Gewerkschaft übergibt am Montag ihr Lohn- und Gehaltsforderungen © APA - Austria Presse Agentur

Die rund 120.000 Beschäftigten der Metalltechnischen Industrie (FMTI) fordern eine Lohn- und Gehaltserhöhung von 11,6 Prozent, bei einer zurückliegenden Jahresinflation von 9,6 Prozent. Im Vorjahr lag diese bei 6,4 Prozent, die Lohnforderung betrug 10,6 Prozent, geeinigt hat man sich schließlich auf ein Plus von 7,4 Prozent. Die Arbeitgeber zeigten sich heute leicht erstaunt, sie hatten mit höheren Forderungen der Gewerkschaften gerechnet.

Wenig überraschend sind FMTI-Obmann Christian Knill trotzdem die Wünsche der Gewerkschaften GPA und PRO-GE noch zu hoch. Die Metallindustrie stecke in einer Rezession und würde durch hohe Lohnabschlüsse als besonders exportorientierte Branche gegenüber dem Mitbewerbern im Ausland geschwächt.

Die Chefverhandler auf Gewerkschaftsseite - Karl Dürtscher (GPA) und Reinhold Binder (PRO-GE) - betonten, es gelte nun die Teuerung für die Arbeitnehmer abzugelten und die Kaufkraft zu sichern. Neben mehr Lohn und Gehalt solle es leichter sein, die sechste Urlaubswoche zu erreichen und es solle die Möglichkeit geben, dass das Mehr an Einkommen gegen Freizeit getauscht werden könne. Eine generelle Arbeitszeitverkürzung sei kein Thema.

Die Gewerkschaften begründen ihre Forderung nach 11,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt mit der Sicherung der Kaufkraft. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätten in den vergangenen Monaten einen der größten Reallohnverluste in der Geschichte der zweiten Republik erlitten. "Die Arbeit der Beschäftigten wurde massiv entwertet. Sie können sich um rund zehn Prozent weniger leisten als noch vor einem Jahr. Das ist gleichbedeutend mit einem Monat gratis arbeiten", rechneten Binder und Dürtscher heute Mittag in der Wirtschaftskammer vor. Währenddessen hätte die Metallindustrie in den vergangenen Jahren und bis zuletzt Gewinnausschüttungen für die Aktionäre in Milliardenhöhe getätigt.

Weitere Gewerkschafts-Forderungen betreffen unter anderem die rund 8.000 Lehrlinge in der Metallindustrie. Nach Abschluss ihrer Lehre sollen sie künftig bei der Einstufung dem Gehaltsschema von Absolventinnen und Absolventen höherer berufsbildender Schulen gleichgestellt werden. Zurzeit betrage der Einkommensunterschied in der Grundstufe 390 Euro brutto.

Laut Industrievertretern betragen die Lohnkosten in der Metalltechnischen Industrie rund zehn Milliarden Euro pro Jahr, entsprechend hoch wären die Mehrkosten selbst bei nur einem Prozent mehr Entgelt. Die Arbeitgeber rechneten am Montag vor, dass jedes dritte Unternehmen ein negatives Betriebsergebnis erwarte, hier seien realistische Verhandlungen gefordert. Die Metalltechnische Industrie habe heuer im ersten Halbjahr einen Rückgang der Produktion um sechs Prozent verzeichnet.

Das gewerkschaftsnahe Momentum Institut hat heute vorgerechnet, dass die Kaufkraft der Löhne so niedrig ist wie vor 11 Jahren. "So wenig konnten sich Arbeitnehmer:innen zuletzt im Oktober 2012 um ihren Lohn kaufen", so das Institut mit Verweis auf Zahlen der Statistik Austria.

Vor Beginn der Verhandlungen beim obligatorischen Shakehand der Sozialpartner hatte Binder zu seinem Gegenüber auf Arbeitgeberseite, FMTI-Obmann Knill, gemeint: "Auf faire Verhandlungen in schwierigen Zeiten, aber wir wissen beide welche Verantwortung wir tragen."

Zu Wort gemeldet haben sich heute auch die Arbeitgeber im Metallgewerbe. Ihre Verhandlungen zum Kollektivvertrag (KV) starten leicht zeitversetzt von den Metallern. Verhandlungsleiter Andreas Lahner betonte, dass die rollierende Inflation nicht die Ausgangsbasis für Diskussionen über Lohn- oder Gehaltserhöhungen sein kann. Er wies darauf hin, dass einerseits auch das Gewerbe massiv von Kostensteigerungen betroffen ist, andererseits schon jetzt spürbare Rückgänge bei den Auftragseingängen, besonders im Baubereich, zu verzeichnen seien.

Allerdings würden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Metallgewerbes bei einem Abschluss unter der rollierenden Inflation von 9,6 Prozent weniger erhalten als die Bundesregierung kürzlich den Pensionistinnen und Pensionisten zugesagt hat, sie erhalten um 9,7 Prozent mehr auf ihr Pensionskonto.

Die erste KV-Verhandlungsrunde der Metalltechnischen Industrie startet am kommenden Montag, drei Termine sind vorläufig anberaumt. Der neue KV soll dann ab dem 1. November 2023 gelten.