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Was die Musik beflügelt

NEW BUSINESS Export - NB EXPORT 2/2025
Nicht jedes Klavier hielt der feurigen Spielweise Franz Liszts stand. Der Bösendorfer schon – hier bei einem Konzert Liszts vor Kaiser Franz Joseph I. samt Hofstaat © Bösendorfer

Die weltweit für höchste Klavierbaukunst geschätzte Traditionsmarke ­Bösendorfer setzt auf Innovation, um am internationalen Markt weiterhin ­attraktiv zu bleiben.

Das betrifft allerdings nicht nur die Technik – auch mit atemberaubenden Collector’s Items ist man sich der Aufmerksamkeit sicher.

Als ignaz Bösendorfer im Wien des 19. Jahrhunderts den Grundstein zum Bösendorfer-Sound legte, ahnte er wohl nicht, dass der Name viele Jahre später zum Synonym­ für kompromissloses Qualitätsbewusstsein des Wiener Meisterhandwerks werden sollte: Im Streben nach klanglicher und visueller Ästhetik entwickelten und bauten er und sein Sohn Ludwig die Instrumente unter dem Einfluss jener großen Komponisten und Pianisten, die damals in Wien – der Weltstadt der Musik – lebten und arbeiteten. 

Der Weg in die Moderne
Seit damals ist viel passiert. Die Übernahme des Betriebs durch Yamaha im Jahr 2007 sicherte der Klaviermanufaktur nicht nur das Überleben, sondern auch den Verbleib des Unternehmenssitzes, der Zentrale und der Produktion­ in Österreich. Nun konnte ein Weg eingeschlagen werden, der den wertvollen Namen wieder ins Bühnenlicht rückte – und dafür beschritt man durchaus auch innovative Wege:

So wurden neue Modelle für verschiedene Ansprüche ­entwickelt, die einerseits den typischen Klang vorweisen können, andererseits aber auch modernen Anforderungen gewachsen sind. So waren die ursprünglichen Modelle für deutlich kleinere Konzertsäle gedacht, denn große Säle mit 3.000 Zuhörerinnen und Zuhörern gab es zu jener Zeit kaum. Um dieser Veränderung gerecht zu werden, mussten die Klaviere lauter werden, ohne ihren kraftvollen und dennoch ausgewogenen Sound zu verlieren. So entstanden neue Modelle, die längt ihren Platz auf den Bühnen, in Universitäten und Konservatorien dieser Welt gefunden haben.

Digital, aber anders
Natürlich spielt auch die Digitaltechnologie eine nicht unwesentliche Rolle in der Geschichte von Bösendorfer. Zwar dürften, zumindest auf den wichtigen Bühnen, ihre Klaviere wohl nur selten durch digitale Pendants ersetzt worden sein – dennoch kann selbst eine anerkannte ­Traditionswerkstätte ziemlich schnell alt aussehen, wenn die Möglichkeiten der Digitalisierung verpasst werden sollten. Die Klangerzeugung durch Samples oder digitale Modelle zu ersetzen, kam natürlich ohnehin nicht infrage, also nutzte man die moderne Technik, um das Spielen selbst zu revolutionieren: Die CEUS-Technik war 2005 ­geboren.

Spielt sich wie von selbst
Die Anforderung war: Wie konnte man das Klavierspiel mit all seinen Parametern reproduzier- und sogar veränderbar machen? Denn das, was beim Spielen vor sich geht, ist alles andere als trivial. Neben Anschlagstärke und -länge kommen auch die drei Pedale ins Spiel; darüber hinaus sorgen unterschiedliche Klaviersaiten für wichtige Resonanzen – sie schwingen mit den gespielten Tönen mit und sind somit an der Klangerzeugung, wie wir sie von einem Klavier erwarten, maßgeblich beteiligt.

Hier setzt das CEUS-System von Bösendorfer an: Es erfasst optisch für jeden der 88 Hämmer den genauen Anschlagszeitpunkt und die Endgeschwindigkeit, mit der sie gegen die Saiten prallen, sowie die Positionstrajektorien aller drei Pedale. Darüber hinaus, und dies ist das Alleinstellungsmerkmal des CEUS-Systems, überwacht und zeichnet es kontinuierlich die Position jeder der 88 Tasten auf.

Starke Magnete, die unter jeder Taste angebracht sind, können die genaue Bewegung abspielen und so die indi­viduelle Aufführung eines zuvor aufgenommenen ­Klaviers so genau wie möglich reproduzieren. Mittlerweile ist die von Yamaha entwickelte und in einigen Bösen­dorfer-Klavieren verbaute Disklavier-Technologie beliebt: Sie erlaubt die originalgetreue Wiedergabe von Klavier­literatur mittels App. Hier sorgt eine Hydraulik für die Tastenbewegung.

