++ ARCHIVBILD ++ Ex-Wirecard-Chef Braun sieht Vorverurteilung gegen sich © APA - Austria Presse Agentur
Im Strafprozess um die Milliarden-Pleite des von Österreichern in Deutschland gegründeten Zahlungsabwicklers Wirecard ist nach gut zweieinhalb Jahren und 218 Verhandlungstagen ein Urteil in greifbarer Nähe. "Wir sind jetzt in der Endphase", sagte Richter Markus Födisch am Donnerstag in der Verhandlung am Landgericht München. Es erscheine möglich, dass die Beweisaufnahme im vierten Quartal abgeschlossen werde, sagte Födisch und bestätigte damit Reuters-Informationen.
Mehrere Prozessbeteiligte sagten am Rande der Verhandlung, für Plädoyers und Urteil zusammen werde mit fünf bis zehn Verhandlungstagen gerechnet, die sich auf mehrere Wochen verteilen dürften. Fortgesetzt werden soll der Prozess nach der Sommerpause am 4. September.
Hartes Urteil erwartet
Das Gericht hatte bereits früher deutlich gemacht, dass es ein hartes Urteil gegen den früheren Wirecard-Chef Markus Braun ins Auge fasst. Sein ehemaliger, ebenso aus Wien stammender Kompagnon und früherer Wirecard-Finanzchef Jan Marsalek ist flüchtig, wird in Russland vermutet.
Allein der Vorwurf des Betrugs durch die Aufnahme von Krediten bei der Commerzbank und weiteren Geldinstituten sowie weitere Straftaten Brauns könnten demnach für eine Verurteilung zur gesetzlichen Höchststrafe von bis zu 15 Jahren Gefängnis ausreichen. Am Donnerstag untermauerte der Vorsitzende Richter Födisch diese Einschätzung, indem er der Staatsanwaltschaft vorschlug, weitere Details der Anklage fallen zu lassen, weil diese mit Blick auf die mögliche Höchststrafe ohnehin nicht ins Gewicht fielen.
Braun-Verteidigerin beklagt Vorverurteilung ihres Mandanten
Brauns Verteidigerin Theres Kraußlach sprach erneut von einer Vorverurteilung ihres Mandanten, der in Untersuchungshaft sitzt. "Herr Dr. Braun ist unschuldig. Wir kämpfen weiter für einen Freispruch", sagte Kraußlach. Das Ansinnen des Gerichts zeige, dass es voreingenommen sei.
Wirecard war als erster Dax-Konzern im Juni 2020 zusammengebrochen, als aufflog, dass dem Zahlungsabwickler auf Treuhandkonten in Asien 1,9 Milliarden Euro fehlten. Es ist einer der größten Finanzskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte. Zur Aufarbeitung der Pleite laufen noch immer etliche Gerichtsverfahren. Der Strafprozess gegen Braun und zwei weitere Ex-Manager begann im Dezember 2022.