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Schlüssel zum Erfolg

NEW BUSINESS - NR. 2, FEBRUAR 2023
Ausbildungs­betriebe locken mit Jogginganzügen, Prämien oder Zeit, um neben der Lehre die Matura machen zu ­können. © Adobe Stock/jozefmicic

An das Sprichwort „Handwerk hat goldenen Boden“ wollte in den letzten Jahrzehnten keiner mehr so recht glauben. Jetzt ist die Lehre wieder im Kommen und macht der schulischen Ausbildung Konkurrenz.

Mit Holz will er arbeiten, sagt Marcel. Deshalb hat er letzten Herbst in einer Wiener Bautischlerei die Lehre zum Tischler begonnen. Mit diesem Wunsch ist der 17-Jährige nicht allein. Ende Jänner wurden 47 junge Menschen im ersten Lehrjahr bei der traditionellen Aufdingfeier als Lehrling in den Berufsstand der Wiener Tischlerei aufgenommen. Knapp die Hälfte davon waren Mädchen. „Ja, die Tischlerei ist weiblich“, freut sich Ludwig Weichinger-Hieden, Innungsmeister der Wiener Tischler. Die Feier ist dem Anlass entsprechend würdig. Fanfaren, Fahnenträger und Urkunden sollen den jungen Menschen im Festsaal der Berufsschule für Holz, Klang, Farbe, Lack in Wien den Ernst der handwerklichen Ausbildung vor Augen führen, meint Weichinger-Hieden. 

Überhaupt erfährt die Lehre wieder Aufwind nach vielen Jahren, in denen es unbedingt der Besuch eines Gymnasiums mit anschließendem Studium sein musste und das Erlernen eines Handwerks beruflich nicht nach Karriere klang. „Viele handwerkliche Berufe haben sich technisch enorm weiterentwickelt. Die Kombination von Handwerk und Technik in der Ausbildung ist die perfekte Basis für eine erfolgreiche Karriere und exzellente Karten am Arbeitsmarkt. Es muss niemand mehr nur aus Prestigegründen eine AHS-Matura machen, der Weg zur Höherqualifizierung geht jetzt auch über die Lehre“, weiß auch Maria Smodics-Neumann, Obfrau der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Wien, und ergänzt: „Dank der höheren beruflichen Bildung wird die Lehre enorm aufgewertet werden. Junge Menschen haben im Betrieb künftig dieselben Entwicklungschancen wie auf der Schulbank oder an der Uni.“

Mit 4.693 Lehrlingen im ersten Lehrjahr gab es zum Jahresende 2022 in den Wiener Betrieben einen neuen Rekord an Lehranfängern. Gegenüber 2021 ist das ein Plus von 16,7 Prozent, auch gegenüber 2019 ist die Zahl um 7,6 Prozent gestiegen. Fast alle Sparten verzeichneten zweistellige Zuwächse, am höchsten waren sie in den Bereichen Tourismus und Freizeitwirtschaft, Information und Consulting und Industrie. Laut den aktuellen Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft standen Ende Dezember 2022 österreichweit 108.218 Personen in einer Lehrausbildung. 101.939 Personen davon werden in Unternehmen ausgebildet, 6.279 absolvieren derzeit eine über­betriebliche Lehrausbildung (ÜBA) im Auftrag des AMS.

„Die Lehre ist in vielen Branchen die wichtigste Schiene, um Fachwissen weiterzugeben und so für den dringend benötigten Fachkräftenachwuchs zu sorgen“, versichert Smodics-Neumann und ergänzt: „Basishandwerksberufe sind auch wichtig, um unser Leben stärker in Richtung Nachhaltigkeit auszurichten – z. B. Installations- und Gebäudetechniker, Hochbauer, Elektrotechniker, um Gebäude energieeffizient zu machen. Diese Berufe werden daher künftig noch stärker gefragt sein.“ Der Ruf nach Fachkräften schallt schon seit vielen Jahren durch die Arbeitswelt, häufig ist er ungehört verhallt. In Wien scheint sich das jetzt zu verändern, und das freut auch die Wiener Arbeiterkammer.

