Blick in die Glaskugel

NEW BUSINESS Guides - IT- & TELEKOMMUNIKATIONS-GUIDE 2018
Egal ob im Einzelhandel, in der Industrie oder der ­Flugbranche – Big Data hilft Unternehmen zunehmend, konkurrenzfähig zu bleiben. © jannoon028/Freepik

Predictive Analytics liefert wichtige Wettbewerbsvorteile

Predictive Analytics gilt als einer der wichtigsten Trends im Bereich Big Data. Doch während es in Unternehmen vielfach bereits etabliert ist, Datenschätze ­auszuwerten, um Kundenbedürfnisse zu verstehen und personalisierte Angebote zu generieren, sind „vorhersagende Analysen“ bislang noch eher eine Ausnahme.

Die Unternehmenswelt wird zunehmend digital, immer stärker dringen technolo­gische Ansätze in die Firmen ein. Stichwort Big Data: Schon seit geraumer Zeit sammeln Unternehmen im größeren Maßstab Daten, nun schöpfen sie mittels Big Data das enthaltene Potenzial der Daten aus. Doch technische Möglichkeiten lösen nicht immer alle Probleme. Komplexität sei, betonen Experten, der Feind jedes Produkts. Speziell beim Paradethema Big Data gebe es großes Potenzial für Verbesserungen.
Datenschätze auszuwerten, um Kundenbedürfnisse zu verstehen und personalisierte Angebote zu generieren, ist etwa im Einzelhandel bereits seit einiger Zeit gut etabliert. Künftig werden Big-Data-Analysen daher auch an anderer Stelle zur Verbesserung des Angebots zum Einsatz kommen. Retailer könnten beispielsweise Daten ihrer Zulieferer erhalten, „die sie zur Performance-Messung und Prozessoptimierung einsetzen können“, erläutert Ralf Reich, Head of Continental Europe bei Mindtree. Kombiniert mit den Daten aus den Geschäften und Lagerbeständen könnten mittels Big Data Angebot und Nachfrage deutlich besser ausbalanciert werden. Durch Predictive Analytics seien Retailer zudem in der Lage, Engpässe bei bestimmten Produkten eher vorherzusehen, und hätten schon die nötigen Einblicke, welcher Zulieferer momentan am schnellsten in der Lage sein wird, die benötigten Waren nachzuliefern. „Somit vermeiden es Händler, Kunden zu verlieren, die wegen fehlender Ware woanders einkaufen.“
Doch nicht nur im Einzelhandel spielt Big Data mittlerweile eine wichtige Rolle. Im Tourismus hilft Big Data beispielsweise zunehmend dabei, verborgene Potenziale zu öffnen. So kündigte RateGain unlängst die Einführung von AirGain an, einer „Echtzeit-Intelligence“-Lösung, die Flugpreise in verschiedenen Kategorien und für mehrere Vertriebskanäle erfassen, analysieren und somit Fluggesellschaften bei der Preisfindung unterstützen soll. Mittels der Lösung könnten Fluggesellschaften entscheidende Herausfor­derungen meistern, wie beispielsweise falsche oder verspätete Preisgestaltung, Zusatzerlöse sowie das Bewältigen der Paritätsprobleme von Flug­tarifen.

Hyperwettbewerb mit Big Data begegnen
„Fluggesellschaften sind einem zunehmenden Druck durch sinkende Margen und Hyperwettbewerb von Low-Cost-Airlines und digital betriebenen Online-Reiseunternehmen ausgesetzt. Pricing Intelligence ist keine Option mehr, wenn eine Fluggesellschaft fortbestehen, geschweige denn ihre Leistung steigern möchte. Echtzeit-Pricing-Intelligence von AirGain ermöglicht den Fluggesellschaften, einen Blick auf ihr Spielfeld aus 30.000 Fuß zu werfen und dennoch bei Bedarf in der Lage zu sein, sich unmittelbar dem Problembereich zu widmen“, erklärt Bhanu Chopra, CEO von RateGain.
AirGain erfasst Preisdaten in Echtzeit und präsentiert sie in Form von visuellen Einblicken. Bereitgestellte Analysen umfassen die Wettbewerbsposition der jeweiligen Fluggesellschaft, die Markt­dynamik, Preisentwicklungen über einen gewissen Zeitraum, die Benachrichtigung bei Tarifdiskrepanz und vieles mehr. Als SaaS-basiertes Produkt lässt sich AirGain leicht in Revenue-Management-Plattformen integrieren, verspricht der Anbieter. Die Lösung, die auf der Microsoft-Azure-Plattform beruht, ist für zukünftigen Datenbedarf und Bereitstellungen skalierbar.
„Altsysteme beeinträchtigen Fluggesellschaften in ihrer Verarbeitung und Monetarisierung von Flugpreis-Big-Data. Revenue-Manager können Echtzeiteinblicke in diese Daten nutzen, um ihre Preisgestaltung und Umsatzstrategien anzukurbeln. Mithilfe von AirGain können Flugge­sellschaften neu definieren, wie Pricing Intelligence erfasst und genutzt wird“, betont Anand ­Medepalli, Chief Product Officer bei RateGain.

