Der digitale Euro soll eine Alternative zum Bargeld sein, kein Ersatz © APA - Austria Presse Agentur

Seit Anfang November ist die Entwicklung des digitalen Euro einen Schritt weiter. In den kommenden zwei Jahren sollen in einer Vorbereitungsphase das Regelwerk fertiggestellt und Anbieter für die Entwicklung der nötigen Infrastruktur ausgewählt werden. Ob der digitale Euro am Ende aber wirklich kommt oder nicht, ist weiterhin offen. Sein Nutzen ist unter Experten und Expertinnen jedenfalls umstritten.

Die Europäische Zentralbank (EZB) will mit dem digitalen Euro ein Notenbankkonto für alle schaffen, also eine Art digitales Bargeld. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen Geld dann direkt in ihrer digitalen Geldbörse aufbewahren und damit wie mit Bargeld überall sowohl online als auch offline bezahlen können, so die Idee. Die Nutzung soll für die Kunden gratis sein. Mit dem Notenbankkonto soll das Geld direkt den Inhabern gehören - im Gegensatz zum Giralgeld auf dem Bankkonto, das lediglich eine Forderung gegenüber der Bank darstellt. Darüber hinaus will die EZB mit dem digitalen Euro auch der Vorherrschaft der großen US-Kreditkartenanbieter Visa und Mastercard in Europa etwas entgegensetzen.

Im Rahmen einer Rede mit anschließender Podiumsdiskussion im Finanzministerium bekräftigte der deutsche Ökonom Peter Bofinger am Dienstag seine Kritik am digitalen Euro. "In meinen Augen sind die Vorteile des digitalen Euro für die Verbraucher und für den Handel schwer erkennbar, die Kosten sind enorm hoch, die ordnungspolitischen Risiken sind nicht gering und es gibt sehr viel bessere Alternativen", so der Volkswirt.

Für den Kunden mache es im Alltag kaum einen Unterschied, ob er elektronisch mit einer Bank- oder Kreditkarte oder dem digitalen Euro bezahle, der praktische Nutzen sei begrenzt. Für den Handel würde die Einführung eher eine Zunahme an nötigen Transaktionen für eine Zahlung bedeuten und damit die Komplexität erhöhen, so Bofinger.

Die Risiken seien dagegen beträchtlich. So sei der Aufbau der nötigen Infrastruktur mit hohen Kosten verbunden. Weiters sieht Bofinger ein politisches Risiko: Wenn für den Verbraucher der Nutzen des digitalen Euro nur schwer verständlich gemacht werden könne, der Aufwand und die Kosten aber hoch sind, bestehe die Gefahr, dass rasch ein Narrativ rund um die Abschaffung des Bargeldes entstehe.

Der digitale Euro soll das Bargeld aber keineswegs zu Grabe tragen. Denn Bargeld habe weiterhin "enorm Konjunktur", so Bofinger, und wird stark genützt. Dem stimmte auch Petia Niederländer, OeNB-Direktorin für Zahlungsverkehr, Risikoüberwachung und Finanzbildung, zu. Der digitale Euro solle lediglich eine Ergänzung zum Bargeld sein, dieses aber nicht abschaffen. Das betonte auch Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) in einer Rede eingangs zur Diskussion. Das Bargeld sei ein "emotionales Thema" und müsste mit viel Sensibilität diskutiert werden, um die Bevölkerung nicht zu verunsichern, so der Minister.

Zu den von Bofinger kritisierten hohen Kosten wies Niederländer darauf hin, dass sich die EZB durchaus bewusst sei, dass durch den Aufbau der Infrastruktur für die Banken zusätzliche Kosten entstehen werden. Um dem zu begegnen, wolle die EZB ein Kompensationsmodell aufbauen.

Eher kritisch sieht der Chef der UniCredit Bank Austria, Robert Zadrazil, den digitalen Euro. "Mir fehlt die Lücke", die der digitale Euro füllen soll, so der Bankchef bei der heutigen Diskussion.

Für den CEO der Digitalbank N26, Valentin Stalf, funktioniert der Zahlungsverkehrs-Markt aufgrund der Macht von Visa und Mastercard zwar nur bedingt, die Schaffung des digitalen Euro sei aber nicht die richtige Lösung. Besser wäre es aus seiner Sicht, weitere private Anbieter zu schaffen um den zwei Platzhirschen etwas entgegensetzen zu können.