„Dass die Wiener Betriebe wieder mehr Lehrlinge aufnehmen, ist sehr erfreulich“, sagt Renate Anderl, Präsidentin der Arbeiterkammer Wien. „Sie haben erkannt, was zu vielen Unternehmen noch immer nicht durchgedrungen ist: Wer Fachkräfte braucht, muss dafür auch selbst etwas tun. Die Bereitschaft von Unternehmen, Lehrlinge auszubilden und Mitarbeiter:innen weiterzubilden, sinkt seit mehreren Jahren kontinuierlich, und das, obwohl immer davon die Rede ist, dass Bildung der Schlüssel für eine gute berufliche Zukunft ist. Ich bin sehr froh, dass viele Wiener Betriebe die Zeichen der Zeit erkannt haben und wieder verstärkt auf Lehrlingsausbildung setzen.“

Selbstbewusste Lehrlinge
Dass die Lehre in Österreich im Aufwind ist, belegen nicht nur gestiegene Lehrlingszahlen, sondern auch eine aktuelle Umfrage, die das market-Institut im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich unter 487 Lehrlingen durchgeführt hat. Diese zeigt ein steigendes Karriere- und Selbstbewusstsein der jungen Menschen. Demnach sind 82 Prozent der Befragten überzeugt, dass sie mit einer abgeschlossenen Lehre leicht einen Arbeitsplatz finden werden.

Eine Lehre bereite besser auf das Arbeitsleben vor als die Schule: Das wird von 79 Prozent unterstrichen. Und sogar 85 Prozent wissen um die Weiterbildungsmöglichkeiten nach einer Lehre. „Das Stimmungsbild ist frühlingshaft. Nach den Erfahrungen der Corona-Pandemie und angesichts des akuten Fachkräftemangels wissen die Lehrlinge bestens um den Wert ihrer Ausbildung. Die Lehre wird längst nicht als Einbahnstraße empfunden, sondern als Highway in Richtung berufliche Zukunft. In der Lehre sind der Karriereleiter keine Grenzen gesetzt“, sagt Mariana Kühnel, stellvertretende Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich. 

Die Lehre und die Jogginghose
Lehrlinge werden an allen Ecken und Enden gesucht und mit einem attraktiven Umfeld gelockt. Spar Österreich verspricht seinen Lehrlingen neben Zusatzausbildungen u. a. ein iPad und Prämien von bis zu 6.700 Euro. Bei Infineon geht es um die Jogginghose. Sie wird in der Produktion, bei den Lehrlingen, in einigen Entwicklerbüros bis hin zur Chefetage getragen. Hier ist sie nicht nur „in“, sondern ein Must-have im Hightech-Alltag. Der Trainingsanzug dient nämlich als praktische Unterziehgarderobe für die Reinraumbekleidung, die in der hochmodernen Chipfertigung getragen werden muss. Am Standort Villach werden aktuell wieder Lehrlinge für die Doppellehre „Elektro- und Metalltechnik“ mit der Möglichkeit zur „Lehre mit Matura“ gesucht.

Thomas Reisinger, Vorstand für Operations der Infineon Technologies Austria AG, wirbt ebenfalls für die Jogginghose: „Bei all meinen Stationen an unterschiedlichen Standorten im globalen Infineon-Konzern, ob in Malaysia, Deutschland oder jetzt hier in Villach, war und ist die Jogginghose mein täglicher Begleiter. Auch unsere Lehrlinge starten vom ersten Tag an mit dieser Basisausstattung. In der Hightechfertigung benötigen wir laufend topausgebildete Fachkräfte. Mit unseren innovativen Lehrangeboten bieten wir den jungen Menschen in der Region ein fundiertes Technikwissen, modernste Ausstattung und viele Karrieremöglichkeiten.“

