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Verantwortung gewinnt

NEW BUSINESS - NR. 3, April 2017
Seit diesem Jahr wird die Nachhaltigkeit von österreichischen Unternehmen gesetzlich geregelt. © Fotolia/Chinnapong

Gutes tun und drüber reden. Große Unternehmen öffentlichen Interesses sind dazu neuerdings verpflichtet!

Wir haben uns umgehört, wie Firmen ihre Nachhaltigkeitsstrategien zu Themen wie Umwelt, soziale Belange und Menschenrechte umsetzen und damit als grüne Vorbilder fungieren.

Umweltschutz, gesellschaftliche Verantwortung und Verhalten als Arbeitgeber beeinflussen den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens maßgeblich. Aufgrund einer neuen EU-Richtlinie sind heimische Großunternehmen seit heuer verpflichtet, neben finanziellen Daten auch zu sozialen, gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit öffentlich zu berichten. Auch KMU werden mittelbar davon betroffen sein – insbesondere im B2B-Geschäft –, da Großunternehmen auch ihre Lieferketten auf Nachhaltigkeit durchleuchten müssen.

Vernetzung für Wirtschaft, NGOs und Wissenschaft
Nachhaltigkeit kommt damit in Zukunft in der Wirtschaft und in der öffentlichen Diskussion eine noch größere Bedeutung zu. Unternehmen müssen sich intensiver mit den ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit und ihrer Investitionen beschäftigen. Unterstützung bekommen sie in Österreich von mehreren Seiten (siehe Info-Box). Seit 2016 etwa hilft der unabhängige Verein Zentrum für Nachhaltigkeit heimischen Unternehmen, Institutionen und NGOs, sich zu vernetzen, sich über die verschiedenen Aspekte von Nachhaltigkeit auszutauschen und gemeinsam Projekte und Strategien für den Wirtschaftsstandort Österreich zu entwickeln. Markus Bürger, Mitbegründer und Vorsitzender des Zentrums: „Der Markt wird jene belohnen, die ihre Nachhaltigkeitsstrategie ganzheitlich managen und glaubwürdig kommunizieren.“ Das Zentrum für Nachhaltigkeit ist ein Verein, der gemeinsam von Unternehmen, NGOs und Institutionen sowie von Expertinnen und Experten aus den Bereichen Nachhaltigkeit, Management, Personalführung, Unternehmensberatung, Strategie und Kommunikation getragen wird. Gründungsmitglieder sind unter anderem: Caritas Österreich, Forstreiter Consulting, das Markt- und Meinungsforschungsinstitut meinungsraum.at, das Österreichische Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT), REWE International AG, die Raiffeisen Klimaschutz-Initiative, The Blue Minds Company, die Kommunikationsagentur The Skills Group und Weitsicht – Büro für zukunftsfähige Wirtschaft. Durch Studien, Analysen, Trainings und praxisorientierte Beratung will das Zentrum dazu beitragen, Nachhaltigkeit breit in der Gesellschaft zu verankern.

„Nachhaltiges Führen ist wie Gartenarbeit“
Auch wenn Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR) immer mehr in aller Munde sind, bleiben sie dennoch große Unbekannte, wenn es um konkrete Verantwortung, Handlungsbedarf und deren wirtschaftliche Bedeutung geht. Häufig wird Nachhaltigkeit nur mit Umweltschutz gleichgesetzt. Diese Ansicht greift aber zu kurz, denn echte Nachhaltigkeit setzt sich aus ökologischen, ökonomischen und sozialen Komponenten zusammen. Eine österreichweite Studie des Zentrums für Nachhaltigkeit zur Bedeutung und Sichtweise von Nachhaltigkeit in der Bevölkerung und bei Führungskräften unterstreicht die Vermutung, dass der Begriff auch in Betrieben hauptsächlich mit Umweltschutz in Verbindung gebracht wird. Dass Nachhaltigkeit hierzulande ein Erklärungs- und Imageproblem hat, wird dadurch deutlich, dass rund die Hälfte der Österreicher davon ausgeht, Nachhaltigkeitsprojekte in Unternehmen würden zumeist nur der Imagepflege dienen. Um dies zu vermeiden, hat Hans Harrer, Vorstandvorsitzender des Senats der Wirtschaft – einer Unternehmerplattform, die die ökosoziale, generationengerechte und gemeinwohlorientierte Entwicklung in Wirtschaft und Gesellschaft fördern möchte, Vorschläge: „Heute muss mehr denn je genau beschrieben werden, was jemand unter Nachhaltigkeit versteht und was damit wirklich gemeint ist. Unternehmen tun daher gut daran, sich mit der Begriffswelt rund um die ‚Nachhaltigkeit’ zu beschäftigen, denn es gibt Worte, die weit tiefer gehen. Was unsere Gesellschaft und Wirtschaft vordringlich benötigt, ist die Verankerung von ‚Wertschätzung’ als Grundlage wahrer ‚Wertschöpfung’. Das macht bei tatsächlich nachhaltig agierenden Unternehmen den Unterschied: Es ist keine Strategie und kein marketingtechnisches Instrument, es ist Geistes- und Lebenshaltung aller agierenden Personen – von ganz unten bis ganz oben.“ Elisabeth Forstreiter, Leiterin des Fachbereichs Leadership & Human Resources beim Zentrum für Nachhaltigkeit ergänzt: „Nachhaltig Führen ist vergleichbar mit Gartenarbeit: Ein guter Gärtner kennt seinen Garten. Er schneidet zurecht, wählt aus, vermeidet Kahlschlag, setzt auf Diversität, hat Freude am Gestalten und fördert Wachstum. Eine gute Führungskraft arbeitet genau so.“

