Die Wirtschaft erholt sich in den USA deutlich schneller als in der EU. © APA - Austria Presse Agentur

Die deutlich schnellere Wirtschaftserholung nach der Coronakrise in den USA im Vergleich zur EU sorgt bei der Industriestaaten-Organisation OECD für Besorgnis. Die USA wird das Vorkrisenniveau bereits heuer im zweiten Quartal erreichen, der Großteil der EU-Staaten erst im Laufe des Jahres 2022. "Wenn die Zinsen in den USA steigen, wird es auch Spillover-Effekte auf Europa haben", sagte die OECD-Chefökonomin Laurence Boone am Freitag bei einer Online-Diskussionsrunde.

Die Ökonomin forderte die EU-Länder auf, sich stärker mit der eigenen Budgetpolitik und der Staatsverschuldung auseinanderzusetzen. Nachdem der Höhepunkt der Coronakrise überschritten sei, gehe es nun darum, wie man in einer Übergangsperiode die Wirtschaftshilfen mehr fokussieren könne. Auch durch die Alterung der Bevölkerung gebe es mehr finanziellen Druck auf die öffentlichen Finanzen.

Für die OECD-Chefökonomin gibt es drei Hauptgründe, warum es in vielen Ländern zu einer deutlich höheren Staatsverschuldung gekommen ist: Vor Wahlen wurden oftmals die öffentlichen Ausgaben erhöht und je nach Wahlausgang dann gesenkt oder auch nicht. Weiters würde die Fragmentierung der politischen Landschaft es einflussreichen Wirtschaftsgruppen erleichtern, ihre Interessen - etwa Steuersenkungen oder Subventionen - durchzusetzen. Außerdem ortet Boone eine "fiskalische Illusion" bei den Wählern, weil sie nicht die Langzeitkosten ihren Präferenzen berücksichtigen.

Als Vorbild nannte die Ökonomin die Niederlande und Neuseeland, wo die Budgetpolitik von einer unabhängigen öffentlichen Stelle analysiert wird. Das Niederländische Büro für wirtschaftspolitische Analysen (CPB) prüft etwa geplante politische Maßnahmen auf ihre Budgetwirksamkeit und Verteilungswirkung.

Der scheidende Wifo-Chef und neue Präsident des Fiskalrates, Christoph Badelt, war auch Teil der OECD-Diskussionsrunde am Freitagnachmittag. Badelt wurde im Mai von der Regierung zum neuen Fiskalratschef ernannt. Der Rat überwacht die Einhaltung der EU-Budgetregeln in Österreich. Badelt erklärte, dass er als Fiskalrats-Präsident auf mehr Investitionen drängen werde. Österreich habe im Vergleich zu anderen Ländern relativ niedrige öffentliche Investitionen und hohe Sozialausgaben.

Die Einflussmöglichkeiten des Fiskalrats sieht Badelt beschränkt. "Wenn der Rat sich öffentlich äußert, dann wird medial berichtet." Man könne aber nicht populistisch motivierte Ausgaben der Regierung verhindern. Badelt kann sich EU-weit auch eine temporäre "goldene Regel" der Budgetpolitik vorstellen, um öffentliche Investitionen im Bereich der grünen Wirtschaft, Digitalisierung und Infrastruktur anzukurbeln.