Bei AT&S in Leoben werden zwei außergewöhnliche Anreize geboten, um die 22 offenen Lehrstellen zu besetzen. Zum einen kann man in allen Lehrberufen auch den Maturaabschluss machen, aber nicht nur nebenbei und zeitaufwendig in den Abendstunden, sondern in der regulären Dienstzeit – und kostenlos. Der Unterricht ist Arbeitszeit und findet jeweils an einem Tag pro Woche im Unternehmen statt. „AT&S bietet jungen Menschen ein unschlagbares Angebot, das den Lehrlingen quasi Zeit schenkt“, meint Unternehmenssprecher ­Gerald Reischl, VP Corporate Communications. „Nach vier Jahren hat man bei uns Lehre, Lehrabschlussprüfung und Matura in der Tasche. Damit stehen alle Wege offen.“

Lehre mit Sport ist das zweite Pilotprojekt bei AT&S. Üblicherweise sind angehende Profisportler:innen auf spezielle Akademien und Sportschulen mit Matura angewiesen, wo Ausbildung und Trainingspläne vereinbar sind. Nachwuchssportler:innen können jetzt auch als Lehrlinge bei AT&S andocken, wenn sie sich zur Absicherung ein zweites Standbein aufbauen wollen. Ein auf die Bedürfnisse von jungen Leistungssport­ler:innen zugeschnittener Lehrplan will das Angebot konkurrenzlos machen. „Wir möchten damit jungen Menschen die Möglichkeit geben, eine hochwertige Ausbildung zu erhalten, ohne dass sie ihren sportlichen Ehrgeiz bremsen müssen“, sagt Erwin Zarfl, Senior VP Corporate Human ­Resources bei AT&S. 

Damit noch mehr Unternehmen von den Vorzügen einer Lehre überzeugt werden, verspricht Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher, dass die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für die Lehrlingsausbildung in Österreich weiterhin bestmöglich ausgestalten und somit Österreichs Vorreiterrolle in diesem Bereich ausbauen will. „So haben wir unter anderem die betriebliche Lehrstellenförderung um über 40 Millionen Euro aufgestockt. Damit sind wir für 2023 sehr gut gerüstet“, betont Kocher.

Auch die Stadt Wien fördert über den waff – Wiener Arbeitnehmer:innen Förderungsfonds Betriebe, die erstmals einen Lehrling aufnehmen, oder Lehrausbildungsbetriebe der Tourismus- und Freizeitwirtschaft, indem das Lehrlingseinkommen für ein Jahr übernommen wird. Diese Förderung soll mehr jungen Menschen eine hochwertige Lehrausbildung ermöglichen. 

Vorbild Österreich
Österreich verfügt über ein im internationalen Vergleich sehr gut ausgeprägtes System der dualen Ausbildung – also der parallelen Ausbildung in Betrieben und Berufsschulen. Die Lehrmodule, die im Rahmen der dualen Ausbildung absolviert werden können, sind sehr weitreichend und werden laufend entlang aktueller Erfordernisse des Arbeitsmarkts und der Unternehmen aktualisiert. Das hat sich auch international herumgesprochen. So wollen etwa die USA ihr Ausbildungssystem der Lehre nach österreichischem Vorbild ausbauen. Zu diesem Zweck haben die beiden Länder bereits im vergangenen Jahr ein „Memorandum of Understanding“ unterzeichnet.

