Das EU-Parlament will am Donnerstag in Brüssel seine Position zum sogenannten EU-Lieferkettengesetz festlegen. Um zu verhindern, dass zur Gewinnmaximierung gegen Menschenrechte oder auch Umweltstandards verstoßen wird, sollen große europäische Unternehmen künftig Produktionsbedingungen ihrer weltweiten Lieferketten ins Visier nehmen. Die Pläne sind schwer umstritten. Bereits im Vorfeld appellierten Organisationen an Österreichs EU-Abgeordneten.

Die EU-Kommission hat im Februar 2022 einen Vorschlag für ein EU-Lieferkettengesetz vorgelegt. Darin heißt es, dass in der EU tätige Firmen zukünftig verpflichtend sicherstellen sollen, dass ihre weltweiten Lieferanten unter anderem keine Sklaven- oder Kinderarbeit dulden und Umweltstandards einhalten. Zudem sollen Managerinnen und Manager Geschäftsmodell und Strategie ihres Unternehmens so ausrichten, dass das Ziel, die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, erreicht wird. Geplant sind Regelungen, die dann für etwa 13.000 Firmen in der EU gelten würden.

Der zuständige Ausschuss im EU-Parlament fand bereits Ende April nach langwierigen Verhandlungen einen Kompromiss, der im Plenum am Donnerstag bestätigt werden soll. Allerdings gibt es eine Reihe an Änderungsanträgen. Österreichische Abgeordnete zeigten sich uneinig.

Der vorliegende Text sei "überschießend, unausgewogen und brächte bloß neue große Belastungen für unsere Betriebe, ohne dass dadurch das gewünschte Ziel besser erreicht werden könnte", kritisierte EU-ÖVP-Abgeordnete Angelika Winzig gegenüber der APA. Sie hofft auf "Nachschärfungen" durch die von ihr und ihren Kollegen aus Deutschland, Schweden und Italien eingebrachten Abänderungsanträge.

SPÖ-EU-Abgeordnete Evelyn Regner bezeichnete den Kompromiss hingegen als "gut". Betroffene sollen künftig einfacher ihre Rechte einfordern können und der Finanzsektor sei im Vorschlag geblieben, so Regner. Allerdings hätte sich die SPÖ eine "Beweislastumkehr" gewünscht, "wodurch Unternehmen die Einhaltung aller erforderlichen Sorgfaltspflichten beweisen müssten". Der Kompromiss sieht derzeit vor, dass die Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen für den Nachweis allein verantwortlich sind.

Seitens der österreichischen Grünen hieß es: "Die Grünen haben in den Verhandlungen einen guten Kompromiss erzielt und werden versuchen, das Ergebnis im Plenum zu verteidigen. Es gibt jedoch einige Änderungsvorschläge von den Liberalen und Konservativen, die das Ergebnis noch mal abzuschwächen versuchen werden."

Die Arbeitsgemeinschaft Globale Verantwortung, ein Dachverband 35 österreichischer entwicklungspolitischer und humanitärer Nichtregierungsorganisationen, appellierte an die österreichischen EU-Abgeordneten, den Kompromiss "zu unterstützen und ihn nicht zu verwässern". Der Dachverband sieht darin eine "historische Chance", von der auch Österreich profitiere, da es "hierzulande zahlreiche nachhaltige sowie innovative Unternehmen gibt". Allerdings gebe es noch "Luft nach oben", so sollte die Beweislast bei Menschenrechtsverletzungen nicht allein bei den Betroffenen liegen.

Legt das EU-Parlament seine Position am Donnerstag fest, können die Verhandlungen über den finalen Gesetzestext mit den Mitgliedsländern beginnen. Die EU-Staaten einigten sich bereits im vergangenen Dezember auf eine allgemeine Ausrichtung. Österreich hatte sich enthalten. Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) forderte mehr Zeit, um Schutzstandards einerseits und Praktikabilität anderseits auszugleichen.

(APA)