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Elfriede Harrer, Gründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Harrer & Partner Unternehmensberatung © RNF

Elfriede Harrer beschäftigt sich mit BI und kämpft gegen den "Datenmoloch". Der ist heute zwar viel größer, aber der Wunsch der Kunden ist gleich geblieben: Sie wollen ihrer Daten Herr werden.

Die Betriebswirtin Elfriede Harrer ist Gründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Harrer & Partner Unternehmensberatung, die sich auf Software-Lösungen für Business Intelligence (BI) und Planung spezialisiert hat. Sie kommt aus der Praxis, hat im Controlling der Salinen Austria AG gearbeitet, bevor sie als Consultant mit dem Schwerpunkt Projektleitung/Projektmanagement im Bereich softwareunterstützte Unternehmensplanung und Budgetierung zum Softwarehersteller Winterheller Software (mittlerweile von prevero übernommen) wechselte. Auch beim Unternehmen Management Factory stand neben dem Aufgabengebiet Unternehmensstrategie der Bereich Unternehmensplanung/Controlling im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit.

Mit NEW BUSINESS sprach Elfriede Harrer, übrigens auch ausgebildete Kommunikations- und Wirtschaftstrainerin, über die Anfänge ihres Unternehmens, aktuelle Trends im Bereich Business Intelligence, warum uns das Bauchgefühl hoffentlich nie verloren geht und sogar darüber, was man vom Musizieren für das Business lernen kann.

Was war für Sie der Grund, ein eigenes Unternehmen zu gründen?
Ich wollte mehr Selbstbestimmung, mir meine Projekte selbst aussuchen. Eigentlich wollte ich ins Coaching wechseln und habe auch eine Coaching- und Trainerausbildung gemacht. Aber meine Professional-Planner-Kunden sind mit mir mitgekommen und so hatten wir mehr Projekte aus dem Planungsbereich als Coaching-Projekte. Ein Kunde, den wir im Bereich Planung und Budgetierung unterstützten, hat uns auch den Rat gegeben, unser Portfolio um eine Software für die Analyse zu erweitern. Das war die Zeit, als OLAP-Systeme wie Cognos oder Cubeware aktuell waren. Aber die waren sperrig und aufwändig, da haben wir uns mit unserem damals kleinen Team nicht drüber getraut. Wir hörten von QlikView und wie anders diese Lösung sei. Herr Luger (Anm.: der zweite Geschäftsführer von Harrer und Partner) hat es sich angesehen und war überzeugt, dass wir das machen müssen. Wir haben dann Mitarbeiter für Qlik aufgenommen und konnten im Analysebereich schnell viel stärker zulegen als im Planungsbereich – der aber ebenfalls weiter sehr stabil ist.

Angefangen hat es bei Ihnen mit der Planungssoftware Professional Planner von Winterheller Software. Aus diesem Bereich kommen Sie. Später rückte BI mit Qlik in den Vordergrund. Durch die Partnerschaft mit Jedox gehen Sie jetzt quasi wieder in ihren angestammten Bereich zurück, oder?
Wir haben den Planungsbereich nie verlassen, das ist unser Zuhause. Wir waren zum Beispiel auch Partner von prevero, als sie Professional Planner übernommen haben. Wir haben aber mittelfristig nach einer Lösung gesucht, die sich ideal mit Qlik vereinbaren lässt. Damit wir keine zwei Insellösungen haben, sondern Lösungen, die bei Planung, Analyse und dem Reporting, wofür wir selbst eine Lösung anbieten (Anm.: die Reporting-Erweiterung Mail & Deploy für Qlik-Anwendungen), ineinandergreifen.

Apropos „Dinge, die Sie selber machen“. Glückwunsch zum erfolgreichen Verkauf Ihres Tools GlobeQlik!
Ja, wir konnten GlobeQlik, eine Erweiterung für Geodatenanalyse in Qlik, an einen großen amerikanischen Qlik Partner verkaufen. Wir waren mit unseren Qlik-Erweiterungen immer sehr stark am Qlik Market vertreten (Anm.: ein Marktplatz für Erweiterungen und Apps zu QlikView und Qlik Sense). Das hat nicht nur bei Qlik viele überrascht, dass wir als kleine "Bude" aus Österreich mit unserer Lösung hier immer unter den Top Drei waren. Das Thema Geodatenanalyse haben wir sehr früh aufgegriffen, da gab es noch nicht soviel Konkurrenz wie jetzt. Programmiert haben wir die Lösung gemeinsam mit einem Partner, der auf dieses Thema spezialisiert war. Wir boten eine sehr gute Alternative zu den meist viel teureren Produkten. Mit der Reporting-Lösung hatten wir rasch zwei Tools, die aus Kundenanforderungen heraus entstanden sind. Wir mussten uns entscheiden, welche Lösung wir forcieren wollen, und entschieden uns für das Reporting, weil es unser Portfolio besser abrundet. Nachdem wir mit GlobeQlik am Qlik Market unter den Mitbewerbern eine Top-Position hatten, war die US-Firma Analytics8 am Kauf interessiert.

