EZB-Chefvolkswirt Philip Lane © APA - Austria Presse Agentur

Die Erholung der Wirtschaft von der Coronapandemie wird nach Einschätzung des Chefökonomen der Europäischen Zentralbank (EZB), Philip Lane, lange dauern. Die Arbeitslosenquote werde nicht vor 2023 auf das Niveau von 2019 und damit vor Ausbruch des Virus zurückkehren, erklärt er in der französischen Zeitung "Le Monde". Die Wirtschaftsleistung der Eurozone (BIP) werde nicht vor Frühling kommenden Jahres das Niveau von 2019 erreichen.

"Ich denke, wir sind jetzt im Mai und Juni an einem Wendepunkt", sagte er. "Von nun an wird die Wirtschaft schnell wachsen, jedoch von einem gedämpften Niveau ausgehend." Bis das Vor-Krisenniveau wieder erreicht sei, werde es noch eine Weile dauern: "Selbst bei einem recht schnellen Wachstum für den Rest dieses Jahres würde das Euro-Währungsgebiet erst um diese Zeit im nächsten Jahr wieder auf das BIP-Niveau von 2019 zurückkehren." Jeder müsse sich vor Augen führen, "dass die wirtschaftliche Erholung kein superschneller Prozess sein wird", bekräftigte Lane. Eine nachhaltige Unterstützung durch Staaten und Geldpolitik bleibe erforderlich.

Die EZB wird auf ihrer Zinssitzung im Juni über das Tempo ihrer Notfall-Anleihenkäufe beraten. Im März sei die EZB zur Auffassung gelangt, es sei notwendig, die Käufe innerhalb des Krisenprogramms PEPP deutlich zu erhöhen, sagte Lane. Das höhere Niveau werde in den nächsten Wochen beibehalten.

"Wir werden das erneut auf unserer Juni-Sitzung überprüfen, wenn wir die Finanzierungsbedingungen zusammen mit dem Inflationsausblick bewerten", sagte Lane. Die EZB könne die Käufe erhöhen oder vermindern, je nachdem was notwendig sei, um die Finanzierungsbedingungen günstig zu halten.

Die nächste Zinssitzung ist am 10. Juni. Dann sollen den Euro-Wächtern auch neue Inflations- und Konjunkturprognosen der hauseigenen Volkswirte vorliegen. Das Kaufprogramm PEPP ("Pandemic Emergency Purchase Programme") ist auf 1,85 Billionen Euro angelegt und soll noch bis mindestens Ende März 2022 laufen. Rund eine Billion des Kaufrahmens wurde schon genutzt. Im April erwarben die Währungshüter im Rahmen von PEPP Staatsanleihen, Firmenbonds und andere Wertpapiere im Nettovolumen von rund 80 Milliarden Euro.