Grasser schlitterte in die Privatinsolvenz © APA - Austria Presse Agentur
Die im Privatkonkursverfahren gegen den derzeit inhaftierten Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/dann ÖVP-nahe) für den 6. August angesetzte Prüfungstagssatzung am Bezirksgericht Kitzbühel wird nicht stattfinden. Der Termin wurde vom Bezirksgericht abberaumt, wie der Kreditschutzverband von 1870 (KSV1870) am Dienstag bekanntgab. Der Insolvenzverwalter müsse weitere Prüfungen durchführen. Unterdessen wurde mitgeteilt, dass Forderungen über 34 Mio. Euro angemeldet wurden.
Anfang Mai war von Schulden bzw. von Forderungen gegen Grasser in der Höhe von 21 Mio. Euro die Rede gewesen. An diesem "Forderungsvolumen" habe sich auch de facto nichts geändert, betonte Klaus Schaller, Leiter des Gläubigerschutzverbandes KSV1870 in Tirol, gegenüber der APA. Und zwar aus folgendem Grund: Nunmehr sei durch eine im Buwog-Verfahren ebenfalls verurteilte Person ein bedingter Anspruch über knapp 12,5 Mio. Euro gegen Grasser angemeldet worden. Laut APA-Informationen handelt es sich dabei um den früheren Immofinanz-Chef Karl Petrikovics. Damit hält sich dieser den Weg des Regresses bei Grasser offen. Denn die idente Forderung war bereits von der Republik Österreich als Hauptgläubiger angemeldet worden. Das heißt: Sollte Grasser die Forderung nicht begleichen können und dann eventuell Petrikovics "zum Handkuss" kommen, könnte dieser wiederum einen Ersatzanspruch gegen Grasser stellen.
Vielzahl an Steuerbescheiden eingegangen, Insolvenzverwalter braucht mehr Zeit
Insgesamt stellten bis dato sechs Gläubiger Forderungen gegen den 56-jährigen Grasser, der von 2000 bis 2007 als Finanzminister fungierte. Als Hauptgläubiger waren bisher die Republik Österreich mit rund 12,7 Mio. Euro aufgrund von Schadenersatzansprüchen aus dem Buwog-Verfahren sowie das Finanzamt mit 7,9 Mio. Euro an Steuerforderungen bekannt. Neben der Republik und dem Finanzamt zählen auch Steuerberater und Rechtsanwälte zu den Gläubigern. Seine Aktiva bezifferte Grasser mit 300.000 Euro. Entschulden wollte sich der Ex-Finanzminister über eine Barquote von 3 Prozent innerhalb von zwei Wochen, wobei die Aufbringung der dafür notwendigen Mittel "von dritter Seite" erfolgen soll. Bemessen an den 21 Mio. Euro wären das immerhin 630.000 Euro.
Bei dem Verhandlungstermin am 6. August wäre es folgerichtig um die Prüfung der Forderungen sowie die Abstimmung über das von Grasser vorgeschlagene Zahlungsplanangebot gegangen. Doch nunmehr die Kehrtwende. "Vor wenigen Tagen wurden dem Insolvenzverwalter Dr. Herbert Matzunski eine Vielzahl an Steuerbescheiden von der Finanz übermittelt. Diese Steuerbescheide bilden die Basis für die im Insolvenzverfahren angemeldeten Ansprüche in Millionenhöhe", erläuterte Schaller. In der Kürze der Zeit sei es dem Insolvenzverwalter nicht möglich, zu prüfen, ob die angemeldeten Forderungen tatsächlich zu Recht bestehen: "Es ist daher nur logisch und konsequent, dass eine detaillierte Analyse aller steuerrechtlichen Agenden des Herrn Mag. Karl-Heinz Grasser durch den Insolvenzverwalter in den nächsten Wochen erfolgt." Der Insolvenzverwalter habe die Verlegung des Termins bei Gericht angeregt und dieser Anregung sei "sinnvollerweise entsprochen" worden.
Verwertung des Vermögens noch nicht abgeschlossen
Auch die Verwertung des Vermögens Grassers sei noch nicht abgeschlossen. Es gehe dabei insbesondere um "Uhren, Schmuck und ein Fahrrad". Es gelte ebenso noch zu prüfen, ob allfällige Ansprüche im Rahmen der Anfechtung für die allgemeine Insolvenzmasse zu realisieren seien. Die Tatsache, dass Grasser derzeit in der Innsbrucker Justizanstalt einsitzt, erschwere dabei den "Informationsaustausch".
Rechtlich zulässiger Besuch Grassers am Wörthersee sorgte für Aufregung
Unterdessen sorgte Grasser auch anderweitig für Schlagzeilen. Er wurde nämlich am vergangenen Samstag in seiner Heimat Kärnten gesehen, konkret bei einem Mittagessen mit Ehefrau Fiona in einer Bar in Maria Wörth am Wörthersee, wie die "Kronen Zeitung" zuerst berichtet hatte. Dies löste vor allem im Internet Verwunderung und Kritik aus, war aber zulässig. Denn das österreichische Strafvollzugsgesetz sieht sogenannte gelockerte Haftbedingungen vor. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Gefangene die Anstalt - laut Justizministerium höchstens zweimal im Quartal - für einige Stunden oder sogar Tage und für gewisse Zwecke - verlassen. Dabei handelt es sich um sogenannte Freigänge. Die Entscheidung über einen Freigang fällt der jeweilige Anstaltsleiter.
"Das ist alles legal. Bei einem Freigang kann er machen, was er will", erklärte auch Grassers Anwalt Manfred Ainedter. Der Klagenfurter Grasser, früher auch FPÖ-Landeshauptmannstellvertreter, soll seine betagten Eltern besucht haben. Diese sind - wie Anwalt Ainedter in einem früheren Interview ausführte - beide pflegebedürftig.
Grasser war Ende März im Buwog-Verfahren wegen Untreue und Geschenkannahme durch Beamte vom Obersten Gerichtshof (OGH) rechtskräftig zu vier Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Zur Hälfte des Strafausmaßes dürfte er bedingt entlassen werden, bereits mit September hat er beste Chancen auf eine Fußfessel. Der zweite prominente, verurteilte Buwog-Angeklagte - der Ex-Lobbyist und frühere FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger - blitzte indes mit einem Antrag auf Haftaufschub aus medizinischen Gründen vorerst ab, kann dagegen aber berufen. Somit dürfte Meischberger gute Chancen haben, nicht ins Gefängnis zu müssen und stattdessen mit September ebenfalls in den "elektronisch überwachten Hausarrest" zu kommen.