Wie geplant und analytisch gehen Österreichs Unternehmen Ihrer Meinung nach eigentlich vor? Gibt es das berühmt berüchtigte Bauchgefühl noch?
Das Bauchgefühl wird es hoffentlich immer geben. Eine Analyse kann so gut gar nicht sein, der Bauch muss immer mit. Aber es ist immer gut, wenn ich mein Bauchgefühl mit fundierten Daten unterstützen kann, und da hat sich sehr viel geändert. Die Unternehmen versuchen es mit Excel, aber mittlerweile ist das Bewusstsein dafür größer geworden, dass man dem Datenmoloch mit sinnvollen Tools, einer sinnvollen Business-Intelligence-Lösung beikommen muss. Die Daten sollen dem Geschäftsführer, aber nicht nur ihm, sondern wirklich jedem im Unternehmen, zur Verfügung stehen.

Hat sich das in den letzten Jahren stark verändert? Hat das Thema Digitalisierung die Entwicklung hin zu BI-Systemen und Analysen noch einmal angeschoben?
Absolut. Das Bewusstsein dafür wird immer stärker. Es gibt viele Unternehmen, die diesen Weg oder einen Wechsel vor sich haben. Die einen wechseln von Excel zu einem BI-System, die anderen müssen von einem veralteten, starren System zu einem flexiblen Tool wechseln, das sich schnell anpasst und die Daten schnell liefert.

Die OLAP-Systeme mit ihren Cubes, von denen Sie vorhin gesprochen haben, sind heute schon veraltet?
Ich würde sagen, ja. Wenn Sie Strukturänderungen haben oder neue Datenquellen hinzufügen wollen, dann sind diese Systeme viel zu träge. Die Flexibilität der neuen Systeme in der Analyse bringen OLAP-Systeme nicht mit.

Helfen Sie mir bitte kurz auf die Sprünge. Von Qlik gibt es mittlerweile QlikView und das neuere Qlik Sense. Was ist der Unterschied? Ist QlikView heute auch schon veraltet?
Das hören die QlikView-Kunden, die eine gute QlikView-Lösung haben, gar nicht gerne. Das sind nicht zwei verschiedene Tools, sondern zwei verschiedene Oberflächen mit der gleichen Technologie der Datenaufbereitung im Hintergrund. Die Möglichkeiten, Daten aufzubereiten und zur Verfügung zu stellen, sind bei beiden Produkten gleich. Das ist der USP von Qlik. Der Unterschied ist die Oberfläche, also wie Daten zur Verfügung gestellt und graphisch aufbereitet werden. Da ist Qlik Sense das modernere Tool und QlikView ist das gewachsene System. Ein weiterer Unterschied ist auch die offene API (Anm.: Application Programming Interface; Programmierschnittstelle) von Qlik Sense, die View zum Beispiel nicht hat. Damit haben sie für Sense viele Erweiterungen am Markt, die Ihnen für QlikView so nicht zur Verfügung stehen. Aber der Unterbau ist immer Qlik – meiner Meinung nach noch immer das Beste, was es gibt.

Wer kommt heute als Kunde zu Ihnen? Ist es die IT-Abteilung, sind es die Fachabteilungen? Hat sich daran in den letzten Jahren etwas geändert?
Das ist für uns schwierig zu beantworten, weil wir von der Planungsseite kommend immer im Controlling eingehakt haben, aber mit BI oft im IT-Bereich unterwegs sind. Häufig sind es aber auch die Fachabteilungen, die einen Bedarf haben. Im BI-Bereich sind es sicher häufiger die IT-Abteilungen als im Planungsbereich. Am schönsten ist es aber, wenn die Geschäftsführung den Bedarf erkennt und die IT-Abteilung zu uns schickt.

