prozent geringere Preise bewirken, sagte die Chefin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Natalie Harsdorf, am Montag im Ö1-"Morgenjournal" des ORF-Radios.

"Es gibt nicht diesen einen Hebel, den ich umlege, und dann senken sich die Preise, sondern ich muss eben viele Maßnahmen treffen, um die Situation zu verbessern", so die BWB-Generaldirektorin. Transparenzmaßnahmen wie zum Beispiel bessere Preisvergleiche könnten bis zu 4 Prozent geringere Preise bewirken, sagte Harsdorf unter Verweis auf internationale Studien. Zusätzlich müsse man sich aber auch noch andere wettbewerbliche Themen wie die großen Unterschiede im EU-Binnenmarkt bei den Einkaufspreisen ansehen. Auch die Energiepreise insgesamt spielten eine große Rolle in der gesamten Wertschöpfungskette und erhöhten letztlich die Kosten. Aus Sicht der Wettbewerbsbehörde gehe es hier einmal darum, sich die grundsätzliche Marktstruktur anzusehen. Die Energieversorger sind hierzulande stark miteinander verflochten. "Das ist jedenfalls kein Anreiz sich Wettbewerb zu machen."

Preisvergleichsplattformen ohne klaren rechtlichen Rahmen

Für Preisvergleichsplattformen brauche es "einen klaren rechtlichen Rahmen". Privatinitiativen wüssten oft gar nicht, wie man sich die Preise überhaupt holen darf, merkte Harsdorf an. Die Supermärkte hätten vielleicht zum Teil auch nicht diese Echtzeitpreise. "Natürlich bräuchte man dann auch Garantien, damit Qualität und Regionalität entsprechend abgebildet werde n kann von diesen privaten Initiativen." Auf Konsumentenseite sei der Wille für so eine Vergleichsplattform vorhanden. "Weniger bürokratisch wird es vielleicht nicht." Weiters müssten die Supermarktketten dann gewissermaßen eine Schnittstelle zu ihren IT-Systemen aufmachen, damit diese Vergleichsplattformen in Echtzeit zugreifen könnten.

Vorschläge zur Stärkung des Wettbewerbs bei den Supermarktketten gab es seitens der BWB bereits vor zwei Jahren. "Wir haben erhebliche Schwachstellen auch im Wettbewerb festgestellt", so Harsdorf. Die Behörde habe eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen, um die Verbraucherinnen und Verbraucher zu stärken - darunter auch die Erhöhung der Transparenz. Einer Befragung zufolge wünschten sich die Konsumentinnen und Konsumenten eigentlich weniger Aktionen, sondern mehr Dauertiefpreise, "aber das ist natürlich nur ein Baustein der Transparenz", sagte die BWB-Chefin.

Territoriale Lieferbeschränkungen

Weiters spielten auch die sogenannten territorialen Lieferbeschränkungen in der EU eine Rolle bei den Preisen. Ein österreichischer Händler könne seine Ware vom Konzern "X" nicht billiger - beispielsweise in Deutschland - kaufen, sondern müsse teurer in Österreich kaufen. Ohne diese Beschränkungen, die vor allem die kleinen Mitgliedstaaten wie Österreich, Kroatien, die Slowakei, Tschechien und Luxemburg treffen würden, könnten Lebensmittel in Österreich im Schnitt um 8 Prozent billiger werden, so Harsdorf. Dazu gebe es Studien. "Ich sehe da wirklich einen Unterschied, ob ich in einem kleinen oder einem größeren Mitgliedstaat lebe - und das kann es eigentlich nicht sein." Es sei wichtig, das auf EU-Ebene anzugehen, damit es keinen Standortnachteil für einen einzelnen Staat gebe.

Der Handelsobmann in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Rainer Trefelik, weist die Vorwürfe des Sozialministeriums an die Lebensmittelkonzerne, ihre Kundinnen und Kunden bei Rabatten in die Irre zu führen, zurück. Grundsätzlich herrsche in Supermärkten "hohe Transparenz", hatte er am Freitag im Ö1-"Morgenjournal" unter Verweis auf wöchentlich aufliegende Flugblätter und Vergleichsmöglichkeiten betont. Die Politik versuche, der Lebensmittelbranche die hohe Teuerung in die Schuhe zu schieben, kritisierte er.

Handelsverband wehrt sich

Den Lebensmittelhandel für zu Unrecht angegriffen hält auch der Geschäftsführer des Handelsverbands, Rainer Will. "Der Vorwurf, der Lebensmittelhandel bereichere sich im Zuge der Inflation, ist komplett aus der Luft gegriffen", hielt Will am Montag in einer Stellungnahme gegenüber der APA fest. Die Gewinnmargen im Lebensmitteleinzelhandel gingen aktuell in Richtung 0,5 Prozent, zahlreiche selbstständige Händler seien in den roten Zahlen - es gebe daher keine sachliche Rechtfertigung dafür, den Handel als Branche zu stigmatisieren. Staatliche Maßnahmen wie Preisvergleichsrechner oder eine Preiskommission würden lediglich den bestehenden Bürokratiedschungel noch verdichten und die Kosten erhöhen.

"Unsere österreichischen Händler müssen in der Beschaffung zurzeit je nach Produkt um bis zu 60 Prozent höhere Beschaffungspreise bezahlen als deutsche Händler", kritisierte Will mit Blick auf die territorialen Lieferbeschränkungen. "Dieser Österreich-Aufschlag ist ein reines Körberlgeld der multinationalen Markenartikelindustrie." In den vergangenen Jahren hätten die EU-Behörden immer wieder mit Strafen gegen entsprechende Verstöße reagiert. Der potenzielle Schaden für die europäischen Konsumentinnen und Konsumenten liege bei rund 19 Mrd. Euro jährlich. "Daher fordern wir ein sofortiges Verbot territorialer Lieferbeschränkungen auf EU-Ebene - das würde die Endkundenpreise in den betroffenen Ländern auf einen Schlag im Schnitt um 7,6 Prozent senken."