Mehr als die Summe der Einzelnen.

NEW BUSINESS - NR. 7, SEPTEMBER 2019
In den meisten Unternehmen herrscht eine konstruktive, wechselseitig fördernde Kultur. © James Wainscoat/Unsplash

Immer mehr individuelle Lebens- und Arbeitsweisen erobern unseren Alltag. Doch welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf die Kultur und den Gemeinschaftssinn von Unternehmen?

Die Individualisierung durchdringt die gesamte Gesellschaft. Das beginnt bei einfachen Dingen wie dem Customizing von Konsumgütern und reicht bis hin zu individuellen Lebenskonzepten. Sind Gemeinschaftssinn und Teamwork in Zeiten dieser Individualisierung also überhaupt noch gefragt?
Dem Hernstein Management Report Nr. 2/2019 zufolge dürfte diese Frage aktuell mit „Ja“ beantwortet werden können: „Wie heißt es so schön: Gemeinsam sind wir stark. Wenn wir gemeinsam entsprechend unseren Stärken arbeiten, passt die Performance jeder und jedes Einzelnen. Folglich auch die des gesamten Teams. Damit jeder und jedem ihre bzw. seine Stärken bekannt sind, braucht es Reflexion und das Bewusstsein als auch den Mut, dorthin zu sehen, wo es Potenziale gibt“, erläutert Michaela Kreitmayer, Leiterin des Hernstein Institut für Management und Leadership. Ergänzend fügt sie hinzu: „Daher ist es meine Empfehlung: Gleichen Sie als Führungskraft regelmäßig Selbst- und Fremdbild mit Ihren Mitarbeitenden ab. Das liefert Klarheit und schafft – als ein Baustein von mehreren – die Basis für gemein­schafts­orientierte Führung.“

Die Mehrheit der Unternehmen zeigt eine „synergetische Kultur“
Das Ganze ist mehr als die Summe der Einzelnen: Das entspricht im naturwissenschaftlichen Sinn dem Phänomen der Synergie und ist das Bild, das Führungskräfte von ihren Unternehmen haben. 36 % stimmen dieser Beschreibung in Bezug auf das eigene Unternehmen voll und ganz zu, weitere 48 % eher. Je höher die Funktion ist, desto mehr wird diese Ansicht geteilt: Unter den Inhaberinnen und Inhabern von Unternehmen sehen sogar 46 % diese Aussage als voll zutreffend an, im unteren Management sind es 32 %. Es gibt noch Potenzial: 26 % meinen voll und ganz, dass ihr Unter­neh­men sehr profi­tie­ren würde, wenn nicht „jeder sein eigenes Ding macht“. Weitere 43 % teilen die Ansicht eher. Den­noch: Stellt man diese Ergebnisse gegenüber, ergibt sich in Summe das Bild einer konstruktiven, wechselseitig fördernden Kultur, die in den Unternehmen vorherrscht.

Sind Unternehmen von interner ­Konkurrenz geprägt?
57 % der Führungskräfte sind der Ansicht, dass Konkurrenz kein prägendes Element in ihrem Unter­nehmen sei (18 % voll und ganz, 39 % eher). Bedeutsam ist der Begriff „prägend“, denn dies geht über internen Wettbewerb, den es in der einen oder anderen Form nahezu immer gibt, deutlich hinaus. Der Konkurrenzdruck nimmt mit der Unternehmensgröße etwas zu: In Unter­nehmen mit bis zehn Mitarbeitenden meinen 8 % der Führungskräfte, dass interne Konkurrenz prägend sei. Bei Groß­unter­nehmen mit über 1.000 Beschäftigten sind es 14 %.

Teamwork hat oberste Priorität
Im Umkehrschluss zur internen Konkurrenz sagen 81 %, dass Teamwork im eigenen Unternehmen absolut im Vordergrund stünde (voll und ganz: 35 %; eher: 46 %). 26 % sind voll und ganz überzeugt, dass im Unternehmen alle an einem Strang ziehen. Besonders ausgeprägt ist diese Sichtweise bei Inhaberinnen und Inhabern von Unternehmen (47 %) im Gegensatz zum unteren Management (20 %). Michaela Kreitmayer: „Die unteren Führungsebenen sind mehr mit operativem Daily Business konfrontiert, was da und dort ernüchternd wirken kann. Hier ist Leadership gefragt. Die Vision und der Sinn der eigenen als auch der Tätigkeit des Unternehmens sollen klar sein. Dies fördert die in­trin­si­sche Motivation und die Identifikation. Auf der anderen Seite zeigen Inhaberinnen und Inhaber einen Grundoptimismus, der die Voraussetzung für unternehmerisches Handeln ist. Hier ist Reflexion ein wichtiges Element, um den Blick zu schärfen.“

Unternehmensziele sind bekannt – und werden mitgetragen
33 % der österreichischen und deutschen Führungskräfte meinen voll und ganz, dass den Mit­arbei­tenden die Unternehmensziele gut bekannt sind (eher: 51 %). Bemerkenswert: Beinahe ebenso viele, 32 %, geben an, dass die Mitarbeitenden die Ziele auch voll und ganz mittragen. Jedoch zeigt sich hier ein starker Unterschied nach Unternehmensgröße: Während bei den Kleinbetrieben mit bis zu zehn Beschäftigten 44 % sagen, dass die Mitarbeitenden die Unternehmensziele voll und ganz mittragen, sind es bei den Großbetrieben mit über 1.000 Mitarbeitenden 25 %. Dies zeigt klar, wie anspruchsvoll die Kommunikation in großen Organisationen ist – sowohl auf inhaltlicher als auch auf funktionaler Ebene. (BO)