Die USA wollen in den nächsten fünf Jahren mehr als 3,5 Milliarden Dollar in das Programm National Apprenticeship Act 2021 investieren. „Aus unserer Sicht ist das ein wichtiger Schritt, um die Ausbildung von Fachkräften international zu stärken, wovon auch die in den USA ansässigen Unternehmen aus Österreich profitieren werden. So zählen österreichische Firmen zu den wichtigsten Lehrausbildungsanbietern“, erklärt F. Peter Mitterbauer, Vizepräsident der Indus­triellen­vereinigung (IV), anlässlich eines Besuchs des US-Arbeitsministers Martin J. Walsh bei der IV Mitte Jänner in Wien. „Das Interesse der USA an unserer praxisorien­tierten Lehrlingsausbildung zeigt einmal mehr, wie wichtig diese duale Ausbildung für Industrie und Wirtschaft ist. Wir sind überzeugt, dass die Lehre einer der zentralen Erfolgsfaktoren der Industrie in Österreich ist“, so Mitterbauer. 

Ausgezeichnete Ausbildungsbetriebe
Hohe Ausbildungsqualität, ein klar strukturierter Ausbildungsplan und gute Kommunikation mit den Lehrlingen, der Berufsschule und den Eltern der Lehrlinge – das sind nicht nur wichtige Kriterien für eine erfolgreiche Lehre, sondern auch ein paar der zwölf Kriterien, die erfüllt werden müssen, um das Qualitätszertifikat „Top-Lehrbetrieb“ zu erhalten. Die Initiative zu diesem Qualitätssiegel zeichnet Lehrausbildungsbetriebe in Wien aus, die ihre Lehrlinge auf hohem Niveau anhand eines qualitätsgesicherten Lehrprogramms ausbilden.

Im November 2022 haben 99 neue Unternehmen diese Auszeichnung erhalten. Damit gibt es 182 ausgezeichnete Unternehmen in Wien. Unter diesen Betrieben finden sich Unternehmen in allen Größen und aus unterschiedlichsten Branchen, wie die Beispiele zeigen: Akademie für orale Implantologie GmbH & Co KG, BMW Austria GmbH, Boesner GmbH & Co KG, dennree Naturkost GmbH, Equans Gebäudetechnik GmbH, Henkel CEE, Hofer KG, Interspar GmbH, Kapsch TrafficCom AG, Lohmann & Rauscher GmbH, Wiener Linien GmbH & Co KG u. v. m. Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke lobt: „Die ausgezeichneten Unternehmen zeigen ihr Engagement in der Lehrlingsausbildung sowohl in sehr modernen als auch traditionellen Berufen. Die Betriebe wissen, dass sie mit den Lehrlingen auch sehr gut ausgebildete Fachkräfte von morgen bekommen, die für den wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen und auch der Stadt entscheidend sind.“

Laut Korinna Schumann, Vizepräsidentin des ÖGB, sind Lehrlinge das Fundament eines gesunden Arbeitsmarkts und die Fachkräfte von morgen. Sie alle haben eine qualitativ hochwertige Ausbildung verdient, um für ihren weiteren beruflichen Weg gut vorbereitet zu sein. „Dazu braucht es bundesweit einheitliche Qualitätsstandards und regelmäßige Qualitätskontrollen in der Lehrausbildung. Denn eine gute Ausbildung darf nicht davon abhängen, ob ich Glück habe, einen Betrieb zu erwischen, der besonderes Engagement an den Tag legt“, sagt Schumann anlässlich der Verleihung der Auszeichnungen.

Bis zur Meisterschaft
Die Aufdingfeier der Tischlerlehrlinge neigt sich dem Ende zu. Alle Urkunden sind übergeben, alle Fotos gemacht. Die Stimmung unter den jungen Menschen ist gut, keine Spur von einem Gefühl, eine Ausbildung zweiter Klasse zu machen. Dazu haben sich die Karrierechancen – auch finanzieller Natur – zu sehr an eine schulische Ausbildung angeglichen. „Heutzutage geht ein Facharbeiter nicht unter 2.500 Euro netto im Monat nach Hause“, versichert Innungsmeister Ludwig Weichinger-Hieden (siehe auch Interview weiter unten).

