Gas-Importkapazität reicht nicht aus © APA - Austria Presse Agentur

Österreichs Gasversorgung ist in diesem Winter gesichert: Die Gasspeicher sind zu über 80 Prozent gefüllt, und russisches Gas fließt weiterhin über die Ukraine und die Slowakei nach Österreich. Verlassen kann man sich darauf aber nicht, warnt die Austrian Gas Grid Management AG (AGGM). Wichtig wären zusätzliche Importmöglichkeiten über Deutschland - das scheitert bisher am Geld für den Ausbau der West Austria Gasleitung (WAG).

Bisher sei Österreich traditionell eine Gasdrehscheibe für russisches Gas gewesen, das die Ukraine und die Slowakei nach Österreich importiert und dann nach Italien und Deutschland weiterverteilt worden sei, sagte AGGM-Vorstand Bernhard Painz am Mittwoch bei einem Pressegespräch. "Diese Transitflüsse sind im wesentlichen völlig zum Erliegen gekommen. Einziges Transitland ist noch Slowenien und ein bisschen Ungarn." Die für den österreichischen Markt bestimmten russischen Gasflüsse nach Baumarten seien aber derzeit "ungestört und sehr stabil". Übers Jahr gerechnet decke Österreich 70 bis 80 Prozent seines Bedarfs mit russischem Gas, sagte AGGM-Vorstand Michael Woltran.

Gesamteuropäisch betrachtet sieht das anders aus, weil weder die Nord-Stream-Pipeline noch die Anbindung über Polen in Betrieb sind, wie Painz erklärte. Norwegen sei jetzt der größte Lieferant, daneben komme LNG aus unterschiedlichen Quellen nach Europa.

Ein Schlüsselprojekt zur Absicherung der Versorgungssicherheit sei der Ausbau der West Austria Gasleitung (WAG), der eine 30-prozentige Steigerung der Importkapazität zwischen Deutschland und Österreich bringen würde, sagt die AGGM, die für die Koordination und Steuerung des Gasnetzes in Österreich zuständig ist. Der Ausbau scheitert bisher aber an der Finanzierungsfrage. Allein marktgetrieben könne das Projekt mit geschätzten Kosten von 200 Mio. Euro nicht umgesetzt werden, meint Woltran, weil es sich um eine Reservekapazität handle und keine aktuelle Nachfrage dafür bestehe.

Ein Dorn im Auge ist der AGGM die deutsche Gasspeicherumlage, die seit 1. Oktober 2022 Gasimporte über Deutschland wesentlich verteuert. "Das betrifft auch alle Gasmengen, die aus Norwegen nach Deutschland kommen und dann nach Österreich durchfließen", erklärte Woltran. Dadurch werde Gas, das über Deutschland nach Österreich komme, um 1,86 Euro je Megawattstunde teurer. Die AGGM hat deswegen eine Beschwerde bei der EU-Kommission eingebracht. "Die deutsche Gasspeicherumlage widerspricht aus unserer Sicht Unionsrecht, da sie den grenzüberschreitenden Handel behindert", argumentiert Painz. "Wir sind sehr überrascht, dass die Europäische Kommission, die detailliert über den Fall informiert ist, bislang keine Maßnahmen ergriffen hat."

Sorgen bereiten den AGGM-Managern auch Pläne in Italien, wo die Netzbetreiber, die Politik und die Regulierungsbehörde eine ähnliche Umlage geplant hätten. Konkret will Italien ab 1. April 2024 für Gasexporte von Italien nach Österreich eine Abgabe von 2,1908 Euro je MWh einheben. "Das bedroht die Gasdiversifizierung Österreichs", warnt auch Michael Mock, Geschäftsführer des Fachverbands Gas Wärme (FGW). Auch er hält die Gasspeicherumlage für unionsrechtswidrig und verweist in einer Mitteilung auf ein entsprechendes Gutachten.

Als Schlüssel zur Energiewende sieht die AGGM Wasserstoff und Biomethan. Die Verfügbarkeit dieser speicherbaren Energieträger sei essenziell für den Ausgleich von saisonalen Verbrauchsschwankungen. Die AGGM schätzt den Bedarf nach erneuerbaren Gasen in Österreich auf 80 bis 90 TWh - ein Drittel bis zur Hälfte davon könnte in Österreich erzeugt werden. 11 TWh könnten aus organischen Abfällen stammen, rund 20 TWh aus Holzgas.

Als eine Hoffnungsregion für die Biomethan-Produktion, aber auch für Wasserstoff gilt laut Painz die Ukraine. Auch aus Nordafrika soll Europa künftig mit Wasserstoff versorgt werden.

Für den Wasserstoff-Transport könnten großteils die bestehenden Gasleitungen genützt werden - dafür müssten 1.400 km der bestehenden Gasinfrastruktur umgewidmet und 300 km neu gebaut werden. Die Kosten schätzt die AGGM auf rund 2 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Allein in das Stromübertragungsnetz sollen bis 2030 rund 9 Mrd. Euro fließen.