Visualisierter Wartungszustand
AICHELIN Service, Servicedienstleister für Wärmebehandlungsanlagen, hat indes ein internet-basiertes Kundenportal zur optimalen Wartung und Instandhaltung von Öfen entwickelt. Dabei wird jede Thermoprozessanlage zum „gläsernen Ofen“ transformiert, somit werden zukunftsweisende Akzente für die gesamte Branche, modellhaft auch für Innovationen rund um Industrie 4.0, gesetzt, sagt Carsten Stölting, Geschäftsführer der AICHELIN Service GmbH. „Mit der digitalen Serviceplattform myAichelin bieten wir unseren Kunden umfangreiche, nie da gewesene Echtzeitinformationen rund um ihre eigene Betriebsanlage. Damit werden die Wartung und laufende Instandhaltung optimiert, die Effizienz wird deutlich gesteigert. Unsere Kunden sollen das Beste aus ihren Öfen herausholen.“
Die neue Plattform ermöglicht der wärmebehandelnden Industrie einen tiefen Blick in ihre Anlagen. Sämtliche Öfen werden unter dem Dach der AICHELIN-Holding, darunter neben AICHELIN auch Anlagen von SAFED, BOSIO, EMA und NOXMAT, servisiert. Aber auch Fremdanlagen können über das Kundenportal betreut werden. MyAICHELIN liefert alle relevanten Daten, da­runter Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Lieferzeiten, Verfügbarkeit, Preise, umfassende Dokumentationen, technische Zeichnungen und vieles mehr. Sämtliche Prozesse können bequem mitverfolgt und mithilfe einer 1:1-Darstellung und einem virtuellen 360-Grad-Anlagenrundgang nachvollzogen werden. Dazu werden der Wartungsstatus oder zukünftig auch die Zustandsdiagnose zählen. Videodokumentation und Checklisten sind zusätzliche Orientierungshilfen.
Insgesamt hat AICHELIN Service über 90.000 Anlagenteile neu strukturiert und mit einer Vielzahl an zusätzlichen Informationen und Merk­malen aufgewertet. Diese detaillierte Übersicht ermöglicht ein modernes, vorausschauendes Lagermanagement und erleichtert die Identifi­zierung von Anlagenteilen und gewünschten Ersatzteilen. Diese können entweder über eine fehlertolerante Onsitesuche, über die entsprechende Anlagenstruktur oder die vorhandene Beleghistorie gefunden werden.
Die Plattform unterstützt Unternehmen mit automatischen Vorschlagslisten zur Ersatzteilbevor­ratung und Wartungsplanung. Die Plattform soll künftig so modular aufgebaut werden, dass eine Integration der neuen AICHELIN-Software für die Prozessdokumentation FOCOS 4.0 möglich wird. Zudem sollen zukünftige Szenarien wie etwa Verbrauchsdaten und Ausfallwahrscheinlichkeiten in Echtzeit ermittelt und dem Kunden ebenfalls in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden können.

Wettbewerbsfähigkeit am Standort Wien ­erhöhen
Mit einer Investition von rund 3,5 Millionen Euro hat Schneider Electric seinen Produktions- und Entwicklungsstandort in Wien gesichert und ausgebaut. Nach der Übernahme von NXT Control ist dies nun die zweite bedeutende Investition des internationalen Spezialisten für Energie­management und Automatisierungstechnik am österreichischen Markt. Der Fokus dabei: Digitalisierung und die Ermöglichung von Industrie 4.0 mit einem klaren Bekenntnis zum Standort Wien und zum österreichischen Markt.
„Wir sind sehr froh, dass wir uns als Produktions- und Entwicklungsstandort hier in Wien behaupten konnten“, bestätigt Karl Kaiser, Geschäfts­führer von Schneider Electric pDrives. „Durch die Abkündigung des Mietvertrags der bisher genutzten zweiten Produktionshalle stand natürlich auch eine Verlagerung der Produktion in andere Länder zur Debatte. Schlussendlich konnten wir uns aber nicht nur in der Standortfrage konzernintern behaupten, sondern sogar in eine vergrößerte Produktion investieren, die uns – in Kombination mit einer neuen, verbesserten logistischen An­bindung – effizienter macht und unseren Absatz zukünftig steigern wird. Dies wird die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts, auch im internationalen Vergleich, weiterhin langfristig sicherstellen.“
Karl Sagmeister, Geschäftsführer von Schneider Electric Austria, hebt das Thema der Digitali­sierung hervor, welches ein wesentlicher Aspekt dieser Investitionen von Schneider Electric am österreichischen Markt sei: „Die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam voran – egal ob in der Industrie, in Gebäuden oder in anderen Bereichen. Sie bietet für unsere Kunden große Chancen, wie zum Beispiel durch Industrie 4.0 oder das industrielle Internet der Dinge (iIoT). Damit unsere Kunden diese Entwicklung für sich nutzen können, ermöglichen wir eine Vernetzung auf allen Ebenen: bei unseren Produkten, unseren Steuerungslösungen sowie bei Analyse und Services. Dies alles wird durch unsere offene, IoT-fähige Systemarchitektur namens EcoStruxure ermöglicht. Wir begleiten unsere Kunden dabei auf dem Weg von Big Data hin zu Smart Data. Die jüngsten beiden Investitionen von Schneider Electric in Österreich gehen genau in diese Richtung: intelligente Produkte aus Floridsdorf, die Vernetzung ermöglichen, und die Software von NXT Control – für eine anpassungsfähige, verteilte und datendurchgängige Steuerungstechnik.“

