Wirtschaftsfaktor Facility-Services

NEW BUSINESS Guides - FACILITY-MANAGEMENT-GUIDE 2017
Die von unternehmenseigenen Organisationen und von Dienstleistern am Markt erbrachten Facility-Services und Managementleistungen sind eine wirtschaftliche Stütze für den Standort Österreich. © Freepik

Studie belegt bemerkenswerten Stellenwert in absoluten Zahlen

Eine Branche mit landesweit über 270.000 Mitarbeitern und einer Wertschöpfung von über 15 Milliarden Euro pro Jahr – Dienstleistungen rund um Gebäude ­haben sich zu einem starken Wirtschaftsfaktor in Österreich entwickelt.

Bislang war es mangels Zahlen, Daten, Fakten nicht möglich abzuschätzen, welchen volkswirtschaftlichen Stellenwert Gebäude und die Dienstleistungen rund um Gebäude haben. Nach einer wissenschaftlichen Studie des Instituts für Immobilien- und Facility-Management (IFM) der TU Wien ist dieser Wirtschaftszweig weitaus höher einzustufen, als bisher angenommen. Der Leiter des IFM, Alexander Redlein: „Ziel der ­Studie ist die Abschätzung der Größe der outgesourcten Facility-Management-/Services-Branche. Gemessen an der Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten der Bereiche Handel, Dienstleistungen, Industrie und Baugewerbe belegt die Facility-Services-Branche ex aequo den vierten Platz EU-weit. Nimmt man die Anzahl der Beschäftigten, so nimmt sie sogar den dritten Platz ein. Das liegt daran, dass die Betreuung von Gebäuden derzeit in der Regel sehr mitarbeiterintensiv ist. Ganz wesentlich für eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung ist, dass diese Leistungen im Gegensatz zu vielen anderen nicht offgeshored, sprich ins Ausland verlagert werden können.“

Neun Prozent der Wertschöpfung
Die Studie vom August 2016 zeigte erstmals den Stellenwert der Branche in absoluten Zahlen sowie im Vergleich zu anderen Branchen und ermöglichte gleichzeitig auch einen internationalen Vergleich. „Über 270.000 Mitarbeiter erwirtschaften in Österreich direkt mit Dienstleistungen rund um Gebäude über 15 Milliarden Euro pro Jahr. Das entspricht rund neun Prozent der gesamten heimischen Wertschöpfung aus den Bereichen Handel, Industrie, Dienstleistungen und dem Baugewerbe. Im internationalen Vergleich wird erkennbar, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen EU-Staaten in diesem Bereich oft enorm sind. Begründen kann man das einerseits mit starken Differenzen im Alter, in der Qualität und der Ausstattung der Gebäude, aber auch mit einem Unterschied im Automatisierungsgrad der Gebäude sowie der Leistungs­erbringung“, so Redlein.

Das Managen eines modernen Wohnhauses ist ein Job für echte Profis
Immobilien werden grundsätzlich sehr bedarfs­gerecht errichtet. Investitionen, z. B. in den Wohnbau, stehen nicht an vorderster Front, wenn es da­rum geht, die Wirtschaft eines Landes anzukurbeln. Meist beschränkt sich die Fantasie auf die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Baubranche und die Errichtung von Wohnraum, der aufgrund des Zuzugs nötig wird. Michael Pisecky, Fach­gruppenobmann der Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer Wien: „Mit dieser Studie wird nun erstmalig klar, dass jene Leistungen, die durch Hausverwaltungen organisiert werden, ein enormer Wirtschaftsfaktor sind. Investitionen in den Wohn- und Gewerbebau erzeugen einen Multiplikator­effekt auf vielen Ebenen, der wirtschafts- und beschäftigungspolitisch gewaltig ist. Die Technik und Leistungen, um ein modernes Gebäude in Betrieb zu halten, werden immer komplexer. Damit steigen auch die Service- und Kontrollaufgaben an – und damit auch das Aufgabengebiet der Hausverwaltungen. Das Managen eines modernen Wohn­gebäudes wird damit zum Job für echte Profis!“

Wissenschaftliche Grundlagenarbeit
Studienkoautorin Eva Stopajnik vom Institut für Immobilien- und Facility-Management der TU Wien: „Eine Abschätzung der Facility-Services-Branche am Bruttoinlandsprodukt fällt aufgrund mangelnder Datenbasis schwer. Daher wurde die Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten für eine Analyse der Unternehmens- und Beschäftigungsstruktur und der Wirtschaftsleistung der Unternehmen herangezogen. Für die Studie wurden von uns die relevanten Bereiche für die FS-Branche, also die Dienstleistungen rund um die Gebäudenutzung, aber auch für Bau und  Errichtung, definiert. Um eine Vergleichbarkeit zu erreichen, haben wir die Bereiche als Prozentsatz der Gesamtheit aller Leistungen aus Handel, Dienstleistungen, Industrie und Baugewerbe dargestellt. Das Ergebnis zeigt deutlich, welch große Bedeutung die Gebäudenutzung vor allem für die Beschäftigtenzahlen hat.“

Roboter werden in Zukunft viele Aufgaben ­übernehmen – Jobverluste drohen
Industrie 4.0, Automatisierungen und technische Entwicklungen haben bereits in dem bisher sehr arbeitsplatzintensiven Bereich des Facility-Managements und der Facility-Services Einzug gehalten. Alexander Redlein: „Diese Entwicklung kann in den nächsten Jahren und Jahrzehnten im FS-Bereich zu Arbeitsplatzverlusten führen. Vor allem bei schlecht qualifiziertem Personal wird es zu markantem Stellenabbau kommen. Roboter werden einfache Tätigkeiten wie Rasenmähen oder Reinigen in den Gebäudebereichen übernehmen. Um die Aufgaben rund um die Automatisierung wahrzunehmen, wird ein enormer, heftiger Weiterbildungsbedarf entstehen.“
„Die TU Wien erarbeitet hier gemeinsam mit der Industrie Lösungen. Zum Beispiel wurden der Forschungscluster FM und die Innovationsplattform Facility-Services gegründet, in der sich führende Anbieter mit den Top-Forschern austauschen, denn Innovation führt hier zu wichtigen Wettbewerbsvorteilen“, so Redlein. Gemeinsam mit der REUG bietet die TU Wien zusätzlich gezielt Weiterbildungen, aber auch Zertifizierungen an. Diese reichen vom Objektmanager-Zertifikat, das sicherstellt, dass auf der untersten Managementebene interdisziplinär ausgebildete Mitarbeiter zur Verfügung stehen, über den Executive MBA FM bis hin zu einem Doktorat in diesem Bereich. Alle Angebote gehen auf die neuen Anforderungen ein und bieten das Rüstzeug zu einer Karriere in dieser so wichtigen Branche. (BO)