KSV kritisiert neue Regeln für Privatinsolvenzen © APA - Austria Presse Agentur
Der größte heimische Gläubigerschutzverband KSV1870 kritisiert die neuen, vorerst bis 2026 befristeten Regeln für den Privatkonkurs als "Ausverkauf der Gläubigerinteressen". Seit einem Jahr möglich, setzen bisher 20 Prozent der privaten Schuldnern auf den neuen Tilgungsplan, der eine Entschuldung binnen dreier Jahre ermöglicht. Dabei funktioniere das auf fünf Jahren angelegte Abschöpfungsverfahren genauso gut - habe den Gläubigern aber eine höhere Quote gebracht.
Zwar gibt es nach wie vor ein Verfahren mit fünf Jahren (Abschöpfungsplan), "es fristet jedoch ein Schattendasein", moniert der Verband am Donnerstag in einer Aussendung. Das Mittel der ersten Wahl bleibe der Zahlungsplan (70 Prozent der Verfahren). Die Quotenangebote der Schuldner befänden sich aber "aufgrund der verkürzten Entschuldung im Sturzflug".
Die Zahlen haben sich laut KSV1870 umgekehrt. Von Juli 2021 bis Juli 2022 haben 20 Prozent aller privaten Schuldner auf den dreijährigen Tilgungsplan gesetzt, nur 1 Prozent auf den fünfjährigen Abschöpfungsplan. Im Jahr vor der Neustrukturierung haben 23 Prozent das Abschöpfungsverfahren in Anspruch genommen.
"Die Einführung des Tilgungsplans, der für Private, nicht aber für ehemalige Selbstständige bis 2026 befristet ist, war eine präventive Handlung, die auf der Annahme basierte, dass die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie die Privatpersonen massiv treffen würden. Das ist so nicht eingetreten, wie die Ursachenanalyse des KSV1870 für 2021 und 2020 belegt", wird der Insolvenzleiter des Verbandes, Karl-Heinz Götze, in dessen Aussendung zitiert. "Mit dem Verfahren wurde eine Möglichkeit geschaffen, mit wenig Aufwand schnell aus den Schulden rauszukommen. Dadurch ist es zu einem Ausverkauf der Gläubigerinteressen gekommen."
Die Gläubiger blieben nun vermehrt auf ihren Forderungen sitzen und bekämen oft weniger retour, als dies vor der Neuregelung der Fall gewesen sei, so Götze. "Dabei sprechen wir von Geld, das ihnen eigentlich aufgrund von erbrachter Leistungen zu 100 Prozent zusteht", erinnert er.
Im direkten Vergleich vor bzw. nach der Insolvenznovelle vom Juli des Vorjahres zeige sich, dass Zahlungspläne weiter bevorzugt werden, um private Schulden loszuwerden. 70 Prozent aller eröffneten Schuldenregulierungsverfahren münden in Zahlungsplänen. "Die Schuldner wollen weiterhin ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und greifen überwiegend auf dieses Instrument zurück", so Götze. "Das ist eine positive Fortsetzung des Verhaltens der Privatschuldner, weil vergleichsweise bessere Quoten für die Gläubiger erzielt werden und dadurch die Ernsthaftigkeit der Schuldner erkennt wurde. Darüber hinaus unterliegen Schuldner weniger Restriktionen als in der Abschöpfung."
Etwa ist festgelegt, dass Schuldner auf Jobsuche dem potenziellen Arbeitgeber ein Abschöpfungsverfahren mitteilen müssen, einen Zahlungsplan hingegen nicht. "Wermutstropfen" sei, dass immer geringere Quoten angeboten würden.
Die von Schuldnerseite angebotenen Quoten gingen laut KSV zurück: Von 18 Prozent (2020), auf 16 Prozent (2021) und weiter auf 11 Prozent (2022). Tatsächlich kam es dann - nach Mitsprache der Gläubigerschutzverbände aber zu viel höheren Quoten - die allerdings zuletzt ebenfalls tendenziell sanken. Im Jahr 2020 belief sich die durchschnittliche Quote auf 32 Prozent, 2021 auf 29 Prozent und heuer bisher auf 28 Prozent. "Es ist unsere Aufgabe, Quoten zu verhandeln, die die Interessen von beiden Seiten berücksichtigen und gleichzeitig vom Schuldner eingehalten werden können", so Götze. Es sei nicht Aufgabe der Unternehmen, die finanzielle Schieflage von Konsumenten zu korrigieren.