24.000 offene IT-Stellen in Österreich stehen mehr als 14.000 arbeitslosen Menschen mit Behinderungen gegenüber – das sind tausende potenzielle Fachkräfte, die niemand auf dem Schirm hat. © Philipp Grausam
Vorreiter wie die TU Wien und die Wiener Stadtwerke setzen bei der Rekrutierung auf das INCLUSIVE-IT-Programm des Bildungsanbieters ETC.
Vorreiter wie die TU Wien und die Wiener Stadtwerke setzen bei der Rekrutierung auf das INCLUSIVE-IT-Programm des Bildungsanbieters ETC. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden erhält eine feste Anstellung – aus einem Talentpool, den viele bislang konsequent übersehen.
Stefan Eder erinnert sich gut an den Moment, als er beschloss, neue Rekrutierungswege zu gehen. Der Senior Advisor im Personalbereich der TU Wien brauchte dringend einen Data Engineer. Doch statt die üblichen Wege zu gehen – erfolglose Anzeigen, teure Headhunter, endlose Bewerbungsrunden und Gehaltspoker –, greift er zum Telefon und ruft bei ETC an. Kurz darauf erhält er eine Auswahl passender Lebensläufe. "Der Kandidat hat mich im Bewerbungsgespräch sofort überzeugt", sagt Eder heute und lehnt sich in seinem Bürostuhl zurück. "In den letzten zehn Monaten hat er nicht nur die Programmiersprache Typo3 und das Datenvisualisierungstool Power BI gelernt. Gemeinsam haben wir auch eine neue Intranet-Landingpage für den Personalbereich gelauncht, die unseren Kolleg:innen hilft, Informationen leichter zu finden."
Der Kandidat ist einer von mittlerweile dutzenden IT-Fachkräften, die über das INCLUSIVE-IT-Programm ihren Weg in österreichische Unternehmen gefunden haben. Das Besondere: Sie alle haben eine Behinderung – und genau deshalb hatte sie vorher niemand auf dem Schirm.
Die Mathematik der verpassten Chancen
"Wir haben in Österreich 24.000 offene IT-Stellen und gleichzeitig über 14.000 arbeitslose Menschen mit Behinderungen", rechnet Christoph Becker vor, CEO von ETC. "Selbst wenn nur ein Bruchteil davon für IT geeignet ist, reden wir von tausenden potenziellen Fachkräften, die niemand auf dem Schirm hat." Doch diese einfache Rechnung wird selten gemacht.
Als Clemens Schatzl-Miniberger, CRIS-Manager im Fachbereich Forschungsinformationssysteme der TU Wien, ein Kollege von Stefan Eder, von dem Erfolg hörte, wurde er hellhörig. "Wir waren alle im Team sofort dafür", erzählt CRIS-Manager Schatzl-Miniberger. "Aber wir haben uns schon gefragt: Ist das jetzt zu schnell für uns, sollen wir es erst nächstes oder übernächstes Jahr machen?"
Einen Monat später sitzt ein junger Mann im Autismus-Spektrum an seinem Schreibtisch in Schatzl-Minibergers Fachabteilung. Seine Finger tippen auf der Tastatur, während er konzentriert Codezeilen überprüft. "Er ist nun seit neun Monaten bei uns und nutzt seine Fähigkeiten, um den wissenschaftlichen Output der Universität zu dokumentieren", erklärt Clemens Schatzl-Miniberger. Die gesuchten Informationen aus den Systemen herauszubekommen, ist komplex – man muss genau wissen, wie man sie abfragt. "Er hat sofort Engagement gezeigt und sich mit eigenen Ideen eingebracht. Das war super."
Das Herzstück: Duale Ausbildung
Das INCLUSIVE-IT-Programm folgt einem durchdachten Ablauf: zwei Monate intensives Screening der individuellen IT-Kompetenzen und spezifische Testung auf die vorhandenen Kenntnisse der jeweiligen Jobrolle, dann zehn Monate duale Ausbildung. ETC setzt dabei auf bewährte Methoden wie das Zertifikat für digitales Allgemeinwissen im Beruf nach europäischem Standard (Dig-CERT) und spezifische IT-Screenings, um die digitalen Kompetenzen objektiv zu erfassen. Die Kandidat:innen werden gezielt auf vordefinierte Jobrollen wie Data Engineer oder Help-Desk-Spezialist:in getestet. "Die Dualität ist ganz wichtig", betont Stefan Eder. "Dass die Kandidat:innen theoretisch auf den letzten Stand gebracht werden und das Wissen gleich anwenden können – für die Praktikant:innen ist das etwas Tolles. Unser Kandidat kann Systeme bedienen und hat auch Freude daran, das Gelernte real umzusetzen."
Während die Teilnehmer:innen im Unternehmen produktiv mitarbeiten und erste Projekte übernehmen, erhalten sie parallel eine fundierte IT-Ausbildung bei ETC. Die Inhalte werden individuell auf die Bedürfnisse der Unternehmen zugeschnitten. Coaches begleiten über das Coached Learning den gesamten Prozess und sorgen dafür, dass Lerninhalte barrierefrei gestaltet werden. "Mit dem INCLUSIVE-IT-Programm bekommt man innerhalb von zwei Monaten motivierte Praktikant:innen ins Haus, die nach zehn Monaten als voll ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung stehen", sagt Christoph Becker.
