Aline Seebacher, stv. Geschäftsführerin von Austrian Audio © Markus Morawetz

Die stellvertretende Geschäftsführerin der in Wien ansässigen Weltmarke Austrian Audio, Aline Seebacher, gibt anlässlich des Töchtertages am 27. April Karrieretipps für Frauen.

„Es gibt so viele hochqualifizierte Frauen, die sich nicht trauen Führungsrollen anzunehmen. Dabei steckt in jeder von uns eine Superwoman. Bei Männern ist es auch gern mal umgekehrt – auch jene, die weniger qualifiziert sind, versuchen sich zuweilen als Superman zu verkaufen“, sagt Aline Seebacher, stellvertretende Geschäftsführerin von Austrian Audio – jenes in Wien ansässige Unternehmen, das innerhalb von nur fünf Jahren mit seinen High-End-Mikrofonen und Kopfhörern den Weltmarkt erobert hat und mit seinen Produkten mittlerweile auf Welttourneen von Rolling Stones, Sting, Bon Jovi, Muse & Co nicht mehr wegzudenken ist.

Führungskraft mit zwei Kindern
Die Mutter von zwei kleinen Kindern möchte anlässlich des bevorstehenden Töchtertages allen Mädchen und Frauen, die sich für eine technische Ausbildung interessieren oder bereits im Berufsleben stehen, Mut zusprechen sich mehr zuzutrauen: „Es ist wichtig, Frauen zu ermutigen und ihnen das Selbstvertrauen zu geben, ihre Fähigkeiten und Interessen in technischen Berufen zu verfolgen. Männer sind in Sachen Selbstvertrauen oft stärker als Frauen, oder sie verstecken geschickt Unsicherheit und mangelndes Fachwissen hinter sehr starkem und selbstbewusstem Auftreten“, meint Aline Seebacher.

Als sie bereits mit 30 Jahren Führungskraft wurde, waren ihre Mitarbeiter alle Männer und über 40 Jahre alt. In so einer Situation würden sich viele Frauen die Frage stellen: Will ich mir das wirklich antun? Was ist, wenn da auch noch schwierige Persönlichkeiten dabei sind? Doch sie dachte sich damals: Ich muss mich ja nicht hinstellen und so tun, als ob ich die bessere Projektmanagerin bin. Tatsache war: Die anderen hatten viel mehr Erfahrung als sie. Aber Seebacher musste ihnen ja nicht sagen, wie sie es besser machen können, sondern ihre Aufgabe war es, die besten Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass ihre Mitarbeiter das bestmögliche Projektmanagement machen können. Und das hat sie sich zugetraut. 

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold 
Ihre Mutter hatte ihr einmal den Ratschlag gegeben, selbst bei völliger Ahnungslosigkeit sicher aufzutreten. Damit sei aber nicht ein überschwänglich gespieltes Auftreten gemeint, sondern eher eine selbstbewusste Zurückhaltung. „In großen Meetings lieber einmal weniger sagen und dafür dann abschließend gute kritische Fragen stellen. Das weckt Aufmerksamkeit beim höheren Management und hinterlässt einen kompetenten Eindruck“, sagt Seebacher. 

Und: „Es sind alles nur Menschen wie du und ich, sie alle kochen nur mit Wasser – wenn man sich das vor Augen hält, sieht man viele Dinge anders.“ Und wer nichts probiert, könne am Ende auch nicht wissen, wie es geworden wäre. „Wir Frauen dürfen ruhig ein wenig mutiger sein, vor allem wenn es um Leadership geht“, meint Seebacher. Es gebe schließlich genug Studien, die belegen würden, dass Unternehmen mit Frauen in Führungspositionen erfolgreicher sind. Daher möchte Aline Seebacher auch die männlichen Führungskräfte motivieren, Frauen verstärkt zu fördern. 