Aufholbedarf in der internen und externen Kommunikation
Die zitierte Studie zeigt, dass die Österreicher zu wenig über Nachhaltigkeit wissen. Nur acht Prozent der Studienteilnehmer gaben an, sich sehr gut informiert zu fühlen, 53 Prozent fühlen sich zu wenig informiert. Hier gibt es für die Wirtschaft viel Aufholbedarf in der Kommunikation. 39 Prozent der interviewten Personen mit Führungsverantwortung gaben an, dass in ihren Unternehmen die Kommunikation zum Thema Nachhaltigkeit über persönliche Gespräche läuft. 28 Prozent gaben an, über die Website zu kommunizieren. Die wichtigsten Dialogpartner dabei sind Kunden und Mitarbeiter. 86 Prozent der Interviewpartner sind der Meinung, dass nachhaltige Unternehmensführung und Personalentwicklung Firmen erfolgreicher macht – wenn nicht direkt, dann indirekt. Mehr als zwei Drittel der interviewten Personen finden, dass die Wahrnehmung von Kunden- und Mitarbeiterbedürfnissen wichtig für den dauerhaften Erfolg ist. Jeder Zweite gibt an, sich bei Kaufentscheidungen und bei Sympathieempfinden von den Nachhaltigkeits-Aktivitäten eines Unternehmens beeinflussen zu lassen. Handlungsauftrag an Politik und Zivilgesellschaft: 82 Prozent wünschen sich Zusammenarbeit. In einem Punkt waren sich die Befragten besonders einig: Nachhaltigkeit findet in Wirtschaft, Aus- und Fortbildung und vor allem in der Politik zu wenig Beachtung. 79 Prozent befürworten öffentliche Unterstützung für Nachhaltigkeit, 43 Prozent sprechen sich sogar für mehr Unterstützung als bisher aus. 82 Prozent der Interviewten wünschen sich eine breite Zusammenarbeit von öffentlichen Einrichtungen, Politik und Experten über alle Disziplinen hinweg. Welche Institutionen und Anlaufstellen Unternehmen in den Bereichen CSR und Nachhaltigkeit unterstützen können, finden Sie in der Info-Box. Um sich Inspiration für mögliche CSR-Maßnahmen und Strategien zu holen, hat NEW BUSINESS auf den folgenden Seiten Unternehmen gelistet, die besonders glänzen in Sachen verantwortungsbewusstes Wirtschaften. (VM)

INFO-BOX
Interessante Links rund um CSR und Nachhaltigkeit:
• Senat der Wirtschaft: www.senat-oesterreich.at
• CSR-Dialogforum: www.csr-dialogforum.at
• Zentrum für Nachhaltigkeit: www.zentrum-nachhaltigkeit.at
• respACT: www.respact.at
• Verantwortung zeigen! Netzwerk: www.verantwortung-zeigen.at
• CSR-Circle: www.csr-circle.at#
• TRIGOS Auszeichnung für Corporate Social Responsibility: www.trigos.at
• ÖkoBusiness Wien: http://unternehmen.oekobusiness.wien.at
• Initiative klimaaktiv: www.klimaaktiv.at