Unterirdischer Gleisausbau Richtung Deutschland.

NEW BUSINESS Bundeslandspecial - VORARLBERG 2023
Unterflurtrasse-Zukunftsbild 2045 © Reinventing Society

Die IV-Vision zur Unterflurtrasse zeigt, was möglich sein kann, wenn Politik, Wirtschaft und Bevölkerung kooperieren, und wie viel Potenzial im Ausbau des Lebensraumes in Seenähe steckt.

Die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene ist ein Ziel, das Politik und Gesellschaft vereint. Dafür braucht es aber auch die nötige Schieneninfrastruktur. Gerade der Ausbau in Richtung Deutschland ist für den Güter- wie auch den Personentransport essenziell. Im dicht besiedelten Rheintal ist die unterirdische Variante deshalb die logische Konsequenz, so die Industriellenvereinigung (IV) Vorarlberg und der Bürgermeister von Lochau. Dieser kündigt einen entsprechenden Antrag gegen den oberirdischen Ausbau in der kommenden Gemeindevertretungssitzung an. Auch die IV ist bereits aktiv geworden: Mit einem Zukunftsbild will sie aufzeigen, wie viel neuer Lebensraum durch ein solches Projekt gewonnen werden kann.

Für den Vizepräsidenten der IV-Vorarlberg Hubert Rhomberg und den Lochauer Bürgermeister Frank Matt ist die Ausgangssituation um das derzeit viel diskutierte Infrastrukturprojekt Unterflurtrasse klar: „Die derzeit eingleisige und oberirdische Bahnstrecke in Richtung Deutschland verfügt schlicht über nicht genug Kapazitäten, um den reibungslosen Personen- und Güterverkehr langfristig zu garantieren. Vorarlbergs Bevölkerung und Wirtschaft wächst und braucht deshalb auch eine funktionierende Ergänzung zum Straßenverkehr. Wenn wir die Verlagerung des Personen- und Güterverkehrs auf die Schiene ernst nehmen, dann muss die Schieneninfrastruktur diese benötigten Kapazitäten auch abdecken können.“

Diese Ausbaunotwendigkeit ist auf der Basis einer Studie von ÖBB und dem Land Vorarlberg seit dem Frühjahr 2022 auch bestätigt und offiziell anerkannt. Ein für den Wirtschafts- und Lebensraum nachhaltiges Ergebnis könne dabei nur eine unterirdische Lösung sein, so Rhomberg weiter: „Schienen, die oberirdisch durch den dicht besiedelten Lebensraum zwischen Wolfurt und Lochau verlaufen und der Bevölkerung den Seezugang erschweren, können nicht die beste Lösung für das Rheintal sein. Auch die enge Verbauung beim Ausbau einer oberirdischen Lösung wird an einigen Stellen eine vermutlich unüberwindbare Hürde. Eine unterirdische Lösung ist also sowohl für die Anrainer – auch mit Rücksicht auf die Lärmbelästigung – als auch für die Wirtschaft die einzig vernünftige Möglichkeit für einen Ausbau.“
 
Reibungsloser Gütertransport: Lebensader des Wirtschaftsstandortes
Gesellschaftlich ist man sich einig, dass man zukünftig umweltbewusster bauen, reisen und transportieren muss. Ebenso einig ist man sich, dass mit der Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene – ganz gleich, ob für Personen oder Güter – hierfür bereits ein bewährtes Mittel zur Hand liegt.

Für IV-Vizepräsident Hubert Rhomberg ist die Angelegenheit deswegen ganz klar: „Der Gütertransport muss verstärkt von der Straße hin auf die Schiene verlegt werden. Da Vorarlberg als Exportland auf Wirtschaftspartner wie Deutschland sowie die Häfen im Norden angewiesen ist, ist man folglich auch auf die Verbindungsstrecken angewiesen. Da es aber aufgrund der aktuellen Gleiskapazitäten in erwartbarer Zeit zu Engpässen beim Transport Richtung Deutschland kommen kann und bereits jetzt längere Güterzüge von Wolfurt über Innsbruck nach Deutschland geschickt werden, ist der Gütertransport via Schiene stark eingeschränkt. Erschwerend kommt hinzu, dass Güterzüge lauter, länger und langsamer sind, was aufgrund der Tatsache, dass die Strecke oberirdisch durch dicht besiedeltes Gebiet führt, ein Problem darstellt. Güterzüge dürfen deswegen oftmals nachts gar nicht fahren, was den Umstieg auf die Schiene für viele unattraktiv macht. Letztlich hat der Personenverkehr auch immer Vorrang gegenüber Güterzügen, was bei einer eingleisigen Strecke zwangsläufig zu vielen Verzögerungen bei den Gütertransporten führt. Zusammengenommen sind das alles Herausforderungen, die mit neuen, unterirdischen Gleisen bewältigt werden könnten.“

Bürgermeister Matt: Wir lassen uns unser Seeufer nicht kaputtmachen!
Für Matt ist daher ebenso klar: „Wir brauchen höhere Schienenkapazitäten für Personen und Waren im unteren Rheintal, auch auf der Strecke Bregenz–Lindau. Der zweigleisige Ausbau der Bahn steht an, ein Jahrhundertprojekt.“ Matt sieht darin auch einen Beitrag zur Nachhaltigkeit: „Die Verlagerung des Güter- und Personentransports auf die umweltfreundlichere Schiene ist ein gewaltiger Beitrag für den Klimaschutz. Der Ausbau der Schiene ist die Zukunft und daher ein Gebot der Stunde. Dieses Ziel müssen wir alle gemeinsam verfolgen. Um für Mensch und Tier die ökologisch wertvolle Umwelt zu schützen, eine deutlich erhöhte Lärmbelastung zu vermeiden und die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner der Bodenseeregion nicht zu gefährden, darf der Ausbau keinesfalls oberirdisch erfolgen. Eine solche Variante zerstört unseren Lebensraum. Güterzüge und Personenverkehr trennen unseren Ort mitsamt seinen Menschen vom Bodensee ab. Oberirdische Gleise sorgen für eine extrem hohe Lärmbelästigung bei Tag und bei Nacht, bringen mehr Gefahr und würden den Erholungsraum am Bodenseeufer zerstören. Das ist aus Sicht unserer Gemeinde klar abzulehnen. Dagegen wird die Lochauer Bevölkerung heftigsten Widerstand leisten! Niemand hier würde akzeptieren, dass Lochau mit hohen Lärmschutzwänden oder Rampen vom Ufer abgetrennt würde – ob ganz oder teilweise.“