Das Auge spielt mit
Die technischen Errungenschaften sind ein Aspekt der Erfolgsgeschichte: Damit zeigt die Traditionsmanufaktur, dass man neuen Möglichkeiten gegenüber nicht nur aufgeschlossen ist, sondern aktiv an der Zukunft der Verbindung von Handwerk, Kunst und Technik partizipiert. Ein anderer Volltreffer sind hingegen die Collector’s Items, die sich besonderen Themen widmen und diese in handwerklicher Perfektion umsetzen.

So war etwa heuer auf der Expo in Japan das wunderschöne und auf 16 Exemplare limitierte Stück „Die große Welle vor Kanagawa“ ver­treten – es vereint das berühmte von Katsu­shika Hokusai geschaffene Kunstwerk mit der Wiener Klavierbaukunst auf unglaublich detaillierte und durchdachte Art: Mit einem speziellen Verfahren wird das Motiv auf das Innere des Deckels über­tragen. Varianten von Preußischblau an der Innenwand und auf dem Sitzpolster­ der Klavierbank tragen das Farbthema weiter. Das Rot des Gussrahmens und Hokusais Signatur auf dem Notenpult wiederum greifen die besondere Bedeutung der Farbe Rot in der japanischen Kultur auf. Dieser „Collector’s Item“-Flügel in der Größe 214VC ist auf 16 Instrumente weltweit limitiert. Auch das hat einen Grund, denn diese Zahl nimmt Bezug auf das Siegel Kiku no Gomon des japanischen Kaiserhauses, eine stilisierte Chrysantheme mit 16 Blütenblättern.

Eine lange Beziehung
Interessantes Detail in diesem Zusammenhang: Der erste Flügel im japanischen Kaiserhaus war, genau, ein Bösendorfer. Und das kam so: Nach der Öffnung Japans Mitte des 19. Jahrhunderts reiste ein Bösendorfer-Flügel von ­Österreich nach Japan und erreichte 1869 das japanische Kaiserhaus. Bösendorfer, ausgezeichnet als k. k. Hof-Forte­piano-Macher, belieferte bereits seit 1839 das Kaiserhaus.

Dieser Bösendorfer-Flügel gehörte zu den kostbaren Gastgeschenken des österreichisch-ungarischen Kaisers Franz Joseph I. an den japanischen Kaiser Mikado. Es war der erste Flügel im japanischen Kaiserhaus, und der Tenno hörte zum ersten Mal in seinem Leben den Klang eines Flügels. Diese magische Begegnung entfachte Japans Inter­esse an der westlichen Musik und markierte den ­Beginn eines bis heute intensiven kulturellen Austauschs zwischen Japan und Österreich.

Ein Klavier geht um die Welt
Die Zahl der Musikerinnen und Musiker, die auf die Marke schwören, ist kaum einzuschätzen. Offiziell auf der Web­site des Betriebs aufgeführt sind einige Hundert; darunter klingende Namen aus unterschiedlichen Musikgenres. Auch das ist spannend: Von Klassik über Jazz bis Pop spannt sich der Bogen an dezidierten Bösendorfer-Fans.

Viele Legenden sind überliefert – so soll etwa Oscar Peterson beim ersten Anblick des Konzertflügels 290 Imperial zu seinem Impresario Norman Granz gesagt haben: „Verdammt, Norman, wo kommt diese Kiste her? Ich muss auch so eine haben!“ Damit begann in den 1970er-Jahren während seines Konzerts in Wien eine lange Freundschaft. Aber auch die seit den 1990er-Jahren bekannte Tori Amos hat eine besondere Beziehung zu ihrem Instrument aus Wien: „Seit 1994 ist der Flügel bei mir. Sie ist ein Bösen­dorfer, eine schwarze Schönheit. Ich nehme sie mit, wenn ich auf Tour bin.“ (PZ)


INFO-BOX
Bösendorfer
Knapp 120 MitarbeiterInnen zählt Bösendorfer, die jeden Tag dafür sorgen, dass der Bösendorfer-Klang in alle Welt gelangt: An insgesamt drei Standorten in Wien und Umgebung – Flagship-Store im Musikverein, Service-Center Schleiergasse und Manufaktur in Wiener Neustadt – wird verkauft, am Klang gefeilt, intoniert und produziert. Für den weltweiten Vertrieb greift Bösendorfer auf das Partnernetzwerk von Yamaha zurück. Seit 2015 steht das Unternehmen unter der Leitung von Sabine Grubmüller und ihrem Managementteam.