Goldbarren unterschiedlicher Größe (Symbolbild) © APA - Austria Presse Agentur
Der schier unaufhaltsame Anstieg des Goldpreises wird sich nach Einschätzung von Händlern und Finanzbranche fortsetzen. Das World Gold Council (WGC) in London prophezeit in seiner jüngsten Prognose einen weiteren Preisanstieg in der zweiten Jahreshälfte, wenn auch leicht verlangsamt. Gold ist so teuer geworden, dass die weltweite Nachfrage der Schmuckhersteller laut WGC heuer stark nachgelassen hat - von 435 Tonnen im ersten Quartal auf 356 Tonnen im zweiten.
Zentralbanken als Preistreiber
Der Preis pro Feinunze - 31,1 Gramm - liegt derzeit bei gut 3.300 Dollar (aktuell rund 2.894 Euro), fast doppelt so hoch wie 2022. Maßgebliche Preistreiber sind die Zentralbanken Chinas und anderer Länder, die die Abhängigkeit vom Dollar verringern wollen und ihre Goldreserven kontinuierlich erhöhen. Nach einer kürzlich veröffentlichten Einschätzung der US-Investmentbank Goldman Sachs könnte der Preis bis Mitte 2026 auf 4.000 Dollar steigen. Der "In Gold We Trust"-Report 2025 sieht bis 2030 ein Kursziel von 4.800 Dollar.
"Solange die Zentralbanken ihre Goldreserven weiter erhöhen, wird sich der Goldpreis nicht Richtung Süden bewegen, sondern Richtung Norden", sagt Michael Eubel, Leiter des Edelmetallgeschäfts bei der BayernLB, dem größten deutschen Goldhändler. "Norden" bedeutet im Sprachgebrauch der Finanzszene steigende Preise, der "Süden" dagegen fallende. "Die Unsicherheiten auf der Welt nehmen eher zu, Gold haftet seit 5.000 Jahren der Nimbus an, dass man es auch in Krisenzeiten umtauschen kann", sagt Eubel.
"In den vergangenen Jahren haben die Notenbanken insgesamt weltweit jährlich rund 1.000 Tonnen Gold erworben", sagt Benjamin Summa, Sprecher des ebenfalls in München ansässigen Handelshauses Pro Aurum. "Ein erheblicher Teil davon entfiel wohl auf China." Neben den Zentralbank-Käufen spielen auch deren expansive Geldpolicies eine Rolle sowie geopolitische Spannungen und Inflationsängste.
China kauft mutmaßlich mehr als eingestanden
Seit dem Jahr 2000 hat China seine offiziellen Goldreserven laut WGC-Daten fast versechsfacht, von 395 Tonnen auf 2.292 Tonnen Ende des ersten Quartals. Damit wäre der nationale Goldschatz Chinas der siebentgrößte der Welt. Doch sind etliche Fachleute überzeugt, dass die Pekinger Führung ihren Bestand in Wahrheit sehr viel stärker aufgestockt hat.
"Kann man den offiziellen Statistiken glauben? Nein", sagt Eubel. "Ich gehe davon aus, dass die chinesischen Goldreserven sehr viel höher sind. China hat nach meiner Einschätzung auf dem Weg über die Zweitmärkte mindestens weitere 500 Tonnen erworben." Abgesehen davon ist China auch weltweit größter Goldproduzent. "Davon wird extrem wenig exportiert", sagt der BayernLB-Goldexperte.
Das Motiv: Unabhängigkeit vom Dollar
Es ist kein Geheimnis, dass Chinas Kommunistische Partei die Dominanz der USA lieber heute als morgen beendet sähe. Zum Status einer Weltmacht gehören die entsprechenden Goldreserven. Doch ist China keineswegs das einzige Land, das Gold kauft. "Diese Staaten wollen sich unabhängiger vom US-Dollar machen und setzen daher vermehrt auf physisches Gold", sagt Summa. Dazu zählen beispielsweise Indien, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Katar. In diesem Jahr am aktivsten ist jedoch nicht China, sondern Polen, das laut WGC heuer mit bisher gut 48 Tonnen an der Spitze steht.
Laut offiziellen Zahlen war lange Russland größter Goldabnehmer, das seine Käufe seit 2020 aber wieder eingeschränkt hat. Russland liegt beinahe gleich auf mit Italien und Frankreich (weltweite Ränge 3, 4 und 5). Dahinter folgt laut den offiziell angegebenen Werten China vor der Schweiz und Japan, Indien und den Niederlanden.
Nationalbanken mit Goldreserven Nutznießer
Zu den Nutznießern der Entwicklung zählen Nationalbanken mit Goldreserven. Erster in der Rangliste der Nationen mit den höchsten Goldreserven sind die USA mit über 8.100 Tonnen. Die Zentralbanken der Euroländer verfügen gemeinsam aber über mehr, Deutschland hat die zweitgrößten Reserven weltweit, schreibt die dpa. Österreich verfügt immerhin über 280 Tonnen (etwa Rang 18 weltweit), die Hälfte davon lagert in Österreich. Das sind etwa 22.400 Goldbarren. Es waren schon einmal wesentlich mehr. Der Höchststand wurde in den 1980er-Jahren mit 657 Tonnen erreicht.
Goldschmuck-Preis steigt freilich auch
Goldbesitzer können sich freuen, Goldkäufer hingegen müssen immer tiefer in die Tasche greifen. Das gilt nicht nur für Investoren. Der vom Kapitalmarkt ausgehende Anstieg des Goldpreises hat Folgen für Juweliere in aller Welt und deren Kundschaft. Die Umsätze sind gestiegen, obwohl die Geschäfte ihre höheren Einkaufskosten laut Branchenangaben nicht voll an die Kundschaft weitergeben.