Europa in Datennot
Laut einer Studie von Qlik fühlen sich Mitarbeiter europäischer Unternehmen nur zu einem geringen Teil datenkompetent. Nur 17 Prozent der befragten Arbeitnehmer fühlen sich demnach in der Lage, tatsächlich in ihren verfügbaren Daten zu lesen, mit ihnen zu arbeiten, sie zu analysieren und datenbasiert zu argumentieren. Der Datenspezialist regt daher an, Unternehmen, Teams und Einzelpersonen so aufzustellen und auszustatten, dass umfassender und sinnvoller Datenzugriff für alle möglich wird, die mit Daten arbeiten möchten. Organisationen und ihre Mitarbeiter sollten laut Qlik möglichst vollständig für die Bedeutung von Daten sensibilisiert und wo immer möglich zum datengetriebenen Erfolg befähigt werden.
Die Umfrage unter mehr als 5.000 europäischen Arbeitnehmern hat zudem einen engen Zusammenhang zwischen dem Grad der Datenkompetenz und der Arbeitsleistung ergeben, wie die Studienautoren betonen. Über drei Viertel (76 Prozent) der Menschen, die sich als datenkompetent empfinden, würden sich auch als sehr leistungsstark bei der Arbeit wahrnehmen. Durch die Breite aller Arbeitnehmer sei es nicht einmal die Hälfte (49 Prozent).
Darüber hinaus bestätigten Menschen, die in ihrer aktuellen beruflichen Position Daten ­nutzen, dass die Daten ihnen nicht nur dabei helfen würden, ihre Arbeit besser zu erledigen, sondern auch, dass mehr Datenkompetenz die Glaubwürdigkeit im Job erhöhe (70 Prozent).
Da Datenkompetenz im Job von Vorteil ist, arbeiten viele Mitarbeiter gern mit Daten: Der Großteil (65 Prozent) zeigte sich bereit, mehr Zeit und Energie in die Verbesserung der eigenen Datenkompetenz zu investieren – wenn es die Chance dazu gibt. Doch viele Befragte fühlten sich durch ihre Arbeitgeber gehemmt. Nur ein knappes Viertel (23 Prozent) berichtete aus der eigenen Arbeitsumgebung von einer sehr guten Kultur bezüglich professioneller Datennutzung – und der entsprechenden Befähigung dazu. 43 Prozent fühlten sich dagegen nicht adäquat geschult und ausgestattet.
„Datenkompetenz ist inzwischen ebenso bedeutend wie Lesen und Schreiben. Daten verleihen Argumenten Gewicht und helfen dabei, bessere Entscheidungen zu treffen. Das wird immer wichtiger, denn im Alltag haben wir es mit einer stets wachsenden Datenfülle zu tun – und es wird immer notwendiger, kompetent damit umzugehen. In Zeiten von Fake-News und Daten­manipulationen ist es entscheidend, Informationen profund und sauber zu verarbeiten, um Transparenz und Klarheit herzustellen“, betont Robert Schmitz, General Manager Central & Eastern Europe bei Qlik.
Wie die Studie zeige, seien europäische Unternehmen noch weit weg von gleich guten Datenbedingungen für alle. Zwar sage die Mehrheit (85 Prozent) der ausführenden Mitarbeiter, dass mehr Daten und besseres Datenverständnis beim Erledigen der täglichen Aufgaben helfen würden. Doch gerade sie seien am wenigsten dazu in der Lage.
Lediglich 49 Prozent seien der Ansicht, wirklich adäquaten Zugriff auf relevante und hilfreiche Datensätze zu haben, um im Job noch bessere Leistungen zu realisieren.
Unter Führungskräften dagegen bestätigten 79 Prozent, Zugang zu allen relevanten Daten zu haben. Ausgerechnet unter den Top-Level-Mitarbeitern zeigte sich jedoch ein signifikantes Defizit an echter Kompetenz, die Daten optimal zu nutzen (24 Prozent). (TM)

www.rategain.com
www.aichelin.com
www.mindtree.com
www.schneider-electric.at
www.qlik.com