Gender Pay Gap
Weiters sollten sich Frauen ihres eigenen Wertes bewusst sein. „Sie sollten erfragen, wie viel Kollegen oder männliche Bekannte in ähnlichen Positionen verdienen und entsprechend ihr Gehalt ausverhandeln. Frauen müssen sich einfach trauen, ihren Wert auch finanziell einzufordern. Fragen kostet schließlich nichts", so die erfolgreiche Austrian Audio-Co-Chefin.

Aline Seebacher kommt aus dem Ruhrgebiet und hat Wirtschaftsingenieurswesen an der TU in Dortmund studiert – eine Kombination aus Maschinenbau und Wirtschaft. – Und ist schnell auf das Fach „Industrielles Projektmanagement“ gestoßen, hat diesen Weg mit einer Projektmanagementzertifizierung (PMI) weiterverfolgt und ist im Kraftwerksbau gelandet, hat ein paar Großkonzerne von innen gesehen, ist aber schließlich über einen Freund zur AKG gekommen, weil sie dort einen Projektmanager gesucht haben – sie ist sozusagen vom AKW zu AKG gekommen. „Naja stimmt nicht ganz, es war ein Gaskraftwerk, kein Atomkraftwerk.“

„Um mehr Frauen in die Technik zu bringen, sind gezielte Maßnahmen notwendig“
Was Kraftwerke und Audioprodukte gemeinsam haben? „Die Disziplinen, die es braucht, um solche Kopfhörer herzustellen, sind jenen des Kraftwerkbaues gar nicht so unähnlich – in beiden Fällen muss man multidisziplinär führen, sich mit Konstruktion, Qualitätsmanagement, Dokumentation, Einkauf, Logistik, Terminplanung usw. auskennen. Aber wie im Kraftwerksbereich sind auch in der Audiobranche Frauen in Führungspositionen eher eine Seltenheit.“

Nach der Schließung des Wiener Standorts 2016, hat Seebacher gemeinsam mit ihrem heutigen Chef Martin Seidl und einem kleinen Entwicklungsteam am Aufbau von Austrian Audio gearbeitet. Heute berichtet sie stolz: „Bei Austrian Audio ist es anders als branchenüblich, drei von sechs Managementpositionen sind von Frauen besetzt.“ Neben ihrer eigenen Rolle, werden auch die Finanz- sowie Logistik- / Einkaufsabteilung von Frauen geleitet. Insgesamt sind 14 von 52 Mitarbeiter:innen weiblich, leider ist Seebacher jedoch die einzige Frau in der Entwicklung. „Die Bewerbungsquote von Frauen auf offene Positionen in technischen Bereichen ist in den vergangenen fünf Jahren Null gewesen“, klagt Seebacher. Hier sollte sich etwas tun, wir brauchen gezielte Maßnahmen, um junge technikaffine Frauen zu ermutigen, ihren Interessen nachzugehen und eine technische Ausbildung zu beginnen. Die Jobchancen könnten besser nicht sein, meint sie. 

Führungskraft in Teilzeit: „Es braucht ein Umdenken in Personalabteilungen und Management“
Aline Seebacher ist Führungskraft in Teilzeit, trotz immenser Verantwortung für die Firma. „Eine Vereinbarung von Familie und Karriere wäre ohne Teilzeit und flexible Arbeitszeiten für mich nicht möglich“, sagt Seebacher. Und dann brauche es noch eine gute private Organisation und vor allem ein gutes Team. Laut Seebacher sind die meisten Teilzeitkräfte sehr effizient, in dem was sie tun und wie sie es tun. „Wir haben auch Techniker in Teilzeit bei Austrian Audio. Dass Entwicklung oder Führung nur mit einem Vollzeitjob möglich ist, ist ein Mythos“, so Seebacher.

Und was ist ihr Erfolgsrezept? 
„Ich liebe meinen Job und ich liebe es mit unseren Technikern zusammenzuarbeiten. Wir haben es geschafft, eine respektvolle und familiäre Unternehmenskultur zu schaffen, die getragen wird von einer gemeinsamen Passion für Musik und einem breitgefächerten Fachwissen.“ (red.)