Eine weitere Senkung der Lohnnebenkosten ist für Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) ein zentraler Aspekt aus dem "Österreichplan" der ÖVP, den Bundeskanzler Karl Nehammer vor zwei Wochen in Wels präsentiert hat. Dabei sei nie angedacht worden, bei der Senkung der Lohnnebenkosten die Leistungen bei der Unfallversicherung, die Finanzierung der Pensionsversicherung oder in der Krankenversicherung anzugreifen, betonte Kocher am Freitag vor Journalisten in Wien.

Im Bereich der Einkommensteuer habe man bereits Entlastungen zustande gebracht, etwa bei der Abschaffung der kalten Progression, die durch die relativ hohe Inflation besonders stark wirken würde, erklärte Kocher. "Damit kommen wir im Einkommensteuerbereich schon langsam an gewisse Grenzen. Ein Drittel der unselbstständig Beschäftigten zahlt keine Einkommensteuer mehr." Die Lohnnebenkosten seien der entscheidende Faktor, der dazu führe, dass Menschen weniger Netto vom Brutto bekommen, wenn sie etwa mehr Stunden arbeiten, aber sie seien auch dafür verantwortlich, dass Arbeit in Österreich vergleichsweise teuer sei.

In den letzten zwei Jahren habe man die Lohnnebenkosten bereits um 0,5 Prozentpunkte gesenkt und damit eine Entlastung um rund 800 Mio. Euro zustande gebracht. "Deshalb glaube ich, dass es durchaus realistisch ist, sich einen Senkungspfad vorzustellen, der in den nächsten fünf Jahren in jedem Jahr als Ziel eine Senkung von 0,5 Prozentpunkten bei Lohnnebenkosten darstellt. Das ist budgetär natürlich anspruchsvoll, kostet jedes Jahr etwa 800 Millionen nach aktuellen Berechnungen", sagte der Wirtschaftsminister.

Es sei aber nie gedacht gewesen, die Leistungen der Unfallversicherung, die Finanzierung der Pensionsversicherung oder der Krankenversicherung anzugreifen, so Kocher. "Letztlich geht es um zwei Bereiche, wo es einen Spielraum gibt aus meiner Sicht: die Arbeitslosenversicherungsbeiträge und der Familienlastenausgleichsfonds." Beim Familienlastenausgleichsfonds bräuchte man für jede Senkung der Beiträge eine Gegenfinanzierung im Budget. "Das sind garantierte Leistungen, da wird auch nichts geändert, da soll auch nichts geändert werden." Der Familienlastenausgleichsfonds müsse auch jetzt schon aus dem Budget querfinanziert werden.

Bei den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung gebe es auch einen gewissen Spielraum, "weil wir automatisch aufgrund der demographischen Entwicklung - wenn es keine unvorhergesehenen wirtschaftlichen Einbrüche oder geopolitischen Verwerfungen gibt - weniger Arbeitsuchende haben werden in den nächsten Jahren." Die Arbeitslosigkeit werde heuer etwa so hoch sein wie im letzten Jahr und in den nächsten Jahren zurückgehen, "bei steigenden Beitragseinnahmen, weil die Löhne steigen. Das heißt da entstehen Überschüsse." Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung seien in Österreich mit 5,9 Prozent besonders hoch. "Deutschland hat 2,6 Prozent, die Schweiz hat knapp über 2 Prozent."

"Erst vergangene Woche hat die ÖVP im Nationalrat gegen unseren Antrag zur Senkung der Lohnnebenkosten gestimmt", kritisierte NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker den Wirtschaftsminister in einer Aussendung. "Wer soll Kocher also glauben, dass es der Volkspartei jetzt plötzlich ernst ist mit der Senkung der Lohnnebenkosten?", merkte Loacker an.

Für die Gewerkschaft PRO-GE stellt sich in erster Linie die Frage nach der Gegenfinanzierung: "Wenn es eine ehrliche Diskussion zur Entlastung des Faktors Arbeit ohne Sozialabbau sein soll, dann ist für die Gegenfinanzierung ein gerechter Beitrag der Vermögenden notwendig", sprach sich Reinhold Binder, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft PRO-GE, für vermögensbezogene Steuern aus. Während diese in Österreich 1,5 Prozent ausmachen, sei deren Anteil am Steueraufkommen in der Schweiz bei 7,7 Prozent und in den USA bei 11,4 Prozent, teilte die Gewerkschaft in einer Stellungnahme mit.

Positiv reagierte naturgemäß Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer (WKÖ) auf die Pläne Kochers. "Nach dem starken Anstieg der Energiepreise befinden wir uns in einer Rezession und der Arbeitskräftemangel verschärft sich Jahr für Jahr", zitierte die WKÖ Kopf in einer Aussendung. "Daher ist es zu begrüßen, dass die Regierung Maßnahmen setzen will, um Leistung zu belohnen, Investitionen zu erleichtern und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Besonders hervorzuheben ist die geplante Senkung der Lohnnebenkosten."

Wichtig sei es auch, angesichts des Rückgangs der durchschnittlichen Arbeitszeiten das längere Arbeiten attraktiver zu machen, sagte Kocher. Die durchschnittlichen geleisteten Arbeitszeiten seien von 31,5 Stunden im Jahr 2019 auf 30 Stunden im Jahr 2022 gesunken, so der Arbeits- und Wirtschaftsminister. Dafür sei auch eine hohe Teilzeitquote von gut 30 Prozent verantwortlich. Die Beschäftigungsquote liege bereits bei 77,5 Prozent, bald werde man mit fast 80 Prozent Beschäftigung die Obergrenze erreicht haben.

Eine weitere steuerliche Entlastung von Überstunden wäre daher eine sinnvolle Maßnahme, meint Kocher. "Ob jetzt die Besteuerung von Überstunden generell abgeschafft werden soll oder ob es irgendwelche Obergrenzen geben soll, glaube ich, muss man sich im Detail ansehen." Für die Steuerklasse zwischen 68.000 und 99.000 Euro soll der Steuersatz von 48 auf 40 Prozent gesenkt werden. Davon würden viele Hunderttausend Menschen profitieren.

Ein weiteres Ziel sei es, Österreich als Land der Forschung zu positionieren. "Im Österreichplan steht das Ziel, dass wir bei der Forschungsquote in Europa auf Platz 1 kommen", so der Wirtschaftsminister. Derzeit sei man auf Nummer 3 hinter Belgien und Schweden.

(APA)