Spricht man in Ihrem Fachgebiet heute eigentlich noch von Big Data, oder hat sich dieses Buzzword überlebt? Ist heute quasi alles Big Data?
Heute ist Big Data schon wieder fast „normal“. Wir sind heute schon alle mit Big Data konfrontiert. Nicht zuletzt auch weil wir von außen schon so viele Daten bekommen, die wir mitverarbeiten könnten. Aber Big Data ist nicht gleich Big Data. Da wird oft schon von Big Data gesprochen, wo der Ausdruck „Big“ mit den heutigen Möglichkeiten ganz normal ist. Trotzdem ist Big Data für viele Bereiche nach wie vor ein großes Ding. Zum Beispiel in der Energiewirtschaft, mit Smart Metering, wenn laufend Daten von verschiedenen Geräten empfangen werden. Da hat man es mit wirklich vielen Daten zu tun und es braucht Ansätze und Technologien, die viel weiter gehen als klassische BI. In diese Richtung orientiert sich Qlik gerade – und nimmt damit meiner Meinung nach wieder eine absolute Vorreiterrolle im Markt ein. BI hört nicht dort auf, wo ich die Daten analysiere. Vielmehr muss man sich die Frage stellen, wo man diese herbekommt und wie man sie für BI aufbereitet.

Welche Hypes sind in Ihrem Bereich noch aktuell – und welche davon werden Ihrer Meinung nach länger überleben? Ich werfe einfach das Schlagwort künstliche Intelligenz in den Raum.
KI ist bei Qlik mittlerweile ein Thema. Der Insight Advisor beispielsweise generiert aus Ihren Datensätzen Vorschläge, wie sie sich am besten visualisieren lassen. Das Ganze funktioniert über eine künstliche Intelligenz aus Qlik-Cloud-Lösungen. Wenn User Datensätze hochladen und nach einem gewissen Muster analysieren, lernt die Cognitive Engine von Qlik dazu und stellt das beim nächsten Update allen Usern zur Verfügung. Das ist ein erster Schritt in Richtung künstlicher Intelligenz und Machine Learning in der BI. Für mich ist das ein cooler Ansatz, nicht zuletzt weil es das wichtige Thema der Datenkompetenz aufgreift. Denn eines der großen Probleme, das in den Unternehmen durch die vielen Daten entsteht, ist, dass wir zu wenige Leute haben, die mit diesen Daten richtig umgehen und sie interpretieren können. Qlik legt einen großen Fokus darauf, die Datenkompetenz in den Unternehmen zu stärken. Daten sinnvoll aufzubereiten und in weiterer Folge interpretieren zu können ist die Krux.

Überwiegt bei Ihren Kunden derzeit ein bestimmter Wunsch? Ist die Nachfrage in einem gewissen Bereich besonders hoch?
Es ist meistens der Wunsch, der schon immer da war: Herr über ihre Daten zu werden. In den meisten Unternehmen gibt es viele Insellösungen, die jede für sich eine absolute Berechtigung haben, aber die es nicht schaffen, miteinander zu sprechen – FIBU, CRM, Logistik-Datenbank, etc. Aber sie bringen die Daten nicht so zusammen, dass sie einheitliche Informationen zu einem Kunden, Produkt, etc. erhalten. Die Herausforderung ist, alle wichtigen Systeme in einem Unternehmen miteinander sprechen zu lassen, sie so miteinander zu verknüpfen, dass sie die Zusammenhänge sehen. Dieses Thema hatten wir schon vor 15 Jahren und wir haben es nach wie vor. Es wird sogar immer stärker, weil immer mehr Daten zur Verfügung stehen. Das sehe ich als ersten und wichtigsten Punkt.

Zum Abschluss vielleicht ein bisschen Off-Topic: Spielen Sie noch Saxophon? Ein herausforderndes Instrument…
Ja. Ich spiele seit ich 14 bin und bin im Salzkammergut immer noch in der Blaskapelle aktiv. Hin und wieder mache ich auch eine Woche Bläserseminar. Das ist eine schöne Abwechslung zum sonstigen Alltag.

Haben sie daraus etwas gelernt, auch für Ihr Business?
Zum einen macht das Musizieren Spaß und bringt einen in eine positive Schwingung, was ja in der Arbeit genauso sein sollte. Die Arbeit sollte ebenso Spaß machen und positive Energien erzeugen. Zum anderen ist es aber so, dass man gewisse Abschnitte immer wieder üben muss. Wenn man sich das nicht Takt für Takt erarbeitet und sich reinbeißt, dann kommt man nicht weiter. Das ist im Job genauso. Egal, ob ich an einem Projekt dran bin, im Vertrieb arbeite oder mich selbständig mache – es wird immer wieder Takte geben, die einem nicht so leicht von der Hand gehen und die man üben muss. Irgendwann gehen sie einem dann leichter von der Hand und laufen wie von selbst. Diese Beharrlichkeit lernt man als Musiker und kann man im Job sehr gut gebrauchen.