Immer und überall

NEW BUSINESS Guides - STUDIEN- & BILDUNGSGUIDE 2018
Mobile Geräte wie Tablets oder Smartphones sind ­heutzutage vielseitig einsetzbar und werden zunehmend auch zum Lernen genutzt – egal zu welcher Uhrzeit. © Pixabay

Bildungsangebote lösen sich von Ort und Zeit

Zig Generationen haben ausschließlich aus Büchern gelernt. Da es keine Alternative gab, wurde das Buch als Lernmedium nie hinterfragt. Bis jetzt – denn die Digitalisierung verlangt heute sowohl ein anderes Denken als auch ein neues Lernen.

Der Bildungs- und Digitalisierungsexperte Dieter Duftner sieht angesichts des digitalen Wandels eine neue Ära des Lernens auf uns zukommen. „Wir erleben derzeit eine Lernrevolution. Zum ersten Mal in der Geschichte löst sich Lernen von Ort und Zeit.“
Seitdem 2007 das Betriebssystem iOS erschien und ein Jahr später auch Android nachrückte, verbreiten sich Smartphones immer mehr. Ihre Verbreitung reicht heute so weit, dass ungefähr jeder dritte Mensch weltweit ein Smartphone besitzt. „Die digitalen Technologien haben die Art und Weise wie wir kommunizieren, arbeiten und in der Konsequenz lernen, grundlegend und für immer verändert“, so Duftner.
Informationen stehen in einem Ausmaß zur Verfügung wie nie zuvor, und Experten schätzen, dass sich das Wissen in der Welt alle zwei Jahre verdoppelt. Es vollzieht sich der Wandel von der Indus­triegesellschaft zur Wissensgesellschaft. „Wissen wird bald der einzige Wettbewerbsvorteil sein, in Zukunft geht es primär darum, wer wie schnell Wissen erlangen und umsetzen kann“, so Duftner. In einer digitalen Welt braucht es digitale Lernmedien, um den rasanten Anstieg an Wissen und Information bewältigen zu können. Die Buchkultur ist infrage gestellt und laut Bildungsexperten für die neuen Lernanforderungen nicht flexibel genug. In einem Buch sind nur Text und Bild möglich, digitale Lernmedien hingegen können mit Videos, Animationen, Simulationen und Livechats ein umfassenderes Repertoire an Unterrichtsmaterial bieten. Wissen muss überprüft, ergänzt und erneuert werden. Texte auf Bildschirmen, zum Beispiel auf dem Smartphone, sind leicht und schnell veränderbar, können von mehreren Autoren gleichzeitig bearbeitet und für Lernende jederzeit verfügbar gemacht werden.

Pioniergeist im Bildungsbereich
Dieter Duftner gründete das Institute of Microtraining® im Jahr 2010. Seither hat er das Unternehmen zu einer renommierten Trainingsmarke in Österreich entwickelt, die nun international expandiert. Das Institute of Microtraining bündelt die Erkenntnisse der Lernforschung in der Kombination von kurzen Präsenztrainings vor Ort und Mobile Learning und zählt auch europaweit zu den Lernpionieren. „Das neue Lernen ist zeit- und ortsunabhängig, personalisiert, frei verfügbar, vernetzt, spielerisch, stärker von Algorithmen geleitet und kompetenzorientiert“, so Christian Schernthaner, Head of Product beim Institute of Microtraining.
Das neue Lernen durchdringt bereits alle Bereiche und Branchen, zum Beispiel auch den Tourismus. „Aufgrund der saisonalen Schwankungen und der hohen Fluktuation im Tourismus müssen neue Mitarbeiter schnell und effizient geschult werden. Das Lernen am Handy ist zeit- und kosten­günstig“, erklärt Schernthaner. Im Gegensatz zu Seminartrainings, die Mitarbeiter für Stunden oder Tage aus ihrem Arbeitsumfeld holen, kann das Personal während der Arbeitszeit und in gewohnter Umgebung das Wissen erweitern sowie festigen.
Auch im Sport ist das neue Lernen bereits angekommen. Im modernen Fußball geht es längst nicht mehr nur um Talent, Physis und körperliche Verfassung, als entscheidender Wettbewerbsfaktor erweist sich die Weiterbildung der Spieler in Bezug auf Taktik und Strategie. „Die derzeitige Generation von Spielern ist mit den digitalen Medien aufgewachsen und setzt eine zeitgemäße Form der Weiterentwicklung voraus“, erklärt Schernthaner. „Wir haben für den Tormanntrainer des Tiroler Traditionsklubs und frischgekürten Meister der Sky Go Erste Liga, FC Wacker Innsbruck, eine App entwickelt, mit der er seine Tormänner mittels digitaler Lernkarten gezielt auf jeden Gegner vorbereitet. Das Anlegen und Verwalten der Inhalte und Trainings passiert eigenständig durch den Trainer.“

Ende der Fahnenstange nicht in Sicht
Mit dem Smartphone zu lernen und das am Arbeitsplatz kann für Arbeitskräfte zunächst eine Herausforderung darstellen. „Wir haben Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Deutschlands größtem Mobilfunkanbieter Telefonica mit unserer Microtraining-Methode geschult, wichtig war es ihnen, die Unsicherheit vor der neuen Situation zu nehmen“, erklärt Schernthaner.
Verstärkt durch den demografischen Wandel und die Internationalisierung geht der Trend eindeutig in Richtung lebenslanges Lernen. Für den Bildungs- und Digitalisierungsexperten Duftner ist klar: „Wir sind gedanklich noch nicht an den Grenzen des Möglichen angekommen. Die Potenziale der Digitalisierung und des Mobile Learnings sind noch lange nicht ausgeschöpft.“