In Zusammenarbeit mit dem Sozialministeriumservice Wien bildet ETC Menschen mit Einschränkungen zu qualifizierten IT-Fachkräften aus, z. B. zu Data Engineers oder Microsoft-Desktop-Support-Spezialist:innen. © Philipp Grausam
Die Wahrheit über Loyalität
Der Grund für die hohe Loyalität liegt auf der Hand: Wer jahrelang gegen Barrieren kämpfen musste, nur um überhaupt eine Chance zu bekommen, wechselt nicht beim erstbesten Headhunter-Anruf. Diese Loyalität ist unbezahlbar in einer Branche, wo das Onboarding neuer Mitarbeiter:innen Monate dauert und fünfstellige Summen verschlingt. "INCLUSIVE-IT hat uns als Projekt gerade deswegen so angesprochen, weil es einen sehr niederschwelligen Zugang für Unternehmen bietet, um sich mit Inklusion auseinanderzusetzen", erklärt Martin Fahrnberger, Geschäftsführer beim IT-Dienstleister ORBIS. "Einer der großen Vorteile ist, dass man schon monatelang zusammenarbeitet, bevor man eine Kandidatin, einen Kandidaten übernimmt. Da ergibt sich rasch ein klares Bild", ergänzt Clemens Schatzl-Miniberger.
Vielfalt als Innovationstreiber
Für Wolfgang Sack, stellvertretender CIO der Wiener Stadtwerke Gruppe, geht es um mehr als nur Stellenbesetzung: "Wir wollen uns mehr an unseren Kund:innen orientieren, denn auch unsere Kund:innen sind divers. Da müssen wir uns intern auch so aufstellen, dass wir die Gesellschaft abbilden können."
Diese Haltung teilen immer mehr österreichische Unternehmen. Von sieben Partnerunternehmen 2023/24 ist die Zahl für den dritten Durchgang, der im Herbst 2025 startet, bereits auf zwölf angestiegen. Menschen mit Behinderungen bringen oft andere Perspektiven und Lösungsansätze mit, die gerade in der IT-Branche zu innovativen Durchbrüchen führen können. Sie sind es gewohnt, kreative Wege zu finden und Herausforderungen aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten – Fähigkeiten, die in der digitalen Transformation Gold wert sind. "Die Teilnehmer:innen sind unglaublich dankbar für die Chance und bringen eine Energie mit, die ansteckend ist", beobachtet Stefan Eder. Diese intrinsische Motivation wirkt sich nicht nur auf die individuelle Leistung aus, sondern strahlt auf ganze Teams ab. "Unser Kandidat etwa hat rasch gesagt, dass er sich gleichwertig behandelt und gut im Team aufgenommen fühlt – was in unserem Team generell sehr wichtig ist", sagt Clemens Schatzl-Miniberger.
90 Prozent Förderung killen die Ausreden
Ein weitverbreitetes Vorurteil, dass die Einstellung von Menschen mit Behinderungen kostspielig sei, wird durch das Programm eindrucksvoll entkräftet. Durch Förderungen von AMS-Wien und dem Sozialministeriumservice Wien können bis zu 90 Prozent der anfallenden Ausbildungs- und Lohnkosten abgedeckt werden. Für die Betriebe tendiert das finanzielle Risiko damit "gegen null", während sie vom ersten Tag an Unterstützung für ihre IT-Projekte erhalten. "Natürlich funktioniert nicht jedes Match", sagt Christoph Becker. "Wir haben auch Abbrüche. Manchmal passt es einfach nicht – wie bei jedem anderen Recruiting-Prozess auch." Doch die Quote spricht für sich: mehr als 50 Prozent Direktübernahme nach der Ausbildung.
Von der Ausnahme zur Regel
Zwölf Unternehmen sind beim dritten Durchgang dabei – darunter keine Sozialromantiker, sondern neben den Wiener Stadtwerken auch die Helvetia Versicherungen, Würth, OeKB, WienIT, Zürich Versicherung, VERBUND, Borealis, Porsche Informatik, ARAC-Europacar, Wien Energie und B&F Wien. Sie alle haben verstanden: In Zeiten, in denen qualifizierte IT-Fachkräfte mit digitalen Skills immer schwerer zu finden sind und diese Kompetenzen in der eigenen Belegschaft fehlen, ist es ökonomischer Wahnsinn, potenzielle Talente zu ignorieren, nur, weil sie nicht der Norm entsprechen. "Unternehmen, die heute noch glauben, Inklusion sei Charity, werden morgen ein Problem haben", warnt Christoph Becker. "Nicht nur, weil ihnen die digitalen Skills fehlen – sondern weil ihre Teams eindimensional bleiben, während die Konkurrenz längst diverser und damit innovativer aufgestellt ist."
Das Ende der Ausreden
INCLUSIVE-IT räumt systematisch mit den letzten Vorbehalten auf. Zu teuer? 90 Prozent Förderung. Zu kompliziert? ETC übernimmt die komplette Kandidat:innenauswahl mit Fokus auf Kompetenz-Screening und Qualifizierungen. Zu riskant? Über 50 Prozent Erfolgsquote. Zu aufwendig? Die Unternehmen müssen nur ihre Anforderungen definieren und einen Praktikumsplatz bereitstellen. Was bleibt, ist eine einfache Frage, die sich jedes Unternehmen stellen muss: Können wir es uns leisten, weiter auf Talente zu verzichten, nur weil sie nicht ins klassische Schema passen? Die zwölf Unternehmen, die beim nächsten Durchgang dabei sind, haben ihre Antwort gefunden. Die restliche österreichische IT-Wirtschaft sollte sich beeilen – die besten Talente aus dem INCLUSIVE-IT-Programm sind schnell vergeben. Und wer zu spät kommt, den bestraft nicht das Leben, sondern der Talentemangel. (PR)
Weitere Infos: www.etc.at/inclusive-it
ETC – Enterprise Training Center
Modecenterstraße 22/Office 4/5. Stock
1030 Wien
Tel.: +43 1 533 17 77-0
info@etc.at
www.etc.at