Die neue Realität, echte Chancen und New Work.

NEW BUSINESS - NR. 10, DEZEMBER 2020
DI (FH) Christoph Ungersböck, Geschäftsführer von Sick ­Österreich. © Sick/K. Axmann

Christoph Ungersböck, österreichischer Geschäftsführer des Sensorspezialisten und Innovationstreibers Sick im Gespräch über die aktuelle Entwicklung und seine Antwort auf die Krise.

Herr Ungersböck, kommen wir gleich zum Thema, das uns alle bewegt – Corona. Wie geht es Sick im Covid-Umfeld?
Beim ersten Lockdown im Frühjahr haben wir erstmals innerhalb von einem Tag 90 Prozent aller Mitarbeitenden in Remote Work geschickt. Den Rest aufgrund spezieller IT-Anforderungen kurz darauf. In den zweiten Lockdown gingen wir ebenso reibungslos. Das klappt nur mit der richtigen Einstellung und die schafft man nicht von heute auf morgen. Der Weg, den wir schon länger gehen, war jedenfalls gut gewählt.
Das klingt positiv! Aber wie schaut es umsatztechnisch aus – was sagen die Zahlen? Da bekommt man aus verschiedenen Branchen ja sehr unterschiedliche Signale.
Wir werden ungefähr auf dem Vorjahresniveau abschließen, was wir in der gegenwärtigen Situation als Erfolg werten. Zudem hatten wir alle Mitarbeitenden immer in Vollbeschäftigung – also keine Kurzarbeit. Das freut uns besonders. Dennoch sehen und spüren auch wir, dass die Welt mit einer neuen Realität konfrontiert ist. Das kann und darf man nicht ignorieren.

Woran machen Sie diese neue Realität fest?
Das Wichtigste sind die Sorgen und Ängste der Menschen, die mit den Auswirkungen von Covid auf uns alle sehr unterschiedlich umgehen. Da sind Empathie und Achtsamkeit gefragt. Zudem haben sich für Unternehmen die Rahmenbedingungen in vielen Bereichen geändert. Die aktuelle Situation wirkt wie ein Brennglas, das Veränderungen – die ohnehin hätten stattfinden müssen – verstärkt und beschleunigt. Wir haben zum Beispiel gelernt, dass sich Auftragsabschlüsse jetzt öfter länger hinziehen können. Die Zusammenarbeit mit den Kunden hat sich verändert, da viele Unternehmen oder Länder ihre eigenen Auflagen und Vorgaben haben. Sick Österreich zeichnet ja auch für 14 weitere Länder des südosteuropäischen Raums verantwortlich. Zudem muss man mögliche Ausfälle bei den Mitarbeitenden bedenken und auf die Flexibilität der Prozesse und Strukturen achten. Es gilt, in manchen Bereichen bewusst Tempo rauszunehmen – nicht alles muss immer sofort sein. Das ist eine Bewusstseinsbildung und trägt dazu bei, die Organisation und die Menschen gesund zu halten.

Flexibilität ist also das Gebot der Stunde?
Auf jeden Fall. Darüber wurde im Hinblick auf die voranschreitende Digitalisierung schon früher viel gesprochen. Aber jetzt kommt es auf die Umsetzung an und das hat nicht nur mit Technologie zu tun, sondern vor allem mit Menschen. Da sind wir alle gefordert – jede und jeder Einzelne. Für uns ist wichtig, dabei niemanden zurückzulassen. Das ist die echte Kür und gelingt nur mit einer starken gemeinsamen Vision, mit Eigenverantwortung und sehr viel Mut bei allen Mitarbeitenden. Auch die Rolle und Aufgaben sowie das Verständnis von Führung ändern sich. Führungsverantwortliche werden immer mehr zu persönlichen Coaches und ‚Umfeldmanagern‘, die sich um die bestmöglichen Arbeitsbedingungen für ihr Team kümmern – im Büro und zu Hause. Information und Kommunikation in einer neuen Dimension sind gefordert. Denn es kommt auf die Motivation und die innere Haltung der Menschen an. Dabei lohnt es sich, Krisen als echte Chance zu sehen. Schon Albert Einstein sagte: „In jeder Schwierigkeit lebt die Möglichkeit“.

Aber wie setzen Sie das in die Praxis um und machen aus solchen Möglichkeiten tatsächlich genutzte Chancen?
Da gibt es nicht das eine goldene Rezept. Neue Wege entstehen beim Gehen. Dazu gehört es auch, dass Dinge anders laufen als erwartet. Daraus lernt man und entwickelt sich weiter. Es kommt darauf an, dass sich alle Beteiligten bewegen und ein gemeinsames Ziel vor Augen haben. Dafür braucht man Leitgedanken, die zu den tragenden Säulen der Veränderung gehören. Zum Beispiel „Von der Vorgabe zur Selbstverantwortung“, „Von der Kontrolle zur Selbstkontrolle“, „Vom Sicherheitsdenken zum experimentellen Denken“ oder „Von der Fehlervermeidung zum Ausprobieren“. Das sind nur einige der Bausteine eines nachhaltigen kulturellen Wandels und eines agilen „Mindsets“ – beim Unternehmen und den Mitarbeitenden.

Und wie leben Sie das im Alltag?
Wir setzten auf die Entwicklung der neuen, benötigten Kompetenzen bei allen Mitarbeitenden und nehmen uns viel Zeit für Gespräche. Dabei geht es oft um Teamgeist, Kreativität, ein faires Miteinander auf Augenhöhe, Vertrauen, Selbstbestimmung und natürlich Verantwortung. Das sind die Grundlagen für New Work. Da reicht es nicht, nur ein bisschen an der Oberfläche zu kratzen. Und jede „So-tun-als-ob-Show“ kann man sich überhaupt gleich sparen. Das ist nicht der Treibstoff für eine Kultur des Wandels. Die braucht es aber, um auch künftig noch mithalten und maßgebliche Impulse setzen zu können. Das geht nur mit top Mitarbeitenden und dem richtigen Unternehmensumfeld.

Damit sind sie offensichtlich erfolgreich – Sick wurde 2020 als einer der „Besten Arbeitgeber Österreichs“ ausgezeichnet …
Das stimmt und es erfüllt uns mit großer Freude. Die Mitarbeitenden haben Sick Österreich zum „Great Place To Work“ gemacht und auch gewählt. Platz 9 bei den Unternehmen zwischen 50 und 99 Mitarbeitenden – damit gehören wir österreichweit zu den Top 10 Arbeitgebern in unserer Kategorie. Das ist für uns ein Ansporn der Superlative.

Und wie geht’s weiter?
Wir blicken nach vorne. Die Welt verändert sich in einem nie dagewesenen Tempo. Diese Veränderung wollen wir proaktiv mitgestalten – technologisch mit unseren Lösungen und sozial mit einer agilen Unternehmenskultur. Als Familienunternehmen denken wir dabei langfristig – in Generationen. So schaffen wir gemeinsame Perspektiven in einer Zeit des permanenten Wandels. Wir haben in den letzten Monaten etliche zukunftsweisende Projekte gestartet und einige davon bereits finalisiert und umgesetzt. Das ist eine solide Grundlage für unseren weiteren Erfolg. Und das Wichtigste: der Elan des Teams ist ungebrochen – das ist das Wertvollste, worauf Unternehmen in Zeiten wie diesen bauen können. (BO)

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