Luft nach oben

NEW BUSINESS Guides - FACILITY-MANAGEMENT-GUIDE 2017
Hersteller wie Thyssenkrupp, der Schweizer Konkurrent ­Schindler oder Kone aus Finnland arbeiten an neuen Techniken, die ihnen in dem Milliardenmarkt neue Anteile sichern sollen. © Pixabay

Neue Möglichkeiten in der Aufzugsbranche

Laut den letzten Daten des BRANCHENRADAR „Aufzüge in Österreich 2016“ stagniert der heimische Markt – und das aus gutem Grund: Das Geschäft im ­Gebäudebestand sei in den letzten drei Jahren um ein Drittel eingebrochen.

Obgleich in der Aufzugsbranche das Wartungsgeschäft im Zentrum des Geschäftsmodells steht, wird doch dem Neugeschäft das größere Augenmerk geschenkt. Und in diesem Bereich steckt der Markt seit Jahren fest. Denn trotz eines florierenden Neubaus stagnierte die Nachfrage in den letzten Jahren bei rund 3.400 neu installierten Anlagen pro Jahr. Die Erlöse bewegten sich um die 110 Millionen Euro.
Verantwortlich für den Stillstand sei im Wesentlichen das konstant rückläufige Bestandsgeschäft, also der Austausch bestehender Aufzugsanlagen bzw. die Nachrüstung im Altbau, gewesen. Seit 2013 hat sich hier das Marktvolumen um gut ein Drittel reduziert. Im Jahr 2016 sollen hier nur noch 28 Prozent der Erlöse erzielt werden. Zum einen, weil nun jene Aufzüge fehlen, die bereits in den Jahren davor im Zuge der Aktualisierung von technischen Vorschriften vorzeitig erneuert wurden. Zum anderen, weil infolge des schlechten Investitionsklimas vielerorts potenzielle Erneuerungen vorerst einmal aufgeschoben werden. Der Markt war daher immer mehr von der Neubaukonjunktur abhängig. Erfreulicherweise ent­wickelte sich diese in den letzten Jahren robust positiv, mit Wachstumsraten von rund vier Prozent pro Jahr. Das reichte aber nicht, um insgesamt zuzulegen.

Intelligente Aufzüge als Wachstumsmotor
„Einmal in den fünften Stock und eine Pizza Salami“ – so oder so ähnlich könnte es künftig in Aufzügen zugehen, wenn eine neue Generation von Geräten den Dienst antritt. Hersteller wie Thyssenkrupp, der Schweizer Konkurrent ­Schindler oder Kone aus Finnland arbeiten an neuen Techniken, die ihnen in dem Milliardenmarkt neue Anteile sichern sollen.
Eine einfache Fahrt nach oben oder unten ist dabei nicht mehr genug. „Warum sollte man nicht dabei auch gleich ein Essen bestellen oder den Einkauf erledigen können?“, sagt etwa Schindler-Chef Thomas Oetterli. Wer in den Aufzug einsteigt, könnte sich mit seinem Handy in das Kommunikationsnetz des Fahrstuhls einloggen, erklärt Oetterli. Er könne so seine Wohnung aufschließen, Essen bestellen oder eine Reise buchen, die auf einem Bildschirm im Aufzug angeboten wird.
Auch die Sicherheit könne durch eine Verbindung des Handys mit dem Aufzug erhöht werden, indem etwa der Weg vom Parkplatz oder einer dunklen Tiefgarage bis zum Fahrstuhl online überwacht wird. Auch wenn dies den Kunden nur wenige Cent kosten würde, wäre dies bei Millionen Aufzugsnutzern pro Tag ein interessantes Geschäfts­modell. Experten gehen davon aus, dass die ­Nachfrage nach „intelligenten Aufzügen“ in den kommenden Jahren deutlich steigen wird. In den vergangenen 150 Jahren hat sich an den Basisfunktionen der Anlagen hingegen nur wenig getan.

Ein Blick in die Zukunft
Die Zukunft hat schon begonnen. So produzieren die Aufzüge des 178 Meter hohen Gebäudes des Schweizer Pharmaherstellers Roche in Basel beim Bremsen Strom, der in das Netz des Gebäudes eingespeist wird. Energieeinsparung ist aber nur ein Thema. Thyssen­krupp will den Platzbedarf von Aufzügen in den Gebäuden verringern. Der Konzern hat 40 Millionen Euro in einen Testturm im baden-württembergischen Rottweil investiert. Drei der zwölf Schächte in dem 246 Meter hohen Turm sollen zu Tests für das Mehrkabinenaufzugssystem MULTI genutzt werden, berichtet der Chef der Aufzugssparte, Andreas Schierenbeck. Der Antrieb dieser Aufzüge basiere auf der Technik der Magnetschwebebahn. Seile würden nicht mehr benötigt. Es könnten mehrere Kabinen platz­sparend in einem Schacht bewegt werden. Zudem lasse sich der Aufzug sowohl seitwärts als auch ohne Limit in die Höhe bewegen. Dadurch könnte der Platzbedarf für Aufzüge in den Gebäuden um 40 Prozent verringert werden.
Auch in der Wartung sollen moderne Zeiten Einzug halten. Wenn die Türen langsamer als gewohnt öffnen – etwa 1,2 Sekunden statt 1,0 Sekunden – soll das System eine Textnachricht an einen Techniker schicken. Fehler könnten so frühzeitig erkannt werden, ehe sie zu einem größeren ­Problem werden. Schindler arbeitet bei der vorausschauenden Wartung mit General Electric zusammen, Kone mit IBM und Thyssenkrupp mit Microsoft. Ziel sei es, die Ausfallzeiten zu verringern, erläutert Thyssenkrupp-Manager Schierenbeck. Im Schnitt fielen Aufzüge vier- bis sechsmal pro Jahr aus. „Das hört sich zwar nicht viel an. Wenn aber mein Auto so oft ausfiele, würde ich mir wohl ein anderes besorgen.“ (BO)