Der Ausbau sei aber auch eine Jahrhundertchance, die man gemeinsam ergreifen müsse. „Wir können unseren Zugang zum See verbessern, die Sicherheit erhöhen und mehr Erholungsraum gewinnen, indem dieser Ausbau unterirdisch erfolgt. Das wäre ein massiver Gewinn an Lebensqualität für die Einheimischen, alle Nutzer der Seeanlagen und Touristen.“
 
Antrag für eine unterirdische Variante wird im Sinne der Nachhaltigkeit bei der nächsten Gemeindevertretungssitzung eingebracht
„Wir erachten eine unterirdische Pfändertunnellösung von Bregenz zur deutschen Grenze für Lochau aktuell als die Bestvariante“, so Matt. „Auch eine Unterflurtrasse, die den Kaiserstrand, die Umgebung des Lochauer Hafens und den Seezugang am Bahnhof ohne Rampe komplett und nicht sichtbar unterführt, wäre für uns eine denkbare Option. Alles ist möglich und technisch machbar! Wir müssen nur gemeinsam wollen. Die heute gezeigten Bilder haben Charme und zeigen uns Visionen eines neuen, freundlichen Seeufers auf. Wir wollen in Lochau weiterhin, und in Zukunft noch mehr, das Sommer-Erholungsgebiet der Vorarlberger sein. Daher wird von uns bei der nächsten Gemeindevertretungssitzung ein Antrag gegen eine oberirdische Variante – ganz im Sinne der Nachhaltigkeit – eingebracht.“

Vision der Industriellenvereinigung in Form eines weiteren Zukunftsbildes
Um das Potenzial dieses Projekts auch deutlich zu visualisieren und somit nachvollziehbar zu machen, hat die Indus­triellenvereinigung Vorarlberg, wie auch schon in der Vergangenheit, ein visionäres Zukunftsbild erarbeiten lassen. Rhomberg dazu: „Wir haben versucht, alle Bedenken zu berücksichtigen und den Gewinn von Lebensraum und Lebensqualität ebenso wie die Vorteile für den Wirtschaftsstandort hervorzuheben. Wir wollen zeigen, was alles möglich ist, wenn Interessen von Wirtschaft, Lokalpolitik und Anrainern gleichberechtigt berücksichtigt werden. Auf dem Bild kann man den erheblichen Unterschied, den eine unterirdisch verlaufende Bahntrasse für das Seeufer und die Bevölkerung bringen würde, ganz deutlich erkennen. Dabei ist es nicht unsere Absicht, mit diesem Bild einen konkreten Plan vorzulegen, der auch so umgesetzt werden soll. Unser Anspruch ist lediglich, einen kreativen und hilfreichen Beitrag zu dieser Debatte zu leisten und den Menschen das Potenzial der Veränderung vor Augen zu führen. Schlussendlich zeigt nämlich ein klares Zukunftsbild, welche Dinge mit ein wenig Mut auch umsetzbar sind.“ 

Erste Steine kommen ins Rollen
Nicht einmal eine Woche nach Präsentation des Zukunftsbildes vom unterirdischen Gleisausbau kamen die ersten Steine ins Rollen. „Die deutliche Botschaft, wonach ein oberirdischer Ausbau von den Anrainergemeinden ausgeschlossen wird und die unterirdische Variante die einzige nachhaltige Lösung ist, scheint nun auch die gesamte Landesregierung überzeugt zu haben“, freut sich IV-Vorarlberg Präsident Elmar  Hartmann über die klare Entscheidung. „Mein Dank und meine Anerkennung gehen sowohl in Richtung Bürgermeister Matt als auch an alle Bürgermeister der Anrainergemeinden, die sich hier sehr deutlich positioniert haben. Dank gebührt aber auch Landesrat Tittler für seinen verlässlichen und konstanten Einsatz für diese Lösung wie auch Landesrat Zadra, der die Zeichen der Zeit erkannt und seine Positionierung in Richtung Unterflurtrasse adaptiert hat.“

 „Die Vermeidung von Lärm und Sicherheitsbedenken für Mensch und Tier, der Gewinn von Platz und Lebensqualität sowie die klare Unterstützung der Gemeinden für die unterirdische Variante haben einen oberirdischen Ausbau immer unwahrscheinlicher werden lassen“, so Hartmann. „Aus unserer Sicht ist diese Entscheidung der einzige richtige Weg. Ein Gleisausbau ist sowohl für die Menschen des Rheintals wie auch für die gesamte Vorarlberger Wirtschaft dringend notwendig; das gesamte Potenzial eines solchen Projektes kann aber nur durch eine unterirdische Variante erreicht werden. Ich freue mich, dass die Politik hier nun den für die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger bestmöglichen Weg geht. Jetzt ist es wichtig, den Worten Taten folgen zu lassen und die verschiedenen Stakeholder und Interessensvertreter im Erarbeitungsprozess auch entsprechend miteinzubeziehen. (BO)