Der Rechnungshof hat das Coronahilfsinstrument Härtefallfonds geprüft © APA - Austria Presse Agentur

Der Rechnungshof (RH) hat das Coronahilfsinstrument Härtefallfonds geprüft: Die Unterstützung von Ein-Personen-Unternehmen und Familienbetrieben sei zwar branchenmäßig breit verteilt und rasch ausbezahlt worden, bei der Konzeption der Förderung habe es aber vielfältige Probleme gegeben. Das Berechnungsmodell sei komplex sowie schwer verständlich gewesen und die Förderrichtlinien hätten sich mehrfach geändert, geht aus dem am Freitag veröffentlichten Bericht hervor.

Innerhalb von sieben Wochen traten für Phase 2 (ab Mitte April 2020) drei verschiedene Versionen der Förderrichtlinie in Kraft. Die Antragstellerinnen und Antragsteller sowie die mit der Abwicklung betraute Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) mussten sich daher in kurzer Zeit mit mehreren Versionen der Richtlinie befassen, die jeweils wesentliche Änderungen in den Fördervoraussetzungen brachten. Fördervoraussetzungen sollten "lückenlos im Einklang mit den gesetzlichen Grundlagen" festgelegt werden. Bei der Formulierung von Förderrichtlinien empfehlen die Prüfer "eine klare und konsistente Beschreibung des Förderziels bzw. der grundsätzlichen Funktionsweise der Förderung" und eine Abstimmung zwischen allen damit befassten Stellen. Richtlinien müssten so gestaltet werden, dass es bei der Höhe zwischen den Fördernehmern zu keiner Ungleichbehandlung komme.

Der Rechnungshof kritisiert, dass das Finanzministerium und das Wirtschaftsministerium den Abwicklungs- und Kontrollaufwand nicht abgeschätzt hätten. Denn auch die unentgeltliche Abwicklung der Förderanträge durch die WKÖ würde die beiden Ministerien nicht von einer Kostenabschätzung zur Wahrung der Wirtschaftlichkeit entbinden.

Als weiteren Kritikpunkt beim Thema Förderrichtlinien nennt der Rechnungshof den zu Beginn der Phase 2 nicht festgelegten Mindestförderbetrag und damit auch sehr geringe Auszahlungsbeträge. Bereits ausbezahlte Förderungen aus der Phase 1 wurden in der Phase 2 gegengerechnet und dadurch sei es bis Ende April 2020 auch zu geringen Auszahlungsbeträgen - deutlich unter 100 Euro - gekommen. Der RH empfiehlt daher mit Verweis auf den damit verbundenen Aufwand bei der Abwicklung, der gebotenen Transparenz sowie Rechtssicherheit "mehrfache Änderungen von Förderrichtlinien in dichter zeitlicher Abfolge und deren rückwirkende Anwendung möglichst zu vermeiden".

Neben den Problemen bei den Förderrichtlinien ortet der RH eine "komplexe und schwer verständliche" Berechnung der Förderhöhe. In der Phase zwei gab es ein Modell zum Ausgleich des individuellen wirtschaftlichen Schadens durch den Verdienstentfall von Unternehmen. Für die Antragsteller erhöhten sich die Anforderungen und Vorarbeiten zum Ausfüllen des Online-Antragsformulars erheblich. Außerdem fordert der RH eine "verbesserungswürdige Nutzerfreundlichkeit", denn bereits eingetragene Daten konnten nicht zwischengespeichert werden und der Zugang zum Online-Antragsformular war zeitlich beschränkt. Als weitere Alternative zur Identifizierung bei der Antragstellung mittels Lichtbildausweis solle auch die Handy-Signatur in Erwägung gezogen werden. Die WKÖ müsse die Förderwerber informieren, welche personenbezogenen Daten verarbeitet werden.

Insgesamt stellten 209.000 Fördernehmer rund 805.000 Förderanträge. An sie wurden im RH-Prüfungszeitraum März bis Dezember 2020 insgesamt rund 895,91 Mio. Euro an Härtefallfondsförderung ausbezahlt. In Phase 1 (März bis Mitte April 2020) wurden zwei Prozent der Anträge abgelehnt. In Phase 2 - mit Stichtag 31. Dezember 2020 - lag die Ablehnungsquote bei 14 Prozent. Die durchschnittliche Erledigungsdauer der Phase 1 lag bei knapp einem Tag. In der Phase 2 zahlte die WKÖ zum 31. Dezember 2020 die Förderung an 95 Prozent der Fördernehmer innerhalb von 19 Tagen nach ihrer Antragstellung aus.