Nach seiner Lehrabschlussprüfung stehen Marcel viele berufliche Türen offen. Fachkräfte werden weiterhin händeringend gesucht, und die Wege nach der Lehre sind sehr vielfältig. Einer davon ist die Meisterprüfung. Wenn er die in ein paar Jahren abgelegt hat, hat er nicht nur die wichtigste Qualifikationsform für einen handwerklichen Beruf geschafft, vielleicht wird er dann selbst eines Tages Lehrlingen die Freude an der Arbeit mit Holz vermitteln können. (BS)


INTERVIEW
Ludwig Weichinger-Hieden, Innungsmeister der Wiener Tischler

Warum lohnt es sich für einen ­jungen Menschen, sich für eine Lehre zu entscheiden? Welchen Wert hat die Lehre im Moment? 
Der Wert der Lehre heutzutage ist nicht mehr messbar, weil er ­gegenüber einem Studium sehr gestiegen ist. Die Lehre hat, auch durch den Facharbeitermangel, den wir derzeit überall haben, eine irre Zukunft. Und das Handwerk wird in Zukunft noch viel, viel mehr gefragt sein als heutzutage. Außerdem geht ein Facharbeiter nicht unter 2.500 Euro netto im Monat nach Hause. Das ist natürlich schon eine tolle Sache. Also gibt es mittlerweile auch kein finanzielles Argument mehr, die Lehre oder das Handwerk zu ­verteufeln. Wir haben einfach immer noch ein Imageproblem. 

Dabei werden Handwerker überall gebraucht.
Ja, jeder braucht sie, und das wird auch in Zukunft noch viel mehr werden, auch wenn sich das Berufsbild der Tischler Richtung Dienstleister verändert. Aber Menschen mit einem kaputten Handlauf im Stiegenhaus, einem gebrochenen ­Sessel oder einer ruinierten Tür nach einem Einbruch brauchen auch in Zukunft einen Tischler.

Trotzdem glauben viele Eltern, dass ihre Kinder mit einer schulischen ­Ausbildung erfolgreicher sein werden. 
Man kann die Lehre auf verschiedensten Ausbildungswegen machen, auch nach einer Matura. Entweder mit der klassischen verkürzten Lehrzeit oder mit der Dualen Akademie, die man dann mit einer Lehrabschlussprüfung mit NQR 5 abschließt. Das heißt, Level fünf liegt genau zwischen der Lehre und dem Meister. Hier haben wir natürlich eine viel höher qualifizierte Abschlussprüfung, die man auch nach einer Matura machen kann. Und auch in der Berufsschule werden die Schülerinnen und Schüler sehr gefordert. 

Gibt es genügend Ausbildungsbetriebe? 
Nein. Es gibt zwar heutzutage mehr Ausbildungsbetriebe in Wien als vor zehn Jahren, aber trotzdem könnten wir mehr brauchen. Aber vor allem könnten wir viel mehr qualifizierte Lehrmädchen und Lehrburschen brauchen. Das ist das größte Thema. 

Man hört immer wieder, dass die jungen Menschen, wenn sie von der Schule kommen, vieles nicht können, was ein Lehrbetrieb auffangen muss. 
Das stimmt. Bei den Älteren sind die sozialen Kompetenzen schon ausgebildet. Die haben die jüngeren Damen und Herren, die mit 16 beginnen, noch nicht. Da muss man sehr viel Zeit investieren. Aber auch das kriegen wir hin.


