Schuldenberater sehen Rückstau bei Privatinsolvenzen © APA - Austria Presse Agentur
Die staatlich anerkannten Schuldenberatungen wünschen sich eine neue Bankenabgabe zur Finanzierung der Beratungen, "da die Kreditwirtschaft wesentlich an den problematischen Schuldensituationen beteiligt ist", so der Geschäftsführer des Dachverbandes ASB Schuldenberatungen, Clemens Mitterlehner. Außerdem müsste es für Privatpersonen auch künftig möglich sein, sich innerhalb von drei Jahren zu entschulden, fordert Mitterlehner. Diese Regelung läuft im Juli 2026 aus.
2024 sei die Anzahl der Erstberatungen von Schuldnern um 6,8 Prozent gestiegen, berichtete Mitterlehner am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien. "Seit 15 Jahren waren nicht mehr so viele Menschen erstmals in der Beratung." Gleichzeitig würden die Eröffnungen von Privatkonkursen stagnieren. Das sei zwar auf den ersten Blick widersprüchlich, aber in den Beratungsstellen sehe man, "dass immer mehr Menschen mit den Dingen des täglichen Lebens kämpfen wie Miete, Lebensmitteln, Energie und so weiter. Da sind einfach momentan die existenziell wichtigen Kosten von hoher Priorität und die Situation ist noch nicht geeignet für einen Privatkonkurs". Man sehe mittlerweile einen gewissen Rückstau an Privatinsolvenzen.
Banken sollen 0,1 Prozent der Kreditsumme zahlen
Darum wäre eine verbesserte und flächendeckende Finanzierung der staatlich anerkannten Schuldenberatungen wichtig, sagte Mitterlehner. Er schlägt dafür eine Bankenabgabe von 0,1 Prozent jeder neu vergebenen Kreditsumme vor. "Das ist ein Euro pro 1.000 Euro Kredit."
Diese langjährige Forderung der Schuldenberatungen sei auch Thema bei den Regierungsverhandlungen gewesen, habe es aber nicht ins Regierungsübereinkommen geschafft, sagte die für Konsumentenschutz und Gesundheit zuständige Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ). Ebenfalls nicht Teil des Regierungsübereinkommens ist die dauerhafte Verlängerung der seit 2021 bestehenden Möglichkeit für Privatpersonen, sich unter bestimmten Voraussetzungen schon innerhalb von drei Jahren zu entschulden.
Schnellere Entschuldung läuft Mitte 2026 aus
Das Auslaufen dieser mit Juli 2026 befristeten Regelung führe zu einer groben Ungleichbehandlung, sagte Mitterlehner. "Wir hätten dann eine Situation, dass ehemalige Unternehmer und Unternehmerinnen eine Entschuldungsdauer von drei Jahren haben und Privatpersonen eine Dauer von fünf Jahren." Als Beispiel führte er einen Unternehmer an, dessen Frau für seinen Kredit bürge. "Der Unternehmer geht in Konkurs und ist binnen drei Jahren schuldenfrei, die Frau erst nach fünf Jahren."
Darüber hinaus fordert der Dachverband ASB Schuldnerberatungen GmbH eine Deckelung der Kosten bei der Schuldeneintreibung. Das System des Schuldeneintreibens mit Zinsen und Zinseszinsen, Inkassogebühren und Gerichtskosten lasse Schulden so stark anwachsen, dass sie nicht mehr zu bewältigen seien. "Wir fordern daher, dass die Verrechnung von Zinsen und Kosten gedeckelt werden muss. Schulden inklusive aller dieser Zinsen und Kosten dürfen sich ab Fälligstellung maximal verdoppeln."
Nach Ansicht von Königsberger-Ludwig liegt ein zentraler Schlüssel zur Prävention von Überschuldung in der Finanzbildung, besonders für Frauen und junge Menschen. Frauen würden häufig die Verantwortung für das Haushaltsbudget tragen, seien aber durch Teilzeit oder unbezahlte Care-Arbeit strukturell benachteiligt. "Aus meiner Sicht ist es ein großes frauenpolitisches Anliegen und genauso ein gesundheitspolitisches." Ziel sei es, "die finanzielle Gesundheit zu erhalten", denn Schulden seien durch den psychischen Druck auch ein Gesundheitsrisiko. "Schulden machen krank." Deshalb habe sich die Regierung vorgenommen, 2026 eine Finanzbildungsstrategie auf den Weg zu bringen.