Rund 72 Prozent der Förderungen gingen an Unternehmer der Branchen Gewerbe und Handwerk, Tourismus/Gastronomie, Sonstige, Soziales/Gesundheit/Pflege sowie Handel. Darüber hinaus gab es Unterstützung für Firmen aus weiteren Branchen, etwa Consulting, Freizeit und Sport sowie Transport. Der Härtefallfonds wurde für Unternehmen konzipiert, die weder von Garantien noch von Kurzarbeit begünstigt waren. Es sollten damit die Kosten des Lebensunterhalts der Unternehmer abgefedert werden und damit hat der Härtefallfonds im Gegensatz zu einer Wirtschaftsförderung, die ein bestimmtes wirtschaftspolitisch erwünschtes Verhalten fördern soll, eine deutliche soziale Zielsetzung.

Die Mittel für den Härtefallfonds stammen aus dem vom Finanzministerium verwalteten COVID-19-Krisenbewältigungsfonds. Das Wirtschaftsministerium ist für die operative Umsetzung des Härtefallfonds zuständig, die WKÖ wurde mit der - unentgeltlichen - Abwicklung der Förderanträge betraut. Der Rechnungshof empfiehlt, bei Neueinführung von ressortübergreifenden Förderinstrumenten "die Zuständigkeiten der mit der Konzeption und Umsetzung befassten Ministerien hinsichtlich der fachlichen Expertise kritisch" zu beurteilen und eventuell weitere Experten, etwa aus dem Bereich Arbeitsmarkt, einzubeziehen. Personelle Engpässe gelte es durch Vertretungsregelungen zu vermeiden. Nach Abschluss des Coronahilfsinstrumentes sollte es eine interne Evaluation geben und daraus gewonnen Ergebnisse sollten etwa als Notfallplan für zukünftige ähnliche Anforderungen festgelegt werden. Weiters sollte in Zusammenarbeit mit der WKÖ die Zufriedenheit der Förderwerber erhoben und beurteilt werden.

Von WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf hieß es am Freitag in einer Aussendung, dass die Empfehlungen des Rechnungshofes dort, wo sie die Wirtschaftskammer betreffen, geprüft und teils schon umgesetzt oder eingeplant seien. Auf APA-Nachfrage zur Umsetzung hieß es, dass für die Freigabe von Förderanträgen das 4-Augen-Prinzip gelte und jeder Antrag ein mehrstufiges Prüfsystem durchlaufe. Die Kritik des Rechnungshofs, dass Anträge nicht mit Handysignatur gestellt werden können, sei inzwischen hinfällig. Für die Phase 3 sei seit 2. August 2021 die Handysignatur sogar zwingend erforderlich. Zudem seien auf Hinweis des RH im Antragsformular kleinere Präzisierungen und Anpassungen technischer Natur umgesetzt worden. Die Umsetzung durch die WKÖ sei laut RH "trotz des enormen Zeitdrucks strukturiert, unbürokratisch und rasch erfolgt".

Die NEOS fühlten sich am Freitag in einer Aussendung durch den RH in ihrer Kritik an der "Unübersichtlichkeit und Intransparenz der Coronahilfen" bestätigt. "Der Rechnungshofbericht zeigt eindeutig die Probleme auf, die NEOS von Anfang an beim Modell des Härtefallfonds kritisiert haben", sagte Wirtschaftssprecher Gerald Loacker. "Reagiert haben Blümel und Co aber nie." Es habe zu viele Fördertöpfe gegeben, sodass keiner mehr den Überblick gehabt habe. "Trotz hunderter Pressekonferenzen und insgesamt 68 Hilfstöpfen kamen viele der Hilfsgelder nicht an, Betriebe standen und stehen vor dem Ende. Es gab keine zentrale Koordination oder gar die Berücksichtigung von Feedback, nur Inszenierung."

Auch die Auslagerung der Bearbeitung an die Wirtschaftskammer war, laut Loacker, "ein einziger Freundschaftsdienst für die WKÖ, obwohl die Finanzämter hier die Expertise hätten." Die Bundesregierung müsse ein Instrument einführen, "das rasch, unbürokratisch und effizient Abhilfe leisten kann." Die Neos schlagen eine Verlustkompensation vor.

SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter schloss sich den Kritikpunkten des RH in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA an. Er machte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Finanzminister Gernot Blümel (beide ÖVP) als Schuldige aus. "Wirtschaftsministerin Schramböck hat die Verantwortung für die Abwicklung des Härtefallfonds auf die WKÖ abgeschoben und Finanzminister Blümel hat es erst nach mehreren Versuchen geschafft, eine passende Richtlinie herauszugeben." Der Wirtschaftskammer und ihren Angestellten dürfe die Schuld hingegen nicht zugeschoben werden, so Matznetter. Sie hätten "die Anträge zum Härtefallfonds schnell und sorgfältig bearbeitet".