Digitales Lernen für jedermann
Digitales Lernen macht auch in der Wirtschaft erfolgreich Karriere, denn die rasante Digitalisierung bringt immer mehr Unternehmen dazu, den steigenden Weiterbildungsbedarf ihrer Mitar­beiter mit schnell realisierbaren Onlinekursen zu decken. Darauf hat das Potsdamer Hasso-­Plattner-Institut (HPI) hingewiesen. Sein Direktor Christoph Meinel gratulierte jetzt dem Softwarekonzern SAP zum fünften Jahrestag des Starts seiner Lernplattform openSAP (https://open.sap.com). Deren Technik entwickelte und betreut das Institut. Die Potsdamer Wissenschaftler betreiben bereits seit 2012 die eigene Bildungsplattform https://open.hpi.de. Sie ist der Pionier für kostenlose universitäre Massive Open Online Courses (MOOC) in Europa.
„Digitales Lernen für jedermann hat vom universitären Bereich aus auch eine erfolgreiche Karriere in der Wirtschaft angetreten“, fasste Meinel die Entwicklung der vergangenen fünf Jahre zusammen. Hier sei der Wissenstransfer eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass die digitale Transformation von Entwicklungs- und Herstellungsprozessen einerseits und der Unternehmenskulturen andererseits gelinge.
Nach Meinels Angaben kommen openHPI und openSAP gemeinsam auf 800.000 Nutzer in 200 Ländern und auf drei Millionen Kurseinschreibungen. Der Wissenschaftler wies auf die Vorteile großer Konzerne hin, viele Beschäftigte zum Mitmachen bewegen zu können: „Unter­nehmen verknüpfen das Erreichen bestimmter Personalentwicklungs- und Karriereziele damit, dass Mitarbeiter hauseigene Onlinekurse absolvieren. Firmenleitungen fördern solches Engagement, indem sie Teilnehmer von Teilen der Arbeitszeit freistellen“, so Meinel. Bei openSAP komme hinzu, dass Kunden und externe IT-Experten exklusives Produktwissen vermittelt bekämen, welches sonst entweder nirgendwo verfügbar sei oder teuer bezahlt werden müsse. „Kostenlose universitäre Onlinekurse hingegen greifen meist breitere, allgemeinere Themen auf. Hier geht es eher um digitale Allgemeinbildung, mit der sich die Teilnehmer in ihrer Freizeit und aus eigenem Antrieb auf den neuesten Stand bringen wollen“, sagte der HPI-Direktor.

MCI vergibt digitale Zertifikate
Im Bereich Digitales Lernen zählt das Management Center Innsbruck (MCI) zu den führenden Hochschulen Europas. Schon vor Jahren setzte man das Thema auf die Agenda und entwickelte in Zusammenarbeit mit führenden Universitäten in den USA, Kanada, Australien und Asien ein zeitgemäßes E-Learning-Konzept. Nach der Implementierung des MCI eCampus sowie mehrerer Studiengänge, die weitestgehend auf Modellen des digitalen Lernens beruhen, folgte nun der nächste Schritt: In einem Pilotprojekt wurden im Wintersemester 2017/18 sogenannte Digital Badges erfolgreich getestet. Die ersten 25 Studierenden wurden kürzlich mit Badges in „Responsible Management“ und „International Career Skills“ ausgezeichnet. Zu jedem der beiden Themen­bereiche hatte das MCI ein Paket an extracurricularen Lehrveranstaltungen angeboten.
Digital Badges sind digitale Zertifikate, die außerhalb des regulären Studienplans erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten dokumentieren. Wie andere Badge-Pioniere vor allem in USA und Großbritannien will auch das MCI mit seinen Badges Studierende zu extracurricularem Engagement und zur Weiterbildung motivieren. Studierende haben begleitend zum Studium die Möglichkeit, ihr persönliches Kompetenzportfolio mit verschiedensten Schlüsselkompetenzen zu erweitern. So können MCI-Studierende Skills in verschiedenen Kompetenzbereichen erwerben und sich Vorteile für den Berufseinstieg erarbeiten.
Die Digital Badges können auf Knopfdruck beispielsweise ins persönliche LinkedIn-Profil übernommen werden und stehen potenziellen Arbeitgebern und interessierten Projektpartnern als Information zur Verfügung. Die Studierenden erhalten so die Möglichkeit, besondere Kompetenzen und außergewöhnliches Engagement transparent und leicht zugänglich zu dokumentieren.

Positive Resonanz
Das Feedback der Studierenden aus dem Pilotprojekt war einhellig positiv. Besonders hervorge­hoben wurden Praxisrelevanz, Interdisziplinarität, das digitale Format und die Interaktivität zu Themen über den eigenen Studienschwerpunkt hinaus.
Miriam Zeitlhofer, Vorsitzende MCI-ÖH und Teilnehmerin am Badge „Responsible Management“, empfiehlt das Badge-Programm allen Studierenden: „Neben dem Erwerb profunden Wissens haben wir auch relevante Theorien und Beispiele erarbeitet und diskutiert. Der Badge hilft dabei, den eigenen Horizont zu erweitern und verschiedene Perspektiven einzunehmen. Man übernimmt Verantwortung für sein eigenes Lernen.“ Aufgrund des Erfolgs des Pilotprojekts bietet das MCI im Sommersemester zwei weitere Badges im Bereich „Digital Marketing“ und „Self Marketing“ an.  Ab Herbst 2018 ist geplant, das Badge-Programm als reguläres Angebot des Career-Centers zu implementieren. Zusätzliche inhaltliche Schwerpunkte umfassen digitale Kommunikation, ­Study-Skills und Data-Management. (BO)