Ex-Minister Grasser nach der Urteilsverkündung im Jahr 2020 © APA - Austria Presse Agentur

Am Montag jährt sich das erstinstanzliche Urteil im Grasser-Prozess zum dritten Mal, einen Termin für das Berufungsverfahren gibt es noch nicht. Der ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) wurde am 4. Dezember 2020 zu acht Jahren Haft, unter anderem wegen Untreue, nicht rechtskräftig verurteilt. Grasser meinte nach dem Urteil im Wiener Straflandesgericht: "Sie sehen mich traurig und schockiert. Dieses Urteil sprengt alles, was ich mir vorstellen konnte."

Richterin Marion Hohenecker meinte wiederum in ihrer Urteilsbegründung damals: "Wer redlich wirtschaftet, benötigt keine Konten in Liechtenstein." Auch zahlreiche Mitangeklagte fassten mehrjährige Haftstrafen aus. So wurde der Zweitangeklagte, der ehemalige FPÖ-Manager Walter Meischberger, zu sieben Jahren nicht rechtskräftig verurteilt. Er sagte diese Woche zur "Presse": "Ein Viertel meiner Lebenszeit oder ein Drittel der Schaffenszeit meines Lebens musste ich für dieses Verfahren aufwenden. Alles, was ich mir vorher geschaffen hatte, wurde mir genommen." Der Trauzeuge von Grasser befindet sich mittlerweile im Privatkonkurs. Er, wie viele andere erstinstanzlich Verurteilte auch, hofft auf eine Aufhebung des nicht rechtskräftigen Urteils aus dem Jahr 2020.

Insgesamt sprach das Geschworenengericht in erster Instanz acht Schuldsprüche und sechs Freisprüche aus. Der Ex-Lobbyist Peter Hochegger erhielt sechs Jahre Haft. Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics bekam zwei Jahre. Der ehemalige RLB OÖ-Vorstand Georg Starzer wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, davon wurden zwei Jahre bedingt ausgesprochen. Der ehemalige Telekom-Vorstand Rudolf Fischer fasste ein Jahr aus, wobei ein Teil von acht Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Vollinhaltlich freigesprochen wurde der frühere Immofinanz-Vorstand Christian Thornton. Über den mitangeklagten Makler Ernst Karl Plech wurde kein Urteil gesprochen. Er war den Großteil des Prozesses aus gesundheitlichen Gründen verhandlungsunfähig.

Einen Zeitplan für ein Urteil beim Obersten Gerichtshof (OGH) gibt es noch nicht. Laut Grasser-Anwalt Manfred Ainedter wird der Akt seit April vom OGH und der Generalprokuratur gelesen. Er vermutet, dass die OGH-Entscheidung im Sommer 2024 fallen könnte.

In dem Prozess vor Richterin Hohenecker ging es um Provisionen von 9,6 Mio. Euro beim Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften (Buwog und andere) sowie von 200.000 Euro bei der Einmietung der Linzer Finanzdienststellen in den Terminal Tower in Linz. Diese Gelder sollen unter anderem bei Grasser gelandet sein, was dieser vehement bestreitet. Der Schöffensenat sah dies anders. Grasser habe seine politische Funktion missbraucht, gegen Vermögensinteressen verstoßen und seine aufertragenen Verpflichtungen nicht erfüllt, erklärte Richterin Hohenecker damals bei der Urteilsbegründung. "Es handelt sich um eine verdeckte Provisionsvereinbarung vom Machthaber Grasser zu Lasten des Machtgebers Republik Österreich, wodurch diese geschädigt wurde", sagte die Richterin.