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Gekommen, um zu wachsen

NEW BUSINESS - NR. 10, DEZEMBER 2019
Unternehmen, die Fintech in ihre Businessstrategie implementieren, erzielen entscheidende Wettbewerbsvorteile. © rawpixel.com/Freepik.com

Finanzdienstleister und Technologieunternehmen haben erkannt, wohin die Reise geht. Über 90 Prozent glauben an ein Umsatzwachstum durch Fintech in den kommenden zwei Jahren.

Sowohl in der Finanzbranche als auch in den Bereichen Technologie, Medien und Telekommunikation ist Fintech (Finanztechnologie) definitiv angekommen. Aber auch Verbraucher sind bereit für die digitale Umstellung. Die Frage lautet also nicht mehr, ob Fintech die Finanzdienstleistungsbranche verändern wird, sondern welche Unternehmen sie am besten anwenden und so eine führende Rolle übernehmen werden. Das zeigt der Global Fintech Report 2019 unter dem Titel „Crossing the lines: How fintech is propelling FS and TMT firms out of their lanes“, für den weltweit über 500 Führungskräfte von Finanzdienstleistern und Unternehmen aus den Bereichen Technologie, Medien und Telekommunikation befragt wurden.
„Fintech wird von Unternehmen eingesetzt, um die betriebliche Effizienz zu optimieren, die Kosten zu senken, das Kundenerlebnis zu verbessern und die Attraktivität der Produkte und Dienstleistungen zu steigern“, so Georg Ogrinz, Leiter des Bereichs Banking & Capital Markets Consulting bei PwC Österreich. „Von etablierten Konzernen des Finanzwesens bis hin zu Start-ups oder kleinen Technologie-Marktteilnehmern kann jeder profitieren. Unternehmen, die bisher auf Fintech verzichteten, drohen allerdings im internationalen Wettbewerb zurückzufallen.“

Fintech-Strategie muss von C-Level getragen werden
Die Studie zeigt, dass 47 Prozent der befragten Technologieunternehmen und 48 Prozent der Finanzdienstleister Fintech bereits vollständig in ihr strategisches Betriebsmodell eingebettet haben. Außerdem bieten 44 Prozent der Technologieunternehmen und 37 Prozent der Finanzdienstleister bereits Produkte und Dienstleistungen an, die Fintech-Lösungen integrieren. „Unternehmen, die Fintech bereits in ihre Businessstrategie implementiert haben, sind klar im Vorteil. Dies muss sich in den Unternehmenszielen widerspiegeln. Die wirklich großen Veränderungen müssen von oben nach unten erfolgen und von Geschäftsführung, Vorstand sowie allen Führungskräften getragen werden“, so Ogrinz.

Technologiebranche mit ­Vorbildfunktion
Die befragten Führungskräfte der Finanzdienstleister sind der Meinung, dass der Einsatz von Fintech zur Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit und Geschwindigkeit ihrer Services der Schlüssel zu einer starken Kundenbindung ist. Verbraucher erwarten vor allem Einfachheit und Schnelligkeit. Es besteht das Risiko, dass die Finanzdienstleister möglicherweise nur die Erwartungen der Kunden erfüllen, sich aber nicht abheben – insbesondere im Wettbewerb mit digital stark intuitiven Technologieunternehmen.
Fintech erfordert Fachkräfte und mehr Wissenstransfer zwischen den Branchen. 80 Prozent der Technologieunternehmen und drei Viertel (75 %) der Finanzdienstleister gaben im Zuge der Studie an, neue Arbeitsplätze im Bereich Fintech schaffen zu wollen. Schwierigkeiten gibt es allerdings noch in der Besetzung solcher Positionen: 42 Prozent der Unternehmen haben nach wie vor Probleme, geeignete Spezialisten zu finden.
73 Prozent der Finanzdienstleister akquirieren derzeit neue Mitarbeiter aus dem Technologiesektor – umgekehrt sind es 53 Prozent. „Hier benötigt jeder die Expertise des anderen. Für den zukünftigen Erfolg beider Branchen ist es wichtig, Wege zu finden, um qualifizierte Personen aus der Technologiebranche in den Finanzdienstleistungssektor zu holen und umgekehrt. Ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor wird die Weiterqualifizierung bzw. das Up­skilling sein“, erklärt Roland Schöbel, Leiter Advisory und Financial Services bei PwC Österreich.

Unternehmen sollten auf branchenübergreifende Fusionen setzen
Über drei Viertel der befragten Unternehmen, die im Zuge ihrer Fintech-Strategie eine Akquisition, eine strategische Allianz oder ein Joint Venture andenken, fassen derzeit Unternehmen der eigenen Branche dafür ins Auge. Weniger als die Hälfte (44 % der Technologieunternehmen; 47 % der Finanzdienstleister) visieren Unternehmen mit Fintech-Spezialisierung an.
„In einer Zeit, in der Finanzdienstleister bestrebt sind, ihre technologischen Fähigkeiten zu optimieren und im Technologiesektor Produkt- und Regulierungs-Know-how benötigt wird, um am Markt zu bestehen, verpassen Unternehmen Chancen, wenn sie nicht branchenübergreifend aktiv sind“, warnt Schöbel. „In China nimmt die Konvergenz bereits zu: Bei den je vier größten Playern aus Technologie und Bankenwesen haben sogar schon Aufsichtsbehörden versucht, diese zur Zusammenarbeit zu bewegen – man könnte das eine arrangierte Zweckehe nennen. Das Technologieunternehmen liefert die technischen Voraussetzungen und das Unternehmen aus der Finanzbranche das Endprodukt.“

Führungskräfte wollen verstärkt in Fintech investieren
Drei Viertel der befragten Führungskräfte von Finanzdienstleistern und Technologieunternehmen gaben an, in den nächsten zwei Jahren verstärkt in Fintech zu investieren. Mehr als 90 Prozent sind sehr oder eher zuversichtlich, dass Fintech in den nächsten zwei Jahren ein Umsatzwachstum erzielen wird. (BO)