INFO-BOX
Lehrlingsausbildung in Österreich
Die Lehrlingsausbildung hat in Österreich eine lange Tradition und ist im „dualen System“ organisiert, d. h. sie findet sowohl im Lehrbetrieb (im Unternehmen, mit dem der Lehrvertrag vereinbart wurde) als auch in der Berufsschule statt. Etwa 80 Prozent der Ausbildungszeit entfallen auf den Lehrbetrieb, 20 Prozent auf die Berufsschule. In manchen Branchen gibt es auch noch einen dritten Ausbildungsort (z. B. Bauakademien für Lehrberufe in der Baubranche). Der Lehrling steht somit in einem Ausbildungsverhältnis mit seinem Lehrbetrieb und ist gleichzeitig Schüler:in einer Berufsschule. Ziel der Berufsschule ist es, die fachliche Ausbildung im Betrieb durch die Vermittlung von Fachtheorie und Fachpraxis zu ­ergänzen, die Allgemeinbildung zu verbessern sowie – je nach angestrebtem Lehrberuf – fachorientierte Fremdsprachenkenntnisse zu fördern. Voraussetzung für eine Lehre ist die Erfüllung der neunjährigen Schulpflicht. 

Mit der Absolvierung einer Lehre wird eine qualifizierte und vollständige Berufsausbildung erworben. Die Lehrlingsausbildung schließt mit der Lehrabschlussprüfung ab, die von Berufsexperten abgenommen wird. Durch die Prüfung qualifiziert sich ein Lehrling als Fachkraft im erlernten Beruf. Berufsschulen für häufige Lehrberufe (beispielsweise Bürokauffrau/Bürokaufmann oder Bäckerin/Bäcker) gibt es in jedem Bundesland. Bei selten gewählten Lehrberufen gibt es weniger Berufsschulstandorte in Österreich. Diese bieten in der Regel einen Internatsbetrieb für Berufsschüler:innen aus anderen Teilen des Landes an.

Lehre und Matura
In Österreich ist es möglich, die Maturaausbildung während der Lehrzeit zu absolvieren. Die Berufsmatura besteht aus vier Teilprüfungen: Deutsch, Mathematik, einer lebenden Fremdsprache und einem Fachbereich. Für das Unternehmen bietet das Modell „Lehre und Matura“ die Möglichkeit, begabte Jugendliche zu hoch qualifizierten Facharbeiter:innen im eigenen Betrieb auszubilden. Dabei gibt es zwei Modelle. 

Beim „Begleitenden Modell“ erfolgt die Maturavorbereitung ohne Anrechnung auf die Arbeitszeit und hat keinerlei ­Auswirkungen auf den Lehrvertrag, die Entlohnung, die Sozialversicherung oder die Beschulung. Beim „Integrierten Modell“ wird die Maturavorbereitung auf die Arbeitszeit angerechnet. Betriebe, die ihren Lehrlingen die Möglichkeit geben, neben der Lehre Vorbereitungskurse zur Berufsmatura zu besuchen, erhalten Förderungen. Sie bekommen die kollektivvertragliche Bruttolehrlingsentschädigung im Ausmaß der Kurszeiten ersetzt. Voraussetzung ist, dass der Kurs in der Arbeitszeit statt­findet oder auf die Arbeitszeit angerechnet wird und die Lehrzeit nicht verlängert wird.

Die Duale Akademie
Die Duale Akademie ist eine Ausbildungsinnovation speziell für AHS-Maturant:innen, die nach der schulischen Ausbildung eine um attraktive Zukunftskompetenzen erweiterte duale Berufsausbildung machen wollen. Die Grundlage des bundesweit einheitlichen Standards für die Duale Akademie ist die Richtlinie des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft. 

Das Ausbildungsmodell auf NQR (Nationaler Qualifikationsrahmen) Niveau 5 wird österreichweit ausgerollt. In verkürzter Ausbildungszeit – je nach Fachrichtung zwei bis maximal drei Jahre – erlernen die Trainees, was man im Beruf wirklich braucht. Die praktische Ausbildung erhalten sie in ausgewählten Betrieben, die Fachtheorie und Zukunftskompetenzen ­werden an Kompetenzzentren in Berufsschulen, Fachhochschulen oder in Erwachsenenbildungseinrichtungen erworben.

Weiterführende Informationen:

www.qualitaet-lehre.at
https://www.wko.at/service/bildung-lehre/lehre-matura.html
www.dualeakademie.at